Was ist die COP26 und warum ist sie wichtig?

Gastautor Portrait

Kuat Abeshev und Laurin Reim

Technical University of Munich, TUM

Kuat Abeshev ist Umweltaktivist aus Kasachstan, Masterstudent an der TUM in den Studiengängen MSc Environmental Engineering und MSc Politics and Technology. Laurin Reim ist Naturschützer aus Bayern, Masterstudent an der TUM in den Studiengängen MSc Sustainable Resource Management und MSc Ingenieurökologie.

weiterlesen
02. November 2021

Seit Sonntag, den 31. Oktober 2021, blickt die Welt gespannt nach Glasgow, zur 26. UN-Klimakonferenz. Die „Conference of the Parties“ ringt um eine internationale Einigung über den Umgang mit dem Klimawandel. Neben Zehntausenden von Verhandlungsführenden, Regierungsvertretenden, Unternehmen und Bürger*innen werden auch führende Politiker*innen nach Schottland kommen, um zwölf Tage lang zu verhandeln. Aus Glasgow berichten Studierende der TU München auf unserem Blog von Ihren Eindrücken, Hoffnungen und Wünschen für die Konferenz.

Was ist die COP26 und warum ist sie wichtig?

Nach zwei Jahren des Wartens und einer Verzögerung aufgrund der COVID-19-Pandemie begann vorgestern die COP26 in Glasgow, Schottland. Vom 31. Oktober bis zum 12. November werden StaatsoberhäupterInnen, PolitikerInnen, WirtschaftsführerInnen, AktivistInnen und JournalistInnen – insgesamt etwa 25 000 Teilnehmer:innen – zu einem persönlichen Treffen erwartet. Neben anderen offiziellen BeobachterInnen nimmt auch die Delegation der Technischen Universität München an der COP26 teil. Dieser Klimagipfel gilt als der Wichtigste seit der Unterzeichnung des Pariser Abkommens im Jahr 2015. Er wird darüber entscheiden, ob die Weltgemeinschaft das 1,5-Grad-Ziel einhalten kann, und wird die Solidarität zwischen reichen und ärmeren Ländern angesichts des Klimawandels auf die Probe stellen.

Was also bedeutet COP?

„COP“ bezieht sich auf die Konferenz der Vertragsparteien (engl. Conference of Parties) – das Treffen der 197 Staaten, die das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen unterzeichnet haben, auch bekannt als UN-Klimakonvention. Die Delegierten aller nationalen Regierungen kommen zusammen, um globale Ziele zur Verhinderung eines bedrohlichen, menschengemachten Klimawandels zu fördern. Seit den ersten COP-Gesprächen in Berlin im Jahre 1995 ist mittlerweile jedes Jahr ein anderes Land Gastgeber der Konferenz.

Die diesjährige Tagung ist die 26. COP oder COP26. Das Vereinigte Königreich und Italien sind gemeinsame Gastgeber. Die britische Präsidentschaft hat eine größere Rolle bei der Ausrichtung der Hauptkonferenz, während Italien für eine Reihe von Veranstaltungen im Vorfeld der COP verantwortlich ist. In den kommenden Tagen wird man oft den Namen Alok Sharma hören, der zum Präsidenten der COP26 ernannt wurde. Er ist ein Politiker der regierenden konservativen Partei des Vereinigten Königreichs, der als Wirtschafts- und Energieminister tätig war und seinen Fokus für ein Jahr lang ausschließlich auf die COP26 gelegt hat.

Bei den Verhandlungen geht es in erster Linie darum, dass sich die Länder auf rechtliche Mechanismen einigen, um Klimaschutzmaßnahmen ergreifen und sich gegenseitig zur Rechenschaft ziehen zu können. Neben den nationalen Regierungen sind an der COP auch DiplomatInnen, WirtschaftsführerInnen, die Zivilgesellschaft, AktivistInnen und JournalistInnen involviert, die sich besonders an der Diskussion, was Klimaschutz in der Praxis bedeutet beteiligen. Im Laufe der Jahre haben diese nichtstaatlichen Akteure eine wertvolle Rolle im gesamten Prozess eingenommen.

Wie werden die Anstrengungen bei der COP26 gemessen?

Hauptziel des COP26-Vorsitzes ist es, die Ambitionen der Länder in Bezug auf das in Paris festgelegte Temperaturziel zu steigern. Dort haben sich 197 Länder darauf geeinigt, die CO2-Emissionen zu reduzieren, um einen Temperaturanstieg von deutlich unter 2 °C zu verhindern, und sich um 1,5 °C zu bemühen. Um zur Erreichung des Gesamtziels beizutragen, hat sich jedes Land verpflichtet, einen eigenen Dekarbonisierungsplan mit spezifischen Zielen für 2025 oder 2030 vorzulegen. Diese Pläne werden als nationale Beiträge oder NDCs (Nationally Determined Contributions) bezeichnet. Laut Climate Action Tracker sind diese von unten nach oben festgelegten NDCs jedoch höchst unzureichend, so dass die Welt auf eine Erwärmung von 2,7°C zusteuert – weit über dem erklärten Ziel von 1,5°C. Der Emissionslückenbericht der UN-Klimakommission besagt, dass die globalen Emissionen in den nächsten acht Jahren halbiert werden müssen, um eine Erwärmung über 1,5°C hinaus zu verhindern.

