Was die Corona-Krise für die Transformation bedeutet
Wir befinden uns – mal wieder – im Krisenmodus. Finanzkrise, Klimakrise, Corona-Krise – man gewinnt den Eindruck, dass der Krisenmodus zum Normalzustand wird. Besonders die aktuelle Corona-Krise hat dabei die Welt auf den Kopf gestellt. Mit dem Lock-Down wurden Leben gerettet. Gleichzeitig kam dadurch das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben faktisch zum Erliegen. Plötzlich finden wir uns in der Situation, dass der Staat die Wirtschaft massiv stützen muss, um Beschäftigung und Arbeitsplätze zu erhalten.
Corona als Ursprung der wirtschaftlichen Probleme?
Ganz egal ob Soloselbstständige, Beschäftigte in Handwerk, Mittelstand oder Großunternehmen: Corona hat fast alle Branchen vor große wirtschaftliche Probleme gestellt und noch ist nicht absehbar, wie lange diese Durststrecke anhalten wird. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Corona-Krise an vielen Stellen keine neuen Herausforderungen geschaffen, sondern vor allem Entwicklungen beschleunigt und Fehlentscheidungen der Vergangenheit offengelegt hat. Der Investitionsstau in den Kommunen und Ländern infolge einer blinden Sparpolitik zeigt das mehr als deutlich. Die längerfristigen Herausforderungen treffen jetzt auf die akuten Krisenauswirkungen und beides zusammen entwickelt eine erhebliche und noch nicht in allen Teilen absehbare Dynamik.
Corona-Krise und Transformation: Klimaziele vs. wirtschaftliche Erholung?
Die Weichen werden in Richtung ökologischer Nachhaltigkeit gestellt.
Fast in Vergessenheit geraten ist jetzt, dass noch Wochen zuvor die Klimapolitik die Schlagzeilen dominierte. Die notwendige Transformation des deutschen Wirtschaftssystems gewinnt an Brisanz, wo Unternehmen durch Corona in Schieflage geraten.
Umso wichtiger ist es, dass die kurzfristig in Milliardenhöhe mobilisierten Investitionen in die Wirtschaft gleichzeitig einer klimafreundlicheren und zukunftsfähigen Wirtschaft dienen müssen. Wir brauchen beides: Wir müssen unsere Wirtschaft retten und fit machen für die Zukunft. Wer das nicht beherzigt, hilft der Wirtschaft zwar kurzfristig, lässt sie langfristig jedoch im Stich.
Das hat auch die die Bundesregierung erkannt und im Konjunkturprogramm einige klimapolitische Schwerpunkte gesetzt. Immerhin gehen 40 der 130 Milliarden Euro in Klimainvestitionen. Diesen Weg geht auch die EU mit ihrer Debatte zum Recovery Plan und dem Europäischen Green Deal. Die Weichen werden in Richtung ökologischer Nachhaltigkeit gestellt. Dabei darf aber die soziale Nachhaltigkeit nicht auf der Strecke bleiben.
Nachhaltiger Aufschwung für Mensch und Klima
Transformation beginnt und endet mit dem Menschen. Wir müssen deshalb dafür sorgen, Arbeitsplatzsicherung und Gute Arbeit stärker auch bei Rettungs- und Konjunkturmaßnahmen berücksichtigt werden. Es fühlt sich falsch an, dass Beschäftigte mit ihren Steuern das Rettungspaket bezahlen, wenig später jedoch ihr Arbeitsplatz wegrationalisiert wird. Wir brauchen Sicherheit für Wirtschaft und Beschäftigte.
Dafür steht der Begriff der sozial-ökologischen Transformation, der angesichts der Pandemie umso wichtiger geworden ist. Den Weg des tiefgreifenden Strukturwandels werden wir nur gemeinsam mit engagierten und gut qualifizierten Beschäftigten gehen können, nicht gegen sie. Ihr Fachwissen und ihre Kompetenzen sind außerdem ein riesiges Potential für den Wandel, das unbedingt gehoben werden muss. Die Corona-Krise schafft dafür ein Momentum, das wir nicht ungenutzt verstreichen lassen dürfen.
Was brauchen wir für den sozial-ökologischen Wandel?
Gerade bei jungen Unternehmen müssen Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft tief verankert werden
Wir brauchen einen aktiven Staat, der Investitionen tätigt und mit vorausschauendem Blick in die Zukunft lenkt. Dabei ist die Frage der Finanzierung der Transformation ein entscheidender Gradmesser für das Gelingen. Dass alleine aus dem Markt heraus Innovationen und Investitionen angeschoben werden, glauben heutzutage nicht einmal mehr die wirtschaftsliberalen Ökonomen. Wir brauchen deshalb mutige politische Instrumente, die ein Zeichen setzen. Dazu zählen die Tarifbindung bei der öffentlichen Vergabe, Quoten für den Absatz klimaneutraler Produkte – z.B. grüner Stahl und Zement – und der Aufbau eines Wasserstoffmarkts. Für das politische Wegducken beim Ausbau von Stromleitungen und erneuerbaren Energien bleibt uns keine Zeit mehr.
Außerdem brauchen wir mehr Mitbestimmung in den Unternehmen: Diejenigen, die die Arbeit täglich machen, wissen am besten, welche Prozesse umgestellt werden können oder wo sich Einsparpotenziale für Energie verstecken. Mitbestimmung ist damit ein Garant für Innovation. Und Innovation ist in Zeiten der wirtschaftlichen Neuorientierung besonders wichtig. Gerade bei jungen Unternehmen müssen Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft tief verankert werden: Diese Unternehmen etablieren sich mit zukunftsfähigen neuen Produkten und bestimmen die Wertschöpfung von morgen. Da müssen wir sicherstellen, dass der wirtschaftliche Erfolg nicht zu Lasten der Beschäftigten geht. Die vergangenen Entwicklungen in der Photovoltaik- und Windindustrie sollten uns und allen voran der Bundesregierung eine Lehre sein.
Wir müssen jetzt handeln
Deutschland kann und muss sich nicht neu erfinden. Doch wir müssen in den Dingen, in denen wir gut sind, neue Wege gehen. So erhalten wir unseren Wohlstand. Corona hat uns mit Blick auf den bevorstehenden Strukturwandel vor allem Zeit genommen. Umso entschiedener müssen wir handeln, denn der Zeitpunkt zum Handeln ist jetzt.
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