Die COP 28 unter dem Motto „Unite. Act. Deliver.“ – Mehr als nur leere Worte?

Jonathan Kirschner

Master Sustainable Resource Management an der TU München

Nach dem Abschluss meines Bachelorstudiums in Volkswirtschaftslehre habe ich mich entschieden, mich verstärkt dem Thema Nachhaltigkeit in all seinen Dimensionen zu widmen. Mein derzeitiger Master in Sustainable Resource Management an der TUM ist der perfekte Ort dafür. Ich beschäftige mich sowohl mit den wissenschaftlichen Mechanismen als auch mit der sozioökonomischen und politischen Seite der planetaren Krise. Dafür Lösungen zu finden, ist die größte Aufgabe unserer Zeit, damit wir wieder im Einklang mit der Natur leben können, statt auf ihre Kosten.

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07. Dezember 2023

Unite. Act. Deliver. Das Motto der Weltklimakonferenz in Dubai verspricht viel: Zusammenbringen, handeln und abliefern – doch hält die Konferenz, was sie verspricht?

Als Teil der Delegation der Technischen Universität München habe ich die Chance bekommen, Teil der diesjährigen Klimakonferenz in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) zu sein, wo Politiker*innen sich mit dem Ziel treffen, die Klimakrise in den Griff zu bekommen. Bei der Konferenz wird an Superlativen nicht gespart. Das Konferenzgelände ist gefüllt mit Bannern voller großer Versprechungen, umgeben von imposanten Gebäuden und blinkenden Lichtern.

Unite: Vereinen.

Mehr als 70.000 Personen werden auf der 28. Conference of the Parties (COP 28) insgesamt erwartet. Die Vielfalt ist überall auf dem Gelände zu spürbar, besonders im Bereich der Konferenz, wo zahlreiche Pavillons verschiedener Länder, Institutionen und Kulturen stehen. Auf den gepflasterten Wegen der COP fallen indigene Bevölkerungsgruppen durch ihren bunten, unglaublich vielfältigen Schmuck auf, und oft hört man ein Trommeln, das zum Mittanzen einlädt. Daneben laufen Delegierte in Anzügen und Business-Klamotten, die eine ernste Wichtigkeit ausstrahlen – manche werden in Golfkarts zu ihren wichtigen Terminen gefahren. Unglaublich freundliches Personal kümmert sich (manchmal leicht überfordert) um die Koordination der Konferenz. Aktivist*innen sind auf dem Gelände und machen lautstark auf ihre Anliegen aufmerksam. Was ist das Verbindende an diesem Ort?

Viele Menschen verbindet vermutlich die Motivation, den Kampf gegen die Klimakrise voranzubringen. In zahlreichen interessanten Side-Events und Gesprächen in den Pavillons der verschiedenen Länder werden einige Gedanken zum Klimaschutz, und noch mehr Kontaktdaten und Visitenkarten ausgetauscht. Es gibt diverse Panel-Diskussionen, Vorträge und andere Veranstaltungen, die verschiedene Dimensionen rund um den Klimaschutz abdecken. Staaten, Unternehmen und NGOs wollen sich von ihrer besten Seite zeigen.

Aber was bedeutet eigentlich „Unite“? Alle an einen Tisch zu bringen? Oder sich hinter den Pariser Klimaschutzzielen zu vereinen, um die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen? Oder beides?

Alle an einen Tisch zu bringen – inklusive einer Rekordanzahl an Lobbyisten fossiler Energieträger – gelingt ganz gut, wenn auch nicht immer gleichwertig repräsentiert (Stichwort indigene Bevölkerungsgruppen).

