Circular Economy Roadmap für Deutschland: Stand des Ressourcenverbrauchs in Deutschland

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Circular Economy Initiative Deutschland

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Das Konzept der Circular Economy zielt darauf ab, menschliches Wohlbefinden und wirtschaftliche Aktivitäten von Umweltschäden zu entkoppeln. Will Deutschland dieses Ziel erreichen, muss sich die Art, wie wir als Gesellschaft produzieren und konsumieren grundlegend verändern: Weg von der „Wegwerfgesellschaft“ bzw. „Wegwerfwirtschaft“. Das Ziel: Ein regeneratives System, in dem wir weniger Ressourcen verbrauchen, weniger Abfall produzieren und den Ausstoß von Treibhausgas-Emissionen verringern. In den letzten Jahren hat dieses Konzept einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft international an Bedeutung gewonnen. Die Europäische Union und zahlreiche Mitgliedsländer haben strategische Pläne für einen Übergang zu einer ressourcenschonenden Wirtschaftsweise nach den Prinzipien der Circular Economy entwickelt. Auch außerhalb Europas folgen Länder dieser Leitidee, beispielsweise China, Japan oder Kanada. In Deutschland gibt es derzeit noch keine übergeordnete Strategie, wie eine ressourcenschonende Wirtschaftsweise erreicht werden kann. Die Circular Economy Initiative Deutschland bindet Wirtschaft, Wissenschaft und gesellschaftliche Akteure ein, um ein gemeinsames Zielbild für Deutschland zu entwickeln, konkrete Anwendungsfälle zu untersuchen und deren Umsetzung zu unterstützen sowie Rahmenbedingungen zu identifizieren. Dies findet in unterschiedlichen Gremien statt. Der Lenkungskreis bildet die Leitungs- und Strategieebene der Initiative. Der Arbeitskreis besteht aus Vertretern der im Lenkungskreis vertretenen Unternehmen, wissenschaftlichen Institutionen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, sowie der Geschäftsstelle der Circular Economy Initiative und des Kooperationspartners SYSTEMIQ. Die Hauptaufgabe des Arbeitskreises ist die Erarbeitung einer Circular Economy Roadmap. Innerhalb der Arbeitsgruppen findet der Austausch zu speziellen Themen wie Verpackung oder Batterien statt. Dabei werden Chancen und Herausforderungen hinsichtlich der Umsetzung der Circular Economy erarbeitet. Die Förderung für das Projekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung bereitgestellt. Die Initiative wird unter der Federführung von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und in Kooperation mit SYSTEMIQ durchgeführt. Den Vorsitz hat der acatech Vizepräsident Thomas Weber inne.

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07. September 2021

Hinweis: Der Text basiert auf einer Zusammenfassung der Ergebnisse des Kapitel 2 der Circular Economy Roadmap für Deutschland (2021) und wurde von den Autoren für diesen Blogbeitrag angepasst. Die komplette Liste an Autoren sowie die vollständigen Inhalte sind der Circular Economy Roadmap beschrieben https://www.circular-economy-initiative.de/publikationen.

Stand des Ressourcenverbrauchs in Deutschland

Die bisherige Konsum- und Produktionslogik stößt zunehmend an die planetaren Belastungsgrenzen. Die Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen verursacht 90 Prozent des globalen Biodiversitätsverlusts und Wasserstresses sowie 50 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen. Auch aus ökonomischer Sicht ist ein rasches Umdenken notwendig. Einerseits machen in Deutschland Rohstoffe 55 Prozent der Gesamtmenge aller Importe aus. Andererseits wissen wir auch, Ressourcenpolitik ist Klimapolitik. Hier zeigen neueste Studien, dass ein Temperaturanstieg von 3,5 Grad die Wirtschaftsleistung auf globaler Ebene im Jahr 2100 um 7 bis 14 Prozent reduzieren kann. Auswirkungen wie der Verlust von Menschenleben, Konflikte und Gewalt, sowie Schäden an der biologischen Vielfalt und an Ökosystem sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt.

Die Komplexität dieser unterschiedlichen Herausforderungen erfordert eine systemische Betrachtungsweise und ganzheitliche Lösungsansätze. Eine rechtzeitige und konsequente Umsetzung einer Circular Economy kann dazu beitragen, eine Vielzahl dieser Herausforderungen zu adressieren und unseren Wohlstand vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln.

In Deutschland steht die Transformation zu einer Circular Economy allerdings bislang noch aus.

In Deutschland steht die Transformation zu einer Circular Economy allerdings bislang noch aus. Zwar kann Deutschland insgesamt hohe Recyclingquoten vorweisen, diese beziehen sich aber lediglich auf die Inputmengen, die den Recyclinganlagen zugeführt werden. Die daraus generierten Outputmengen gewonnener Rezyklate werden vernachlässigt. Die Recyclingquoten stellen somit in Realität eher Sammelquoten dar. Mit der EU-Abfallrahmenrichtlinie wird die Umorientierung auf Output-orientierte Quoten zwar bereits vollzogen, entscheidend ist jedoch die Qualität der wiedergewonnen Sekundärrohstoffe.

