COP27 „für Einsteiger“ – Die UN-Klimakonferenz in Sharm el-Sheikh 2022

Sara Grambs

Young European Leadership, YEL

Aus Sharm El-Sheikh berichtet Energie-Reporterin Sara Grambs von der NGO Young European Leadership, einer gemeinnützigen und überparteilichen Non-Profit Organisation, auf unserem Blog von Ihren Eindrücken, Hoffnungen und Wünschen für die Konferenz. Sara Grambs absolviert derzeit den Master Studiengang International Development Studies an der Universiteit van Amsterdam (UVA) und hält einen B.Sc. in Politikwissenschaft der Technischen Universität in München (TUM).

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09. November 2022
rafapress/Shutterstock.com

Seit Sonntag, den 6. November 2022, blickt die Welt gespannt nach Sharm El-Sheikh, zur 27. UN-Klimakonferenz. Die „Conference of the Parties“ ringt um eine internationale Einigung über den Umgang mit dem Klimawandel. Neben Zehntausenden von Verhandlungsführenden, Regierungsvertretenden, Unternehmen und Bürger*innen werden auch führende Politiker*innen nach Ägypten kommen, um zwölf Tage lang zu verhandeln. Aus Sharm El-Sheikh berichtet Energie-Reporterin Sara Grambs von der NGO Young European Leadership, einer gemeinnützigen und überparteilichen Non-Profit Organisation, auf unserem Blog von Ihren Eindrücken, Hoffnungen und Wünschen für die Konferenz.

Vom 6. bis 18. November werden in der ägyptischen Küstenstadt Sharm el-Scheikh 20.000 Delegierte aus 190 Ländern im Rahmen der COP27, der 27. Conference of Parties (Konferenz der Vertragsstaaten) des United Nations Framework Convention on Climate Change, zusammenkommen. Unter dem Slogan „Together for just and ambitious implementation now!“ (Gemeinsam für eine gerechte und ambitionierte Umsetzung jetzt!) werden Staats- und Regierungsvertretungen, Diplomat*innen und Verhandler*innen, Wissenschaftler*innen, Journalist*innen und diverse Aktivist*innen zusammenkommen, um gemeinsame Lösungen für die Bekämpfung des Klimawandels und der damit verbundenen Krisen zu finden.

Die Dringlichkeit, einen Konsens über wirksame Maßnahmen und rechtliche Mechanismen zu erzielen und diese am Ende der Konferenz in einem verbindlichen Vertrag zu verankern, war noch nie so groß.

Daher ist die COP27 von großer Bedeutung, um dem Aufruf des IPCC zu folgen und gemeinsam aktive Entscheidungen für eine nachhaltige Zukunft und gegen die weitere Zerstörung der Lebensbedingungen auf unserem Planeten zu treffen.

Sara Grambs

In vielen Regionen kam es zu extremen Hitzeperioden, verheerenden Dürren und Waldbränden sowie zu schweren Überschwemmungen (1). Bei Überschwemmungen in Pakistan kamen Tausende von Menschen ums Leben, und fast 8 Millionen wurden obdachlos (2). Auch Nigeria erlebte vor wenigen Wochen die verheerendsten und tödlichsten Überschwemmungen seit Jahrzehnten (3). Eine schwere Dürre am Horn von Afrika führte dazu, dass fast 8 Millionen Menschen in Somalia von einer Hungersnot bedroht sind (4). Dies sind nur einige Beispiele für Klimakatastrophen, die sich in letzter Zeit ereignet haben. Die aktuellen Verluste und Schäden sind so groß, dass eine Präsentation der Probleme in wenigen Zeilen gar nicht möglich ist. Das Jahr 2022 ist ein trauriger Rekord, aber eine Besserung in der Zukunft ist noch nicht in Sicht. Im Gegenteil, der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) berichtete in seinem jüngsten Report, dass jetzt die letzte Chance sei, noch schlimmere Krisen zu verhindern (5). Die Auswirkungen der Krisen wirken sich bereits auf alle sozialen und gesellschaftlichen Dimensionen aus, hinterlassen drastische Schäden an der Umwelt und der biologischen Vielfalt und bedrohen den Status quo des menschlichen Zusammenlebens.

