Statt fossilem Öl: Ein globaler Markt für grüne Moleküle

Gastautor Portrait

Adrian Willig

Geschäftsführer des en2x – Wirtschaftsverbandes Fuels und Energie e.V.

Adrian Willig ist seit 1. November 2021 Hauptgeschäftsführer des en2x – Wirtschaftsverbandes Fuels und Energie e.V. Der Diplom-Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik engagiert sich für die Transformation der bisherigen Mineralölwirtschaft und begleitet ihren Wandel hin zu einer neuen, klimaschonenden Energievielfalt. Willig, geboren 1966, war seit 1994 in verschiedenen Positionen für das Institut für Wärme und Mobilität (IWO) tätig, zusammen mit dem Mineralölwirtschaftsverband eine der Vorgänger-Organisationen von en2x. Im Jahr 2003 übernahm er die Leitung des Marketings und der Marktpartnerbetreuung. Seit 2008 trug er als Stellvertretender Geschäftsführer Verantwortung. Von 2014 bis Oktober 2021 war Willig Geschäftsführer des IWO. www.en2x.de

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24. Januar 2022

Um den Klimawandel in den Griff zu bekommen, müssen wir unsere Energieversorgung und unsere Industrie in vergleichsweise kurzer Zeit fast komplett ändern. Gleichzeitig gilt es, Mobilität, Wärmeversorgung, Produktion und andere Nutzungen von Energie weiterhin verlässlich und bezahlbar zu ermöglichen.

Zu Recht stehen Maßnahmen zur schnellen Senkung der Treibhausgasemissionen ganz oben auf der energiepolitischen Agenda. Auch die heutige Mineralölwirtschaft in Deutschland strebt an, das nationale Ziel von netto null CO2-Emissionen bis 2045 zu erreichen. Mit ihren Technologien, ihrem Know-how und mit neuen Produkte ist die Branche prädestiniert, wichtige Beiträge zum Klimaschutz zu leisten. Der dafür notwendige, anspruchsvolle Transformationsprozess ist eingeleitet.

Dabei steht die Branche nicht nur für eine hohe Versorgungssicherheit in Bezug auf Energie und Rohstoffe, sondern auch für vielfältige Klimaschutz-Optionen. Ob CO2-neutraler Wasserstoff, alternative Kraft- und Brennstoffe, neue Produkte für die chemische Industrie oder Ladestationen für Strom aus erneuerbaren Energien an der Tankstelle: Die derzeitige Mineralölwirtschaft hat sich auf den Weg gemacht, ihren Kunden zahlreiche neue Angebote zu unterbreiten. Dafür wird sie ihr Leistungsspektrum nachhaltig erneuern. Wasserstoff spielt dabei eine besonders wichtige Rolle. Raffinerien gehören bereits heute zu den größten Wasserstoffproduzenten und sind ideale Standorte für die Erzeugung CO2-neutralen Wasserstoffs.

Ausbau erneuerbarer Energie entscheidende Voraussetzung

Die Unternehmen stehen in den Startlöchern.

Adrian Willig

Ein zügiger Ausbau der Wasserstoffwirtschaft ist für das Erreichen der Klimaziele notwendig. Daher begrüßen wir, dass die Bundesregierung sich das Ziel gesetzt hat, Deutschland bis 2030 als Leitmarkt für Wasserstoff zu positionieren. Hierfür soll insbesondere die Nationale Wasserstoffstrategie weiterentwickelt und die Elektrolysekapazität bis 2030 auf 10 GW erhöht werden.

Unser Verband en2x und seine Mitglieder möchten die Bundesregierung beim Aufbruch in die Wasserstoffwirtschaft unterstützen. Die Unternehmen stehen in den Startlöchern. Wichtig ist daher nun eine marktnahe und schnelle Umsetzung der vorgesehenen Maßnahmen, die klimapolitisches Handeln und das Wahrnehmen industriepolitischer Chancen verknüpft. Der konsequente Ausbau erneuerbarer Energien wie Solarstrom und Windkraft ist hierbei eine entscheidende Voraussetzung. Er setzt beschleunigte Genehmigungsverfahren sowie die Bereitstellung der notwendigen Flächen an Land und auf See voraus – Maßnahmen, die die Ampelkoalition bereits angekündigt hat.

