Selten waren die Möglichkeiten zur Umgestaltung der deutschen Energie- und Klimapolitik größer als im Herbst / Winter 2019: Klimaschutzgesetz, Gebäudeenergiegesetz und Bundesförderung effizienter Gebäude werden parallel er- und überarbeitet und sollen nach Möglichkeit noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Dabei wird allerdings vieles mit heißer Nadel gestrickt – nun dürfen keine Fehler passieren. An diesen Schrauben muss aus Sicht der Wärmepumpenbranche gedreht werden, um die Klimaschutzziele zu erreichen und um die Energiewende auch im Wärmebereich erfolgreich umzusetzen:
Strompreis und CO2-Steuer: Klimaschutzprogramm mit viel Luft nach oben
Oftmals sind die vorgelegten Instrumente jedoch zu zaghaft.
Die Bundesregierung hat sich dazu verpflichtet bis zum Jahr 2030 eine Senkung der CO2-Emissionen im Gebäudesektor um 40 Prozent zu erreichen. Dafür müssen, wann immer möglich, Öl- und Gasheizungen durch erneuerbare Heizsysteme ersetzt werden. Im Neubau sind Wärmepumpen schon jetzt das am häufigsten gewählte Heizsystem. Um diese Erfolgsgeschichte auch für den Gebäudebestand zu wiederholen, braucht es nicht nur einen CO2-Preis, sondern auch eine sofortige Entlastung des Strompreises. Der von der Bundesregierung vorgelegte Eckpunkteplan für das Klimaschutzprogramm 2030 hat das Potential notwendige Impulse für den Wärmesektor zu setzen. Oftmals sind die vorgelegten Instrumente jedoch zu zaghaft.
Die vorgeschlagene Lösung eines nationalen Emissionshandelssystems (nEHS) für die Sektoren Wärme und Verkehr wird in der Umsetzung Zeit in Anspruch nehmen. Es soll zunächst steigende Festpreise von zunächst 10 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2021 bis 35 Euro je Tonne im Jahr 2025 geben. Danach wird die Gesamtmenge der Zertifikate für den CO2-Ausstoß begrenzt und der Preis bildet sich am Markt. Die erzielten Einnahmen sollen über eine Senkung der Stromkosten in Form einer Reduzierung der EEG-Umlage ab 2021 zunächst um 0,25 Cent pro kWh an die Bürger rückerstattet werden. Mit solch niedriger Entlastung bei den Strompreisen und Belastung fossiler Energieträger kann sich jedoch keine Lenkungswirkung im Sinne des Klimaschutzes und zugunsten der Wärmepumpe entfalten.
Der Einstieg in die CO2-Bepreisung ist zwar ein entscheidender Fortschritt, doch wäre ein steilerer Aufwuchspfad für den CO2-Preis im Zusammenspiel mit einer massiven Entlastung des Strompreises wichtig, um zeitnah faire Marktbedingungen für die Wärmepumpe zu erreichen.
Austauschprämie und neue Struktur der Förderprogramme: Lock-In Effekte und Attentismus vermeiden
Im Klimaschutzprogramm werden auch Fördersätze von 40 Prozent für den Ersatz alter Ölkessel angekündigt. Diese „Austauschprämie“ könnte beim aktuellen Energiepreisgefüge zunächst zu einem Lock-In-Effekt führen, das heißt zu einem vermehrten Verbau fossil befeuerter Heizungen in den kommenden Jahren – zumindest solange die Betriebskosten für Wärmepumpen durch die längst überfällige Anpassung der Energiepreise nicht spürbar sinken. Anderseits wird der Austausch einer fossilen Heizung gegen ein klimaschonenderes Systems schon heute durch den APEE-Bonus mit 20 Prozent des gesamten Förderbetrages zusätzlich unterstützt.
Damit könnte der dringend benötigte Einsatz erneuerbarer Heizungssysteme verzögert werden. Attentismus erleben Industrie und Handwerk auch im Kontext der Überarbeitung der Förderprogramme für die Heizungsbau und -modernisierung, da sich die Kunden zu einem späteren Zeitpunkt eine höhere Förderung erhoffen. Eine finanzielle Entlastung des Ersatzes veralteter Heizungen durch Erneuerbare Energien leistet bereits heute das Anreizprogramm Energieeffizienz (APEE).