Daher ist die COP27 von großer Bedeutung, um dem Aufruf des IPCC zu folgen und gemeinsam aktive Entscheidungen für eine nachhaltige Zukunft und gegen die weitere Zerstörung der Lebensbedingungen auf unserem Planeten zu treffen.

Was erwarten verschiedene Akteure vom COP27?

Es gibt keinen langfristigen Wohlstand ohne Maßnahmen gegen den Klimawandel. Es gibt keine Energiesicherheit ohne Investitionen in erneuerbare Energien […]

Rishi Sunak, Premierminister des Vereinigten Königreichs

Dem Climate Action Tracker zufolge steuert die Welt derzeit auf eine Erwärmung von etwa 2,7 °C im Vergleich zu den vorindustriellen Temperaturen zu (6). Das international ratifizierte Pariser Abkommen von 2015 (COP21) enthält jedoch das Ziel, die globale Erwärmung deutlich unter 2 °C, vorzugsweise unter 1,5 °C, zu halten, um das Überleben der Menschheit auf der Erde nicht zu gefährden. Obwohl letztes Jahr auf der COP26 in Glasgow vereinbart wurde, dass die Dekarbonisierungspläne aller Länder bis zur diesjährigen COP27 überprüft, verstärkt und beschleunigt werden sollen, haben nur 24 der 193 Ländern tatsächlich strengere Pläne vorgelegt (7). Kritiker warnen daher, dass die Klimakonferenz Gefahr läuft, zu einer oberflächlichen Verhandlung zu werden, die letztlich keine Veränderungen bewirkt

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, betont daher: „Die Hälfte der Menschheit befindet sich in der Gefahrenzone von Überschwemmungen, Dürren, extremen Stürmen und Waldbränden. Keine Nation ist davor gefeit. Und doch nähren wir weiterhin unsere Sucht nach fossilen Brennstoffen. […] Wir haben die Wahl – kollektives Handeln oder kollektiver Selbstmord. Es liegt in unserer Hand“ (8). Die schwachen Ergebnisse der COP26 in Glasgow wurden von Guterres kritisiert. Auf der COP27 warnt der Generalsekretär, dass der Planet dringende Notsignale aussendet, und bezeichnet die aktuellen Prognosen und langsamen Fortschritte als „Chronik des Klimachaos“ (9). In Anbetracht dieser Erkenntnisse muss die COP27 dringende und glaubwürdige Klimamaßnahmen sicherstellen (9). Die Forderung nach sofortigen, gerechten und wirksamen Klimaschutzmaßnahmen wird auch von Regierungen und Bewohnern*innen von Inselstaaten, Klimagerechtigkeitsaktivist*innen, indigenen Völkern, MAPAs (Most Affected Peoples and Areas) und Wissenschaftler*innen geteilt. Insbesondere Länder mit niedrigem Einkommen (low-income countries) berufen sich auf die Verantwortung des globalen Nordens, der den Großteil der historischen Treibhausgase verursacht hat, eine führende Rolle bei den Verhandlungen zu übernehmen und sich zu ehrgeizigen Zielen zu verpflichten.

Die hohe Priorität, so schnell wie möglich effektive Lösungen zu finden, wird jedoch von allen beteiligten Akteuren unterschiedlich interpretiert. So entschied beispielsweise Rishi Sunak, der neue Premierminister des Vereinigten Königreichs, erst wenige Tage vor Beginn der COP27, dass er überhaupt an der Konferenz teilzunehmen. Ursprünglich wollte er in UK bleiben, um sich auf den Aufbau der dortigen Wirtschaft zu konzentrieren. In einem überraschenden Tweet verkündigte er dann jedoch: „Es gibt keinen langfristigen Wohlstand ohne Maßnahmen gegen den Klimawandel. Es gibt keine Energiesicherheit ohne Investitionen in erneuerbare Energien […]“ und dass er nun doch nach Sharm el-Sheikh reisen möchte (10).

Welche Themen werden auf dem COP27 verhandelt?

