Corona und Klimawandel – lernen wir genug aus der Doppelkrise?

Gastautor Portrait

Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
31. Juli 2020

Es werden deutlich mehr Fahrräder verkauft. Ein handlungsfähiger Staat hat im öffentlichen Bewusstsein an Bedeutung gewonnen. Die Luftverschmutzung geht zurück. Mehr als Mund-Nasen-Schutz und Kontaktbeschränkungen: Corona hat unser Leben und Denken in diesem Jahr auf vielen Ebenen verändert. In den Beiträgen unseres Schwerpunktes ging es immer um die Frage, ob wir aus der Doppelkrise von Corona und Klimawandel lernen.  Genug, um beide Krisen zu meistern?

Kann die Normalität von gestern auch die Normalität von morgen sein?

Corona besiegen und dann möglichst schnell zurück in die verlorene Normalität?

Der Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz des Landes Baden-Württemberg sieht in der Corona-Krise die Chance, unser Handeln grundsätzlich zu hinterfragen. Corona besiegen und dann möglichst schnell zurück in die verlorene Normalität? Das ist für Franz Untersteller keine Option. Er fordert, die Milliarden der Konjunkturprogramme konsequent in die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft zu investieren.

Das sieht der Strommarktexperte der EnBW, Jörg Jasper, ähnlich. Er begrüßt, dass „25% der Ausgaben aus dem europäischen Konjunkturpaket in Klima- und Energieprojekte fließen, die den europäischen „Green Deal“ befördern.“ Allerdings vermisst er, sowohl auf der Ebene der EU als auch in den einzelnen Staaten, ein Konzept, in dem die Maßnahmen zusammengeführt und entwickelt werden. Unter der Koordination von Jörg Jasper hatte die EnBW AG eine Studie in Auftrag gegeben, die Empfehlung für ein solches – europäisch abgestimmtes – Konzept entwickelt hat.

Wir brauchen, das meint auch Prof. Dr. Marion A. Weissenberger-Eibl vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI,  einen „Neustart in Richtung Nachhaltigkeit“. Aufhören müsse das Denken, nur in kurzfristigen Konjunkturzyklen zu denken.

Konjunkturprogramme allein reichen nicht

So werde die Corona Krise zur verpassten Gelegenheit, dem Klimawandel wirksam zu begegnen. Haben wir unsere letzte Chance vertan?

Wenn wir dekarbonisieren wollen, brauchen wir mehr Erneuerbare Energien. Und wenn wir mehr Erneuerbare Energien in einem (stabilen!) Stromnetz haben wollen, brauchen wir ein Strommarktdesign, das diese Herausforderungen – von der Backup-Kapazität bis zur zwingenden Steigerung der Energieeffizienz – adressiert. Der Beitrag von Wolfram Axthelm vom Bundesverband Windenergie nimmt in der Krise seit langem bekannte und immer noch unbearbeitete Herausforderungen in den Focus.

Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer der Bundesverbandes Solarwirtschaft, lenkt ebenfalls den Blick auf die Stromlücke, die uns droht. Die Abschaffung des Deckels bei 52 GW PV Leistung allein reiche nicht aus.

Dalila Nouame von Fridays for Future hadert generell mit den verabschiedeten Maßnahmen. Milliarden Euro Subventionen für die Commerzbank und die Lufthansa sowie eine Mehrwertsteuersenkung, die völlig auf eine ökologischen Lenkungswirkung verzichtet. So werde die Corona Krise zur verpassten Gelegenheit, dem Klimawandel wirksam zu begegnen. Haben wir unsere letzte Chance vertan?

Auch wenn es einige richtige Ansätze der Politik gebe, um den Klimawandel zu stoppen geschehe bei weitem nicht genug. Zu diesem Urteil kommt die wissenschaftliche Geschäftsführerin am Institut für Weltwirtschaft in Kiel, Prof. Sonja Peterson. Der Ausbau der Bepreisung von CO2 müsse voran gehen. Ansonsten seien die Klimaziele nicht einzuhalten.

Überhaupt: Hat nicht die Corona-Krise erst offen gelegt, dass wir uns im „Normalzustand“ eine Reihe von Fehlentscheidungen und Versäumnissen erlaubt haben?  Der Investitionsstau in den Kommunen und Ländern beispielsweise bei der Digitalisierung, in den Schulen und Krankenhäusern und im Verkehr wurde unter Corona-Bedingungen besonders deutlich. Wir brauchen, meint Stefan Körzell, Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstandes des DGB, eine sozial-ökologische Transformation.

Das deutsche Konjunkturpaket haben wir als Infografik aufgearbeitet. Wer wissen will, welches Geld wohin fließt und was genau gefördert wird, findet hier die Zahlen übersichtlich aufbereitet.

Die Doppelkrise Corona und Klimawandel als Schwerpunkt

Wichtig ist uns allerdings auch einen Blick über den deutschen und europäischen Tellerrand dorthin zu richten, wo die Krisen unvergleichbar härtere Folgen haben als bei uns. Marita Wiggerthale von Oxfam Deutschland erläutert in ihrem Gastbeitrag, wie die Corona Krise und die zu ihrer Abwehr beschlossenen Maßnahmen, lokale Märkte zerstören und eine Ernährungskrise auslösen.

Um den Klimawandel zu bremsen, können alle Handlungsebenen der Politik einen Beitrag leisten. Sehr ambitioniert geht dabei der Landkreis Tuttlingen vor. Landrat Stefan Bär sieht – auch Dank zahlreicher Landesprogramme – die Chance, Klimaschutz und wirtschaftliche Stabilität in der Post-Corona-Phase zu erreichen.

Insgesamt haben wir 23 Beiträge zur Doppelkrise veröffentlicht.  Corona und Klimawandel war auch das Thema unseres 2. digitalen Debattenabends. Wir bedanken uns bei allen Autorinnen und Autoren, den Diskutanten in den sozialen Medien und Ihnen, unseren Leserinnen und Lesern.

Wir machen Sommerpause

Wir gehen in den Urlaub und werden im August keine Beiträge veröffentlichen. Pünktlich zum 1. September melden wir uns wieder mit einem neuen Schwerpunkt: „Landwirtschaft – Verursacher, Opfer oder Klimaschützer?“

In der Hoffnung, dass wir Sie dann wieder an dieser Stelle begrüßen können, bedanken wir uns für Ihr Interesse. Bleiben Sie gesund. Bleiben Sie achtsam. Corona wird uns noch eine ganze Zeit begleiten. Solange müssen wir vorsichtig sein.

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