Die Hilfsmaßnahmen der Coronakrise – eine verpasste Gelegenheit?

Gastautor Portrait

Dalila Nouame

Fridays for Future

Dalila Nouame ist 16 Jahre alt und besucht die 11. Klasse eines Gymnasiums in Hamburg Barmbek. Seit einem Jahr ist sie zudem in ihrer Freizeit bei Fridays for Future aktiv. Für die Bewegung hat sie an mehreren Großdemonstrationen mitgewirkt und ist zudem die jüngste Pressesprecherin der Hamburger Ortsgruppe. Der Fokus ihrer Arbeit liegt dabei vor allem auf Klimagerechtigkeit und den Auswirkungen der Klimakatastrophe auf den globalen Süden. Außerdem engagiert sie sich bei UNICEF, der Jugendfeuerwehr und dem Projekt Schüler-Schule-Mitbestimmung.

weiterlesen
22. Juli 2020

Dicht an einander gedrängt ohne einen Zentimeter Abstand stehen ungefähr 60 000 Menschen in Hamburg auf der Straße und demonstrieren für Klimaschutz. Im Februar zwar nicht jeden Tag zu sehen dennoch akzeptabel, heute völlig undenkbar.

Die Corona-Krise hat so einiges verändert. Physical Distancing sorgt dafür, dass Tausende ihren Protest von der Straße ins Internet verlagern. Klimaschutz, ein Thema, das es nach jahrelanger Vernachlässigung endlich in den Mainstream geschafft hatte, scheint nun nur noch in den Köpfen der Aktivistis und Forschenden zu existieren.

Dabei geht trotz Shutdown der Treibhauseffekt weiter und wir steuern auf eine weitere globale Krise zu. Die Corona-Krise hat für einen Einbruch in den Treibhausgasemissionen gesorgt, der uns ermöglicht, die schon abgeschriebenen Klimaziele doch noch zu erreichen. Umso wichtiger ist es deshalb, dass wir jetzt nach dem Ende des Shutdowns nicht so weitermachen wie zuvor. So unschön es auch klingen mag: Die Corona-Krise bietet uns eine Chance, doch die Politik scheint sie nicht ergreifen zu wollen.

Schulden für nichts und wieder nichts

Wieso ist das Paket dann nicht sozial und ökologisch aufgebaut?

Dalila Nouame

Die Bundesregierung feiert sich für ein Hilfspaket, das die Wirtschaft nach der Krise vor dem Untergang bewahren soll. Dafür werden Schulden in Milliardenhöhe eingegangen. Schulden, die die zukünftigen Generationen abbezahlen müssen. Sollten diese Schulden dann nicht auch für die Zukunft gemacht worden sein? Also keine veraltete Wirtschaft erhalten, sondern eine nachhaltige und Zukunftsfähige aufbauen? Wieso ist das Paket dann nicht sozial und ökologisch aufgebaut?

Da wäre zu einem Mal die Mehrwertsteuersenkung, die nach dem Gießkannenprinzip funktioniert. Leute sollen zum Kaufen motiviert werden und so Unternehmen vor dem Untergang bewahren. Durch die fehlende Spezifizierung werden aber auch Firmen unterstützt, die nicht nachhaltig sind.

Eine schon seit langem geforderte CO2 Bepreisung würde hier nachhelfen und so das Kaufverhalten in die richtige Richtung lenken.

Ein weiteres Beispiel für Gelder, die nicht nachhaltig eingesetzt werden, sind die insgesamt 9 Milliarden Euro, die der Lufthansa aus der Krise heraushelfen sollen. Die einzige nachhaltige Bedingung: das Austauschen der Flotte – kein Abbau von Kurzstreckenflügen. „Der Staat solle sich da raushalten“, heißt es. Aber wie staatliche Zurückhaltung sieht das Ganze nicht aus.

Es ist nicht alles schlecht, aber der Schein trügt.

Nicht alle Entscheidungen der Politik in Bezug auf die Corona-Krisen Hilfsmaßnahmen stoßen uns sauer auf. Es gehen zum Beispiel auch 2,5 Milliarden Euro an den öffentlichen Nahverkehr. Die Steuer wird gesenkt, Ausbildungsplätze gesichert und die Finanzierung für 2020 garantiert. Das klingt doch erstmal ganz gut. Allerdings liegt es an den Ländern, die Mittel um denselben Betrag aufzustocken. Und es ist nur für dieses Jahr gesorgt. 2021 stehen die Verkehrsbetriebe wieder alleine da.

Eine weitere Maßnahme, die nur auf dem ersten Blick vielversprechend wirkt, ist die Erhöhung der Kaufprämie für E-Autos. Ein kleiner Sieg, aber längst nicht genug. Zwei Milliarden Euro sollen für umweltfreundliche E-Autos ausgegeben werden aber auch für umweltunfreundliche Hybride. Ein unnötig offenstehendes Schlupfloch. Eine echte Verkehrswende sieht anders aus.

 

Letzte Chance vertan?

Maßnahmen, die unsere Zukunft sichern sollen, führen zurück in die Vergangenheit.

Dalila Nouame

Während der Debatten haben einige Politiker davon gesprochen, dass man sich erst um Nachhaltigkeit kümmern müsse, wenn die alte Wirtschaft wiederhergestellt sei und diese Mentalität spiegeln die Hilfsmaßnahmen wieder. Maßnahmen, die unsere Zukunft sichern sollen, führen zurück in die Vergangenheit.

Dabei ist in den Klimarechenmodellen 2020 als das Jahr angegeben, in dem massive Umbrüche passieren müssen, damit das 1,5 Grad Ziel erreicht werden kann. Veränderungen für eine zukunftsfähige Wirtschaft müssen also jetzt geschehen.

Diese Gelegenheit wurde von Deutschland vertan. Aber es gibt keinen Grund, die Hoffnung aufzugeben. Denn auf europäischer Ebene ist noch einiges zu holen.

Und so führen wir unseren Protest weiter. Im Internet oder auf der Straße mit Abstand damit die nächste Gelegenheit verstreicht.

Diskutieren Sie mit

Ich akzeptiere die Kommentarrichtlinien sowie die Datenschutzbestimmungen* *Pflichtfelder

Artikel bewerten und teilen

Die Hilfsmaßnahmen der Coronakrise – eine verpasste Gelegenheit?
5
1