Auch ist bislang gar nicht klar, ob sich das Warten überhaupt lohnt. Ob für die eingesetzte Wärmepumpe ein besserer Fördersatz resultiert, ist stark von der Ausgestaltung des Programms abhängig. Derzeit geht das Konzept nicht über einige Grundstrukturen hinaus. Eine zügige Umsetzung mit einer Übergangslösung im Rahmen des aktuellen Marktanreizprogramms (MAP) wird jedoch angestrebt. Entscheidend ist vor allem, dass der Sanierungsstau aufgehoben wird.
Kabinettsbeschluss zum Gebäudeenergiegesetz wirft Wärmewende zurück
Um die Klimaziele der Bundesrepublik für 2030 zu erreichen, müssen die ordnungsrechtlichen Instrumente weiterentwickelt werden.
Verzögernd dürfte auch der Kabinettsbeschluss zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) vom 23. Oktober wirken. Dem Beschluss fehlen sowohl ein Bekenntnis zu einem klimaneutralen Gebäudebestand im Jahr 2050 als auch verbindliche Zwischenziele für 2030 und 2040. Klare Ziele sind wegweisend für wirksame Fortschritte in der Klimapolitik. Das Gebäudeenergiegesetz trägt jedoch wenig zur Stärkung Erneuerbarer Energien im Gebäudesektor bei. Der Vorschlag der Bundesregierung symbolisiert ein weiter so, kein mutiges Vorangehen. Um die Klimaziele der Bundesrepublik für 2030 zu erreichen müssen die ordnungsrechtlichen Instrumente weiterentwickelt werden. Eine Verschärfung der Anforderungen an den maximalen Primärenergiebedarf ist laut Koalitionsvertrag ausgeschlossen und spielte auch bei den Klimaverhandlungen der GroKo allenfalls eine untergeordnete Rolle.
So kommt vieles auf die technische Ausgestaltung einzelner Vorschriften an und wie sich daraufhin das Wettbewerbsverhältnis der Technologien verändert könnte. Von Bedeutung könnte hier beispielsweise die neue Möglichkeit sein, bei der Erfüllung der erneuerbaren Nutzungspflichten (bisheriges EEWärmeG) auch eine Dachflächen-PV pauschal geltend zu machen. Nicht zuletzt wird auch das im Klimapaket angekündigte Ölheizungsverbot ab 2026 im GEG verankert werden. Hier ist darauf zu achten, dass bei der Abwägung, ob das Verbot wirtschaftlich zumutbar ist, auch der Einsatz erneuerbarer Heizsysteme in gerechter Weise geprüft wird.
Klimaneutrale Heiztechnologien brauchen grünen Strom
Ein zügiges Vorangehen und ambitionierte Beschlüsse der Bundesregierung bilden die Grundlage dafür, dass die Wärmepumpe ihr volles Potential in der Dekarbonisierung des Gebäudesektors entfalten kann. Denn nur in einem Marktumfeld, in dem Verbraucher und Unternehmen Energie und CO2 vermeiden, weil es sich für sie lohnt, kann die Wärmeversorgung im Sinne des Klimaschutzes erreicht werden. Der weitere Ausbau erneuerbare Stromerzeugung ist der nächste Schritt zu einer klimaneutralen Wärmepumpe. Nur, wenn der Strom, mit dem die Anlage betrieben wird grün ist, kann auch die Wärmepumpe CO2-frei arbeiten. Nur mit der richtigen Gesetzgebung, gemeinsam mit anderen Erneuerbaren Energien und den Verbrauchern, die sich dank attraktiver Anreize für eine Wärmepumpe entscheiden, kann die Technologie einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Viele Experten betrachten die Wärmepumpe als die wichtigste Heiztechnologie für eine klimaschonende Wärmeversorgung. Daher muss der Zubau von Wärmepumpen in Deutschland deutlich beschleunigt werden.
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