Nur vegan und Selbstgestricktes?

Gastautor Portrait

Angelika Paar

Beraterin ifeu-Institut

Angelika Paar, Dipl.-Ing. (FH) studierte Gebäudetechnik und ist seit rund zehn Jahren am ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH Beraterin für das Bundesumweltministerium, das Umweltbundesamt und das Bundeswirtschaftsministerium. Ihre Themengebiete sind kommunaler Klimaschutz, energiepolitische Instrumente und Strategien zur Förderung von Klimaschutzmaßnahmen, erneuerbare Energien und Energieeffizienz in der Versorgungstechnik sowie die individuelle Treibhausgasbilanzierung.

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13. Juni 2018
Nur vegan und Selbstgestricktes? Quelle pixabay

Auf tierische Produkte verzichten und den Konsum von energieintensiven Produkten oder Dienstleistungen reduzieren… schon hat man das Klima gerettet! Diese beiden Empfehlungen können als die wesentlichen Einsparpotenziale benannt werden, die im Bereich Konsum und Ernährung direkt beeinflusst werden können. Aber viele wollen nicht auf Fleisch und/oder Milch verzichten. Und was ist eigentlich mit den anderen Umweltauswirkungen neben dem Klimawandel?

Mehr Einfluss als gedacht im Alltag

Unser Alltagshandeln hat großen Einfluss auf unseren ökologischen Fußabdruck und auf unsere Emissionen. Im Durchschnitt entstehen durch jede Person in Deutschland rd. 11,5 Tonnen CO2 pro Jahr. Kurzfristige und tägliche Entscheidungen beim Einkaufen von Produkten und Lebensmitteln machen etwa 50 % der CO2-Emissionen des Durchschnittsbürgers aus. Das entspricht etwa 6 Tonnen CO2 pro Jahr und pro Kopf. Und oft entstehen bei diesen vielen Entscheidungen Fragen, die die eigenen Pläne zum „Besserwerden“ durchkreuzen:

  • Besser die eingeschweißte Bio-Gurke oder nicht eingeschweißte Gurke kaufen?
  • Palmöl – gute Klimabilanz trotz Regenwaldrodung?
  • Wasser aus Plastik- oder Glasflaschen kaufen?
  • Den Kühlschrank lieber jetzt gegen ein super effizientes Teil austauschen oder den alten noch ein paar Jahre nutzen?

Und das alles ist vollkommen irrelevant, wenn ich täglich ein Auto nutze oder zweimal pro Jahr fliege?

Welches sind die "richtigen" Konsum-Produkte?

Fakt ist, dass es bei vielen Produkten kein „richtig“ gibt. Bei vielen Entscheidungen treffen mehrere Umweltschutzebenen aufeinander: Klimaschutz, Ressourcenschutz, Schutz der Biodiversität und der Böden, Flächenverbrauch, Vermeidung von Lebensmittelabfällen, also auch ethische Fragen. Manchmal sind die anderen Umwelteinwirkungen sogar relevanter oder in der Öffentlichkeit stärker verankert. Zum Beispiel das Thema Verschmutzung der Meere durch Plastik oder Luftverschmutzung in Städten.

Und Fakt ist zudem, dass diese vielen einzelnen Entscheidungen nicht zu wesentlichen Verbesserungen in der persönlichen Klima- oder Ökobilanz führen. Bei den meisten Produkten ist es gar nicht klar, was die bessere Alternative ist – es wurde bisher noch gar nicht untersucht.

Um sich also in Bereich Konsum und Ernährung nicht verrückt zu machen, muss man sich auf das Wesentliche konzentrieren, um effektiv Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Und das bedeutet nun mal: tierische Produkte reduzieren, Konsum insgesamt reduzieren, bei Bedarf energieeffiziente Geräte anschaffen, weniger fliegen, ökologische Landwirtschaft unterstützen, Geld in nachhaltige Projekte leiten oder in Ökostromprojekte oder eigene Ökostromanlagen (z.B. PV-Guerilla) investieren. Und natürlich darüber reden, politisch und sozial aktiv sein und Ergebnisse sowie Erfahrungen sichtbar machen! Klotzen (im Sinne der Emissionsreduktion) ist die Devise, nicht kleckern!

Ansonsten kaufen wir uns zusätzlich zum sonstigen Kram auch noch Einkaufsratgeber, die uns zeigen sollen, wie man umweltbewusst und gut konsumiert. Was letzten Endes kaum etwas bewirkt. Überhaupt ist es auch an der Zeit zu überlegen, was Konsumenten bewirken können und wo politische Aktion erforderlich ist. Ein Verbot von Einwegverpackung, z.B. von Coffee-to-go-Bechern führt vermutlich schneller zu einem wünschenswerten Ergebnis als die Konsument*innen zu motivieren, sie nicht mehr zu nutzen.

Wir werden die Klimaschutzziele 2020 nicht erreichen. Um die Ziele 2030 zu erreichen, brauchen wir große Veränderungen, die von der Politik umgesetzt werden müssen (Energiewende, Verkehrswende, Wärmewende etc.). Und wir brauchen effektive Maßnahmen Aller – die Konsumwende!

Übrigens: deine eigene CO­-Bilanz sowie zukünftige Entwicklungsszenarien kannst du hier berechnen:

http://klimaktiv.co2-rechner.de/de_DE/

Urban Climate Talks am 14.6.18 in Stuttgart

Angelika Paar moderiert bei den Urban Climate Talks am 14. Juni 2018 in Stuttgart das Panel „Nur vegan und Selbstgestricktes“. Mehr Informationen zur Veranstaltung, die ein Mix aus Barcamp und Workshop gibt es unter diesem Link.

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