Ein schlüssiges Konzept fehlt immer noch: die Wärmewende

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Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
27. Januar 2020

Unser Schwerpunkt zur Wärmewende geht dem Ende zu. 15 Autorinnen und Autoren haben sich daran beteiligt. Zusätzlich zur Diskussion im Netz haben wir einen Debatten-Abendorganisiert. Die Beiträge aus Politik, Verbänden und der Wissenschaft stimmten in einem Punkt alle überein: So richtig zufrieden ist niemand mit dem Stand, der bis jetzt erreicht wurde.

Zum Ende des Jahres hatte die Große Koalition das Klimaschutzgesetz, das Gebäudeenergiegesetz und die Bundesförderung effizienter Gebäude verabschiedet. Ziel aller Maßnahmen ist es, bis zum Jahr 2030 eine Senkung der CO2-Emissionen im Gebäudesektor um 40 Prozent zu erreichen.

Unklare Linie der Bundesregierung fördert nur eines: eine Haltung des Abwartens

Nur mit einem beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien könne hinreichend »grüne Wärme« bereit gestellt werden

Den Vorschlägen, so der Bundesverband Wärmepumpe, fehle es an der erforderlichen Stringenz. Weil vieles im Unklaren bliebe, würde eine Haltung des Abwartens befördert. So könne der Investitionsstau nicht aufgelöst werden. Zudem führte der BWP ein Argument in die Debatte ein, das auch die anderen Gastautorinnen und -autoren bewegt: Nur mit einem beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien könne hinreichend „grüne Wärme“ bereit gestellt werden. Alle Studien weisen aus, dass klimaneutrales Heizen den millionenfachen Einsatz von Wärmepumpen braucht.

Auch Deutschlands größter Vermieter, die Vonovia, fordert ein schlüssiges Konzeptbei der Wärmewende ein. Die Zahl der Regularien und Verordnungen nehme ständig zu. Und damit wachse die Unsicherheit bei der Planung. Auch fehle es an Akzeptanz. So sei nicht verwunderlich, dass die energetische Sanierung der Gebäude weit hinter dem erklärten Ziel zurück bleibe.

Schlüssiges Konzept zur Wärmewende braucht mehr Energieeffizienz und forcierten Ausbau der Erneuerbaren

So, wie es bis jetzt laufe, fahre die Bundesregierung den Klimaschutz an die Wand. Barbara Metz von der Deutschen Umwelthilfe fand in ihrem Beitragund auf dem Debatten-Abend deutliche Worte der Kritik. Ihre Forderungen:

  • Im Gebäudebestand müsse die energetische Sanierungsrate von derzeit einem Prozent auf deutlich über zwei Prozent erhöht werden.
  • Neubauten sollten aufgrund langer Investitionszyklen bereits heute so errichtet werden, dass sie mit dem Klimaziel 2050 kompatibel sind.
  • Die energetische Sanierung sei sozial zu gestalten. Aufgabe wäre, die Kosten des Klimaschutzes gerecht auf Mieter*Innen, Vermieter*Innen und öffentliche Hand zu verteilen.
  • Den Ausbau der Erneuerbaren forcieren.

Nach wie vor sei die energetische Sanierung bestehender Gebäude der Schlüssel für das Gelingen der Wärmewende. Alexandra Langenfeld und Matthias Deutsch von der Agora Energiewende erinnern die Bundesregierung an den eigenen Anspruch „die deutsche Wirtschaft weltweit zur energieeffizientesten Volkswirtschaft zu formen“. Zwischen dem großen Ziel und dem vorgelegten Maßnahmenkatalog würde sich eine große Kluft auftun.

Hoffnungsvolle Ansätze, aber kein Konzept für das große Ganze

Es mangelt bei der Umsetzung der Wärmewende nicht an guten Ideen.

Es mangelt bei der Umsetzung der Wärmewende nicht an guten Ideen. Beispielhaft konnten wir das an drei Projekten zeigen. Die Stadtwerke München wollen Elektrizität und Wärme digital vernetzen. Deshalb testen sie in 500 Münchner Haushalten mit Speicherheizungen, Kälteanlagen oder Wärmepumpen, wie sich der Bedarf an Heizenergie dabei mit der Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien synchronisieren lässt.

Rechner müssen gekühlt, Wohnungen und Büros beheizt werden. Warum nicht das Eine mit dem Anderen verbinden? Das fragten sich auch die Gründer von Cloud & Heat aus Dresden. Schon heute lohnt sich die Nutzung der Abwärme der Rechenzentren. Ob sie direkt mit der Raumwärme oder mit einem lokalen Wärmenetz gekoppelt werden, ist vor Ort zu untersuchen.

Auch aus Sicht der Plattform der Erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg fehlt es der Wärmewende an einem Konzept. Ihr Vorsitzender, Jörg Dürr-Pucher, fordert u.a. ein, sich die Wärmenetze der Kommunen einmal genauer anzuschauen. Nur wenn es gelinge, Erneuerbare in die städtischen Netze einzuspeisen, käme die Wärmewende voran.

Das sieht auch Tilo Kurtz vom Umweltministerium in Baden-Württemberg so. Im Ländle hat man – vielleicht bundesweit Beispiel gebend – die Instrumente im Ordnungsrecht und bei der Förderung der Wärmewende schon seit längerer Zeit geschärft und entwickelt sie stetig weiter. Doch weder beim Klimaschutz- noch beim Gebäudeenergiegesetz hat der Bund auf die Anregungen reagiert.

Fazit unseres Schwerpunktes: Auch nach den Neuerungen der Großen Koalition zum Ende des letzten Jahres trifft der Titel unseres Debatten-Abends (leider) noch ins Schwarze. „Das Stiefkind der Energiewende: Die Wärmewende.“

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