Ein Blick auf die Indikatoren zur Kreislaufführung von Rohstoffen DERec (Direct Effects of Recovery) und DIERec (Direct and Indirect Effects of Recovery) verdeutlicht die Problematik. Der Einsatz von Sekundärrohstoffen spart nur 13 Prozent des Ressourcenverbrauchs ein. Berücksichtigt man globale Vorketten, beträgt die Einsparung 18 Prozent. Der Entwicklungstrend für beide Indikatoren blieb in den letzten Jahren nahezu unverändert und unterstreicht, dass die derzeit verfügbaren Rezyklate keinen umfassenden Beitrag zum Ersatz von Primärrohstoffen leisten. Betrachtet man die Circular Material Use Rate, die den Anteil recycelter Materialien in Relation zum gesamten Rohstoffverbrauch setzt, zeigt sich, dass Deutschland mit 12,2 Prozent knapp unterhalb des EU-Durschnitts liegt und deutlich hinter den führenden Ländern wie der Niederlande (28,5 Prozent). Insgesamt kann der Status der Ressourcennutzung in Deutschland somit treffender als kreislauforientierte Abfallwirtschaft bezeichnet werden.

Mit dem erstmals 2012 beschlossenen und vierjährlich fortgeschriebenen Deutschen Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess) hat die deutsche Bundesregierung sich zum Ziel gesetzt, das Wirtschaftswachstum vom Ressourceneinsatz zu entkoppeln. Dieser Fortschritt soll mit dem Indikator der Gesamtrohstoffproduktivität ermittelt werden, der bis zum Jahr 2030 jährlich um 1,5 Prozent gesteigert werden soll. Zwischen 2000 und 2016 betrug das Wachstum durchschnittlich 2,2 Prozent. Formell wurde damit das gesteckte Ziel erreicht, allerdings ist diese Zunahme fast ausschließlich auf das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts und der Importwerte zurückzuführen und nicht auf eine absolute Reduktion des Primärrohstoffeinsatzes.

Insbesondere seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise ist kein klarer Entwicklungstrend mehr zu erkennen.

Dies zeigt sich auch in der Entwicklung des jährlichen Rohstoffkonsums pro Kopf (RMC), der in Deutschland fast immer noch doppelt so hoch ist wie der globale Durchschnitt von 12,2 Tonnen. Insbesondere seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise ist kein klarer Entwicklungstrend mehr zu erkennen. An dieser Stelle gilt es nochmals hervorzuheben, dass unser Rohstoffkonsum in direktem Zusammenhang mit der Emission von Treibhausgasen steht, da alle Prozesseschritte zur Verarbeitung und Lieferung von Rohstoffen Emissionen verursachen. Allerdings fehlt bislang sowohl in Deutschland als auch auf EU-Ebene ein quantitatives Ziel zur Reduktion des Rohstoffkonsums.

Eine ganzheitlich gedachte Transformation zu einer Circular Economy ist somit ein zentraler Baustein, um den Ressourcenverbrauch und die damit verbunden Treibhausgasemissionen drastisch zu verringern. Denn eine reine Fokussierung auf Effizienzmaßnahmen kann dazu führen, dass Ressourceneinsparungen zu Rebound-Effekten führen und einen höheren Ressourcenkonsum an anderer Stelle verursachen können. Allerdings bleiben diese Rebound-Effekte auch in der Circular Economy eine Herausforderung und unterstreichen die Notwendigkeit, externe Umweltkosten ausreichend zu berücksichtigen. Somit bedarf es neben der gezielten Förderung von zirkulären Produkten und Geschäftsmodellen zudem einer klugen Mischung aus ökonomischen Anreizen und ordnungsrechtlichen Instrumenten, um die Wertschöpfungspotenziale einer Circular Economy zu erschließen und zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung beizutragen.

Autor*innen des Beitrags

Dr. Susanne Kadner

Leiterin Geschäftsstelle Circular Economy Initiative Deutschland

Dr. Susanne Kadner initiierte die Circular Economy Initiative Deutschland (CEID) bei der acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften. Sie ist Leiterin der Geschäftsstelle der öffentlich und industriell geförderten Initiative, welche zusammen mit Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft das Ziel verfolgt, den Übergang zu einer ressourceneffizienten und digital unterstützen Kreislaufwirtschaft aufzuzeigen. Zuvor war sie 10 Jahre am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung tätig, u.a. als wissenschaftliche Leiterin für die Geschäftsstelle des UN-Klimarates. Nach ihrem Studium der Ozeanographie promovierte Susanne Kadner in analytischer Chemie und mariner Mikrobiologie an der University of East Anglia.

Dominik Obeth

Mitglied Geschäftsstelle Circular Economy Initiative Deutschland

Dominik Obeth studierte European Studies an der Universität Passau und derzeit Politics and Technology an der Technischen Universität München mit den Schwerpunkten Internationale Politische Ökonomie, Green Economy und digitale Transformation. Seit September 2019 arbeitet Dominik für die Circular Economy Initiative Deutschland (CEID) bei der acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften.

Prof. Dr.-Ing. Thomas Weber

acatech Vizepräsident & Vorsitzender der Circular Economy Initiative Deutschland

Prof. Dr. Thomas Weber studierte nach einer technischen Ausbildung in der damaligen Daimler-Benz AG Maschinenbau an der Universität Stuttgart. Anschließend war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Stuttgart und dem Fraunhofer-Institut tätig. 1987 promovierte er an der Universität Stuttgart und trat im selben Jahr in die damalige Daimler-Benz AG ein. 2010 wurde er durch die Universität Stuttgart zum Honorarprofessor bestellt.

Vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2016 war Prof. Dr. Thomas Weber Vorstandsmitglied der Daimler AG und in dieser Funktion seit 1. Mai 2004 verantwortlich für die Konzernforschung & Mercedes-Benz Cars Entwicklung.
Seit Februar 2017 ist Prof. Dr. Thomas Weber Mitglied des Präsidiums von acatech – der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften. Seit 2019 leitet Herr Weber als Vorsitzender die Circular Economy Initiative Deutschland und ist seit Juli 2017 als acatech-Vizepräsident für das Themengebiet „Mobilität der Zukunft“ und „Circular Economy“ verantwortlich.

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