Zum ersten Mal durfte ich als Vertreterin der Technischen Universität München an der COP28 in Dubai teilnehmen. Die Veranstaltung, die in einem Land mit einer hohen Erdöl-Exportrate stattfindet, machte die Widersprüche im Kampf gegen den Klimawandel deutlich. Mit 3.000 Delegierten sorgt Brasilien für Diskussionen, indem es Vereinbarungen zur weiteren Förderung fossiler Brennstoffe anstrebt.
Ein Zitat aus der New York Times fasst die Stimmung auf der Expo 2020 in Dubai perfekt zusammen: “Delegates are arriving with high hopes of making progress in the global fight against climate change, but it’s impossible to ignore the fact that the summit is being held inside gleaming new facilities built with oil money”.
Neben den zahlreichen Veranstaltungen, der zweitgrößten Delegation und den ehrgeizigen Forstprogrammen stellen sich auch Fragen: Kann Brasilien die Dekarbonisierung ausschließlich durch Forstprojekte erreichen, während es gleichzeitig auf einer Klimakonferenz Deals mit Organisationen für fossile Brennstoffe eingeht?
Kontraste im Kampf gegen den Klimawandel
Die Nationen sind sich einig, dass die Nutzung fossiler Brennstoffe reduziert werden muss, doch die Debatte dreht sich um die Begriffe "phase-out" und "phase-down" [...]
Während Themen wie die Klimafinanzierung die Diskussionen dominieren, fordern viele Aktivisten ein verbindliches Abkommen über den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Die Nationen sind sich einig, dass die Nutzung fossiler Brennstoffe reduziert werden muss, doch die Debatte dreht sich um die Begriffe „phase-out“ und „phase-down“ und darum, wie die Wortwahl die Maßnahmen der Mitgliedsstaaten des Pariser Klimaabkommens beeinflussen könnte.
Brasilien, dessen Emissionen primär durch Entwaldung und Landwirtschaft verursacht werden, verfolgt im Gegensatz zu Ländern mit hohem Anteil an Emissionen aus dem Energiesektor Ziele und Projekte, welche vor allem sog. „nature-based“ Lösungen beinhalten.
Die COP28 hat Brasilien die Chance gegeben, seine globale Präsenz auf der Klimaagenda wiederherzustellen, nachdem der vorherige Präsident Jair Bolsonaro während seiner Amtszeit nicht an den COPs 25, 26 und 27 teilgenommen hatte und zudem ein aktiver Klimaleugner war.
Im Laufe des Jahres machte der Präsident der COP28, Sultan al-Jaber, einen kühnen Vorschlag zur Beseitigung der Emissionen fossiler Brennstoffe. Seine anschließenden Erklärungen, die nur eine schrittweise Reduzierung vorschlugen, während die Verpflichtung des Pariser Abkommens, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 ºC zu begrenzen, beibehalten wurde, haben die Aktivisten jedoch hoffnungslos und skeptisch zurückgelassen. Während sie auf eine Ankündigung zum Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen warteten, waren sie negativ überrascht, als sie von al-Jaber hörten, dass es keine wissenschaftlichen Beweise gebe, die die Notwendigkeit des Ausstiegs aus den fossilen Brennstoffen rechtfertigten, um das 1,5ºC-Ziel zu erreichen.
Durch die Teilnahme Brasiliens an der Konferenz kommt es zu Widersprüchen. Nach der Ankündigung von Initiativen wie dem Tropical Forests Forever Fund, der rund 250 Milliarden US-Dollar für den Erhalt der Tropenwälder aufbringen soll, und der Vorstellung des ehrgeizigen Restoration Arc, der bis 2050 die Wiederherstellung von 24 Millionen Hektar im Amazonasgebiet vorsieht, sprachen brasilianische Minister auf der COP28 davon, sich von der OPEC zu distanzieren. In diesem Zusammenhang stand die Erklärung von Vertretern des Landes, dass „wir nicht Teil des Problems sein werden, Brasilien strebt eine Dekarbonisierung an“, in krassem Gegensatz zu der zwei Tage später angekündigten Teilnahme an der OPEC+.
Der derzeitige Präsident Lula begründete dies damit, dass das Land in der Gruppe nur als Beobachter und Berater fungiere, der sich gegenüber den Teilnehmern der Gruppe der Erdölexporteure für die Suche nach Alternativen einsetzen müsse. Angesichts des enormen Potenzials Brasiliens, eine Vorreiterrolle beim Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe zu übernehmen, ist eine solche Ankündigung auf einer Klimakonferenz enttäuschend, vor allem wenn der Ausstieg eine zentrale Priorität ist.
Wenn Brasilien sich im Kampf gegen den Klimawandel wieder als Weltführer etablieren und die internationale Zusammenarbeit fördern will, ist es notwendig, eine klare Position zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen einzunehmen.
Die brasilianische Forstpolitik ist umfangreich und innovativ und schreibt vor, dass jeder landwirtschaftliche Betrieb einen bestimmten Prozentsatz an Waldfläche erhalten muss. Ein einseitiger Fokus auf die Ausweitung von Programmen und Agenden für „zero deforestation“, Waldwiederherstellung und Marktstrategien reicht jedoch nicht aus, um das Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen. Darüber hinaus sind die Wälder in Brasilien gefährdet, weil sie von staatlichen Investitionen zur wirksamen Durchsetzung von Umweltgesetzen abhängig sind. Kurz: Wie können wir darauf vertrauen, dass die Kohlenstoffvorräte der Wälder angesichts der politischen Variablen und der aktuellen Trends des Waldverlustes intakt bleiben?
Wenn Brasilien sich im Kampf gegen den Klimawandel wieder als Weltführer etablieren und die internationale Zusammenarbeit fördern will, ist es notwendig, eine klare Position zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen einzunehmen. Die Reduzierung der CO2-Emissionen durch die Politik gegen die Entwaldung, nur um diese Reduzierung anschließend durch die Ausweitung der Exploration fossiler Brennstoffe zu kompensieren, ist keine Lösung der Klimakrise. Das bedeutet nur, den „status quo“ aufrechtzuerhalten – und das ist nicht schlüssig und ausreichend.
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