Hinter dem 1,5 Grad-Ziel des Pariser Abkommens stehen die Länder, wenn überhaupt, nur rhetorisch. Häufig nicht einmal das. Der Präsident der COP bekennt sich weiterhin nicht zum kompletten Herunterfahren („phase-out“) von fossilen Energieträgern, auch wenn Klimawissenschaftler*innen vehement auf die Notwendigkeit dazu hinweisen. Berichten des Guardians zufolge verglich er den „phase-out“ sogar damit, die Welt zurück in die Steinzeit zu bringen, wörtlich „to take the world back into caves“. In politischer Hinsicht ist mehr Verbundenheit nötig und eine ernsthafte Einigkeit und Versammlung hinter den Klimazielen, auf die man sich in Paris verständigt hat.

Das Zusammenbringen von Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen auf der COP wurde schon eher erreicht – in der bunten Welt der Pavillons und der Vielfalt der betrachteten Themen. Jetzt darf man gespannt sein, was daraus wachsen wird – sowohl für jeden persönlich als auch politisch.

Act: Handeln.

Das englische „to act“ kann auch als „schauspielern“ übersetzt werden – wäre das vielleicht passender?

Jonathan Kirschner

Hier kommen wir in einen anderen Bereich des Geländes, der sehr viel schlichter gestaltet ist als die bunten Pavillons. Die Verhandlungsräume sind die Orte zum politischen Handeln. Mit Sicherheitspersonal an den Eingängen und einer ernst-wichtigen Atmosphäre erstrecken sich unzählige Verhandlungsräume, verteilt in großen Hallen. Hier wird über jede Feinheit und Nuance in den Formulierungen debattiert und gestritten, ein formeller Schlagabtausch zwischen den verschiedenen Ländern und Ländergruppen. Interessen werden hier zwischen komplizierten Abkürzungen und verschachtelten Formulierungen vertreten, Abschnitte in Draft-Reports werden gestrichen und hinzugefügt. Die Verhandlungen fühlen sich häufig an wie die morgendliche Anreise zur Konferenz, wo den Delegierten über Labyrinth-ähnliche Umwege das Gefühl vermittelt wird, sie würden gar nicht warten, sondern tatsächlich vorankommen. Überall befinden sich Plakate mit Sprüchen wie: „Action inspires hope“, „Let’s turn promises into progress“ oder  „Unite. Act. Deliver”. Das englische „to act“ kann auch als „schauspielern“ übersetzt werden – wäre das vielleicht passender? Manchmal fühlt es sich auf der Konferenz danach an. Doch kommen wir zu dem nächsten und am Ende entscheidenden Punkt.

Deliver: Liefern.

Der Fortschritt, den es für eine tatsächliche Umsteuerung bräuchte, ist bisher jedoch nicht passiert.

Jonathan Kirschner

Das, woran die Konferenz gemessen wird. Das, was gebraucht wird, um die planetare Krise in den Griff zu bekommen. Nach den ersten Tagen kann man hier nur ein Zwischenfazit ziehen. Auf einer persönlichen Ebene könnte auf der COP vieles erreicht werden. Menschen der ganzen Welt kommen in den Austausch miteinander und es können Kettenreaktionen zu gemeinsamem Handeln angestoßen werden. Auf politischer Ebene wurden ebenfalls Dinge vorangetrieben und neue Versprechungen und Abkommen verkündet: Länder schließen sich zusammen für den Ausbau erneuerbarer Energien und mehr Effizienz, zahlreiche Länder haben die Bereitstellung von Mitteln für den „Loss and Damage Fund“ (Fonds für klimabedingte Schäden und Verluste) versprochen und mehrere Länder treten einem Klimaclub bei – um ein paar Beispiele der bisher verkündeten Versprechen zu nennen. Das sind alles Versprechungen, die sich gut anhören und in die richtige Richtung gehen könnten. Der Fortschritt, den es für eine tatsächliche Umsteuerung bräuchte, ist bisher jedoch nicht passiert. Doch die Verhandlungen gehen weiter, kleine Schritte werden gemacht, und man wird sehen, was am Ende dieser COP dabei herauskommt. Es geht um die Weichenstellung für die nächsten Jahrzehnte und in welcher Welt wir leben werden. Es muss geliefert werden.

Unite. Act. Deliver. Hoffentlich mehr als nur leere Worte.

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