Die Verhandlungen in diesem Jahr werden sich auf die drei Grundpfeiler der Klimapolitik konzentrieren:

  • Mitigation: Verringerung der Emissionen, um die globale Erwärmung im Einklang mit dem 1,5°C-Ziel einzudämmen.
  • Adaptation: Anpassung an die Auswirkungen der Klimakrise, die bereits eingetreten sind oder technischer Prävention an jene, die erwartet werden.
  • Loss-and-damage: (Finanzielle) Entschädigung für unvermeidbare Verluste und Schäden, die durch kurz- und langfristige Klimakatastrophen verursacht werden.

In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt auf Collaboration und Implementation, das heißt auf der gemeinsamen verbindlichen Umsetzung konkreter Pläne und Mechanismen zum Schutz des Klimas und der von Klimakatastrophen am stärksten betroffenen und der am meisten gefährdeten Menschen („most vulnerable people“).

Zusätzlich zu den diplomatischen Verhandlungen werden zahlreiche weitere Veranstaltungen stattfinden.Thematische Pavillons auf dem Konferenzgelände werden den Besucher*innen der COP27 aus allen Bereichen, sei es aus der Wissenschaft, der Diplomatie oder dem Aktivismus, einen Raum bieten, in dem sie sich treffen, diskutieren und vernetzen können. Um den Austausch zu fördern und Gesprächsthemen anzuregen sind elf Thementage geplant. Diese Thementage befassen sich sowohl mit mit sozialen Fragen (z.B. Youth-and-Future-Generations-Day, Gender-Day), als auch mit technischen, wissenschaftlichen und politischen Themen (z.B. Science-Day, Decarbonization-Day, Energy-Day und Solutions-Day) (11). Neben dem offiziellen Verhandlungsbereich, der sogenannten „Blue Zone“, zu jener nur ausgewählten Delegationen zugelassen sind, gibt es eine weniger exklusive „Green Zone“. In dieser Zone wird eine Plattform geschaffen, auf der die Zivilgesellschaft durch verschiedene Panels, Ausstellungen, Veranstaltungen und Workshops an der COP27 teilnehmen kann (11). Durch diese Zone kann sich die Zivilbevölkerung an verschiedenen Panels, Ausstellungen, Events und Workshops am COP27 beteiligen (11).

Quellen

  1. Omarjee (2022): Naturkatastrophen im Sommer 2022. Online verfügbar unter https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/O-9-2022-000032_DE.html.
  2. Bundeszentrale für poltische Bildung (2022): Flutkatastrophe in Pakistan. Online verfügbar unter https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/514557/flutkatastrophe-in-pakistan/.
  3. United Nations (2022): Millions at risk in flood-hit Nigeria; relief chief highlights hunger in Burkina Faso. Online verfügbar unter https://news.un.org/en/story/2022/10/1129787.
  4. Tagesschau (2022): UN warnen vor Katastrophe in Somalia. Online verfügbar unter https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/somalia-hungersnot-un-101.html.
  5. Harvey (2022): IPCC report: ‘now or never’ if world is to stave off climate disaster. Online verfügbar unter https://www.theguardian.com/environment/2022/apr/04/ipcc-report-now-or-never-if-world-stave-off-climate-disaster.
  6. Climate Action Tracker (2022): Temperatures: Addressing global warming. Online verfügbar unter: https://climateactiontracker.org/publications/state-of-climate-action-2022/.
  7. UN News (2022): COP27: What you need to know about this year’s big UN Climate Conference. Online verfügbar unter https://news.un.org/en/story/2022/10/1129947.
  8. Harvey (2022): How UN secretary general became an outspoken voice for climate action. Online verfügbar unter https://www.theguardian.com/environment/2022/nov/04/un-secretary-general-antonio-guterres-cop27-climate-action.
  9. Stallard (2022): COP27: ‚Climate chaos‘ warning as UN summit begins. Online verfügbar unter https://www.bbc.com/news/science-environment-63517078.
  10. Mason, Horton (2022): Rishi Sunak U-turns on decision not to attend Cop27 climate summit. Online verfügbar unter: https://www.theguardian.com/environment/2022/nov/02/rishi-sunak-u-turns-decision-not-to-attend-cop27-climate-summit.
  11. COP27 (2022): The Sharm El-Sheikh Climate Implementation Summit. Online verfügbar unter https://cop27.eg/#/.

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