Aus der Corona-Pandemie die Lehren für den Klimawandel ziehen

Gastautor Portrait

Franz Untersteller MdL

Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in Baden-Württemberg

Franz Untersteller, MdL, hat viele Jahre als parlamentarischer Berater und seit 2006 als Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg den energie- und umweltpolitischen Kurs von Bündnis 90/Die Grünen in Baden-Württemberg mitgeprägt. Bereits ab dem Jahr 1981 arbeitete Franz Untersteller in Freiburg am Öko-Institut e.V., von 2003 bis 2011 war er Mitglied des Vorstands. Untersteller ist seit 2011 Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in Baden-Württemberg.

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08. Juli 2020

Die Corona-Pandemie und der Klimawandel sind Herausforderungen, die nichts miteinander zu tun haben. Und doch können wir von der einen Krise für die andere Krise lernen. Deshalb ist es sinnvoll zu überlegen, welche Lehren wir aus der dramatischen Entwicklung der vergangenen Monate für den Umgang mit dem Klimawandel ziehen können.

  1. Wir erleben in dieser Krise eine Renaissance der Wissenschaft. Wir hören auf den Rat der Experten. Und das sollten wir auch beim Klimawandel tun.
  2. Wir erleben bei Corona: Ohne konsequente Maßnahmen zur Eindämmung des Virus verbreitet er sich exponentiell. Die Verbreitung ist dann nicht mehr zu beherrschen. Das gilt auch für den Klimawandel. Ab einem gewissen Punkt können wir ihn nicht mehr beherrschen. Bei Corona handeln wir, um eine Eskalation zu verhindern. Und so müssen wir es auch beim Klimawandel machen.
  3. Wir erleben, wie eng Wirtschaftsentwicklung und CO2-Emissionen immer noch zusammenhängen. Bricht die Wirtschaft ein, sinken die Emissionen, boomt sie, gehen sie rauf. Das muss sich ändern und Wirtschaftswachstum von den Emissionen entkoppelt werden.

Was ist das Normale, zu dem wir zurückkehren wollen?

Minister Franz Untersteller

Wir müssen die eine Krise zum Anlass nehmen, die andere Krise einzudämmen, nämlich den Klimawandel. Dafür bietet uns die Corona-Pandemie die Möglichkeit, denn wir sollten uns fragen: Was ist das Normale zu dem wir zurückkehren wollen?

Wir sollten die Corona-Krise nutzen, um unsere wirtschaftlichen Strukturen so zu ändern, dass wir die Basis für Sicherheit und Wohlstand in den nächsten Jahren und Jahrzehnten legen. Und das geht nur, wenn wir den Schutz des Klimas mit wirtschaftlichem Wachstum und wirtschaftlicher Entwicklung vereinbaren. Wenn wir weiterhin auf Kosten von Klima und Umwelt wachsen, gefährden wir unseren künftigen Wohlstand. Denn der Klimawandel verursacht immense Schäden, auch bei uns, etwa in der Landwirtschaft, im Wald, oder durch extreme Wetterereignisse. Der fortschreitende Klimawandel wird zu einer weiteren Ressourcenverknappung führen. Das wiederum macht Rohstoffe teurer. Die globale Erderwärmung wird wiederum aber auch zu einem wachsenden Bedarf an klimafreundlichen Technologien führen, das ist der Markt der Zukunft. Auch deshalb investieren besonders die innovativen baden-württembergischen Unternehmen bereits viel in Umwelttechnik. Klimaschutz rechnet sich ökonomisch wie ökologisch. Daran ändert auch Corona nichts. Und gegen den Klimawandel nutzt weder ein Impfstoff, noch ein Lockdown.

Und gegen den Klimawandel nutzt weder ein Impfstoff noch ein Lockdown.

Minister Franz Untersteller

Wir sollten bei den staatlichen Investitionen in nächster Zeit insbesondere den Fokus auf die Dekarbonisierung der Wirtschaft legen. Öl ist der Schmierstoff der alten industriellen Welt. Im 21. Jahrhundert sollte es unter Anderem Grüner Wasserstoff sein. Wir sollten die Ressourceneffizienz steigern. Denn Rohstoffe im Kreis zu führen, spart Kosten und schont die Umwelt. Denn die Corona-Pandemie zeigt auch, wie anfällig unsere globalen Lieferstrukturen sind. Wir müssen eine Ressourcenresilienz entwickeln, das heißt auch bei Störungen unser globalen Lieferketten eine ausreichende Versorgung mit Rohstoffen sicherstellen. Das geht am besten, indem wir eine echte Kreislaufwirtschaft entwickeln und ressourceneffiziente Produktionstechniken weiter fördern.

Es ist absehbar, dass weder Bund noch Land in den nächsten Jahren noch mal so viel Geld in die Hand nehmen können, wie bei den Konjunkturpaketen, die derzeit gepackt werden bzw. schon gepackt worden sind. Deshalb sollten wir die Corona-Pandemie nutzen, um wirtschaftlich und ökologisch stärker aus der Krise hervorzugehen.

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Hinweis der Redaktion zum Debatten-Abend: "Post Corona – Post Klimaschutz?!"

Unser Gastautor, Minister Franz Untersteller, nimmt als Referent und Diskutant an unserem zweiten digitalen Debattenabend teil. Sie können sich in den Livestream einschalten und haben die Möglichkeit, sich via Chatfenster oder auf Twitter unter dem Hashtag #Debattenabend zu beteiligen.

Das Thema unseres zweiten digitalen Debatten-Abends:

Post Corona – Post Klimaschutz?!

Die Veranstaltung findet statt am Mittwoch, den 21. Juli 2020 und beginnt um 19 Uhr.

Weitere Informationen zu dieser Veranstaltung finden Sie hier. 

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