Was muss jetzt geschehen?

Im Rahmen des Pariser Abkommens haben sich alle Länder verpflichtet, ihre NDCs freiwillig zu aktualisieren und ihre Ziele alle fünf Jahre zu erhöhen. Die Frage ist, ob dieser “Ratschenmechanismus“ funktioniert. Der erste Test ist die COP26.

Die EU, das Vereinigte Königreich, die USA und Kanada sowie andere wohlhabende Volkswirtschaften haben wenige Monate vor den Gesprächen formell stärkere NDCs vorgelegt. Einige der größten Emittenten der Welt, wie Brasilien und Russland, haben jedoch von höheren Zielen Abstand genommen. Brasilien gelang es sogar, seine NDCs abzuschwächen. Gespannt richten sich alle Augen auf China und Indien, von denen in Glasgow noch Stellungnahmen zu erwarten sind.

Was steht sonst noch auf dem COP26-“Menü“ der OrganisatorInnen?

Die britische Präsidentschaft hat ihre vier wichtigsten Tagesordnungspunkte für die COP26 bekannt gegeben. Premierminister Boris Johnsons fasste sie als „Kohle, Geld, Autos und Bäume“ zusammen.

Erstens möchte das Vereinigte Königreich ein Datum für den globalen Ausstieg aus der Kohle festlegen. Zweitens geht es darum, eine ausreichende Klimafinanzierung sicherzustellen. Dieses Ziel ist bisher nicht erreicht worden. Die 2009 von den Industrieländern zugesagten Mittel in Höhe von 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr werden laut der letzten Woche veröffentlichten Analyse Deutschlands und Kanadas um 20 Mrd. US-Dollar unterschritten. Die Nichteinhaltung der versprochenen Klimafonds kann das Vertrauen zwischen den reichen und armen Ländern der Welt während der Verhandlungen untergraben. In Bezug auf Autos möchte das Vereinigte Königreich eine Vereinbarung über die Einstellung des Verkaufs von Benzinfahrzeugen bis 2040 erreichen. Und schließlich hofft die britische Präsidentschaft, die Abholzung der Wälder weltweit zu stoppen, indem es Finanzmittel mobilisiert.

Aber fehlt da nicht etwas?

Die oben genannten Ziele decken jedoch nicht die Prioritäten der ärmsten Länder der Welt ab, die vielleicht weniger Auto fahren, nur wenige Kohlekraftwerke haben oder für ihr Wachstum noch auf Kohle angewiesen sind. Diese Entwicklungsländer bekommen die Auswirkungen des Klimawandels bereits zu spüren und erwarten weitere Maßnahmen zu seiner Bewältigung. Die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels ist im Pariser Abkommen als globales Ziel verankert, jedoch ist dieses Konzept in der Praxis noch vage definiert.

Angesichts der kombinierten Auswirkungen der Klimakrise und der COVID-19-Pandemie haben die am “wenigsten entwickelten“ Länder ein Solidaritätspaket gefordert, dass konkrete Maßnahmen zu einigen dieser übersehenen Themen verlangt, darunter Klimaanpassung, Klimafinanzierung, Verluste und Schäden. Einige Gruppen schlagen die Verabschiedung eines Glasgow PACTs vor.

Worauf müssen sich die VerhandlungsführerInnen einigen?

Zu den weiteren offenen Fragen gehört die Erzielung eines Konsens über das so genannte Paris Rulebook. Die VerhandlungsführerInnen müssen sich vor allem auf globale Kohlenstoffmärkte gemäß Artikel 6, die Klimafinanzierung nach 2025 sowie gemeinsame Zeitrahmen und Transparenzregeln für die Berichterstattung über Emissionsreduktionen einigen.

Was ist mit der COVID-19-Pandemie?

Die anhaltende Bedrohung durch COVID-19-Infektionen stellt eine zusätzliche Herausforderung für die Organisatoren der COP26 dar. Es gab Forderungen, die COP26 noch weiter zu verschieben, weil Entwicklungsländer und einige Nichtregierungsorganisationen aufgrund finanzieller und logistischer Hindernisse ungleich vertreten waren. Nichtsdestotrotz findet die Konferenz in Präsenz statt, da die Dringlichkeit der Klimakrise keinen weiteren Aufschub zulässt. Wir als BeobachterInnen erhoffen uns von der COP26 große Fortschritte. Und wir erwarten, dass die britische Präsidentschaft die Sicherheit der Teilnehmer:innen in einer Weise gewährleisten kann, in dem die Stimmen der Schwächsten gehört und das zukünftige Klima auf konkrete Weise geschützt werden kann.

Über die Autoren

Kuat Abeshev

Masterstudent, Technische Universität München

Umweltaktivist aus Kasachstan, Masterstudent an der TUM in den Studiengängen MSc Environmental Engineering und MSc Politics and Technology.

Laurin Reim

Masterstudent, Technische Universität München

Naturschützer aus Bayern, Masterstudent an der TUM in den Studiengängen MSc Sustainable Resource Management und MSc Ingenieurökologie.

Diskutieren Sie mit

Ich akzeptiere die Kommentarrichtlinien sowie die Datenschutzbestimmungen* *Pflichtfelder

Artikel bewerten und teilen

Was ist die COP26 und warum ist sie wichtig?
0
0