Anwendungsbereiche nicht ausschließen

Zudem benötigen wir für die künftige Wasserstoffwirtschaft eine gute Infrastruktur. Deshalb ist der Aufbau eines Wasserstoffnetzes wichtig. Aus unserer Sicht wäre es auch sinnvoll, nicht von vornherein bestimmte Sektoren von der Wasserstoff-Nutzung auszuschließen. Die Leitfrage sollte besser lauten: Wie kann mit möglichst wenig subventionierten Maßnahmen eine möglichst große Wirkung erzielt werden? Grundlage für gesetzgeberisches Handeln sollte eine realistische Systembetrachtung der ökologischen und ökonomischen Wirkungen der unterschiedlichen Technologien im Verkehr, in der Industrie und für Gebäude sein. Diesbezüglich besteht aus unserer Sicht noch Diskussionsbedarf.

Um im Rahmen eines erfolgreichen Markthochlaufs Skalierungseffekte schnell zu erzielen und weitere Innovationen voranzubringen, ist eine Beschränkung der Anwendungsbereiche jedoch kontraproduktiv. Es hier nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als auch.

Auch Importe werden benötigt

Eine globale Win-win-Situation ist möglich.

Adrian Willig

Gleiches gilt für die Frage, wo der CO2-neutrale Wasserstoff künftig hergestellt werden soll. Um Deutschland die angestrebte Vorreiterrolle zu sichern, sind Produktion und technologische Weiterentwicklung hierzulande unerlässlich. Zugleich bestehen bei uns nicht die Bedingungen, um aus Wind und Sonne ausreichende Strommengen zu gewinnen. Darum wird Deutschland als Industrieland auch nach 2045 auf Energieimporte angewiesen bleiben. Auch hier kommt CO2-neutralem Wasserstoff und seinen Folgeprodukten, wie zum Beispiel alternativen Kraftstoffen, eine wichtige Rolle zu.

Von einem globalen Markt für grüne Moleküle könnten wir hierzulande gleich doppelt profitieren: Durch den Export innovativer Technologie und die Einfuhr klimaschonender Energie. Auch für die künftigen Handelspartner bietet solch ein Markt attraktive Perspektiven. Eine globale Win-win-Situation ist möglich.

Rahmenbedingungen müssen passen

Erneuerbar erzeugter Strom, CO2-neutraler Wasserstoff und alternative flüssige Energieträger sind keine Gegensätze, sondern Lösungen, die wir brauchen, um die ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen. Dabei bleibt nicht mehr viel Zeit. Umso wichtiger ist es, dass die Politik nun im Hinblick auf CO2-neutralen Wasserstoff und seine Folgeprodukte auch angemessene regulatorische Rahmenbedingungen für einen raschen Markthochlauf schafft. So ist zum Beispiel die RED II ein hilfreiches Instrument, das große Anreize für entsprechende Investitionen bietet.

Die deutsche Mineralölwirtschaft hat sich auf den Weg gemacht. Unsere Unternehmen setzen auf einen zügigen Start und massiven Ausbau der Produktion von CO2-neutralem Wasserstoff im Inland, gleichzeitig setzen wir uns für den Aufbau einer weltweiten Import-Infrastruktur ein. Gemeinsam mit Unterstützung der Politik, etwa bei der Initiative H2Global, mit Partnerunternehmen anderer Branchen und mit unseren immer umwelt- und klimabewussteren Kundinnen und Kunden wollen wir das ehrgeizige Ziel erreichen, das vor uns steht: das Angebot einer klimaschonenden, bezahlbaren und verlässlichen Energieversorgung.

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