Ausbau der Erneuerbaren Energien: Der Widerstand steckt im Detail

Gastautor Portrait

Markus W. Voigt

aream Group

Markus W. Voigt gründete die aream Group 2005 und baute sie seither zu einer der führenden integrierten Asset-Manager im Bereich Nachhaltige Infrastruktur und Erneuerbare Energien in Deutschland aus. Vor der Gründung der aream Group war Voigt CEO und Mitgründer der Ideenkapital AG, einem mehrheitlich der ERGO Versicherungsgruppe gehörenden Asset-Manager für Alternative Investments. Er hat Internationale Betriebswirtschaftslehre an der Universität in Köln studiert.

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13. Juni 2022

Um Deutschland und Europa in Sachen Energie unabhängiger zu machen, sollen die Erneuerbaren Energien schnellstmöglich ausgebaut werden. Ein hehres Ziel, doch die Umsetzung ist kompliziert.

Ab 2027 sollen jedes Jahr allein 20 Gigawatt Sonnenstrom neu installiert werden. Um dieses Zielvolumen zu erreichen, bedarf es eines radikalen Umdenkens beispielsweise bei den Genehmigungsverfahren. Es reicht nicht, vonseiten des Bundes ein Ausbauziel zu proklamieren, dann aber weiterhin den Ländern und Gemeinden die Umsetzung zu überlassen. Wenn der Gesetzgeber tatsächlich will, dass Erneuerbare Energien im vorgesehenen Ausmaß produziert werden, müssen wichtige Fragen zentral entschieden werden. Doch das setzt unangenehme Entscheidungen voraus.

Um Genehmigungsverfahren zu vereinfachen, müssten Abstriche bei zum Teil sehr strengen, zum Teil vor allem streng ausgelegten Vorschriften gemacht werden. Aus der Ampelkoalition wurde bereits gehört, dass es falsch verstandener Artenschutz sei, wenn zwar eine Tierart lokal geschützt werde, insgesamt aber der Bestand durch den Klimawandel bedroht oder vernichtet werden würde. Hier müssen tatsächlich pragmatische Lösungen gefunden werden, die beide Ziele in Einklang bringen.

Sollten höhere Hürden für Klagen gelten?

Dazu kommt, dass die Hürden für Klagen gegen Projekte recht niedrig sind. Hier müsste es zu einem Wandel kommen, wenn tatsächlich ein schnellerer Umstieg auf grünen Strom gelingen soll. So werden manche Klagen vor allem mit dem Ziel angestrengt, Projekte zu verzögern, die Kosten für die Beteiligten in die Höhe zu treiben und so das ein oder andere zu verhindern – wohlgemerkt bei Projekten, die im Nachhinein völlig unstrittig genehmigt werden konnten. Hier wäre die schwierige Entscheidung zu treffen, ob die Hürden für Klagen nicht angehoben werden müssen.

Bei einem weiteren Punkt sind andere EU-Staaten bereits sehr viel weiter als Deutschland: Spanien etwa sieht im Ausbau der Erneuerbaren Energien ein nationales Interesse. Und wenn durch Verzögerungen und Weigerungen, Leitungen zu verlegen oder Anschlüsse zu ermöglichen, nationale Sicherheitsinteressen gefährdet sind, werden auch Enteignungen möglich. Auch dies ist eine Entscheidung, die im politischen Berlin nicht gern getroffen werden wird.

Genehmigungsverfahren müssen einfacher werden

Eines der größten Probleme bei der konkreten Umsetzung von Projekten ist aber, dass die Genehmigungsverfahren komplett in der Hand der örtlichen Behörden liegen. Eine übergeordnete Betrachtung gibt es kaum, hier entscheidet jede Gemeinde für sich. Wenn aber keine Photovoltaik- oder Windkraftanlage gewollt ist – aus welchen Gründen auch immer –, ist eine Durchsetzung so gut wie unmöglich, selbst wenn keine objektiven Gründe dagegenstehen. Die Dezentralität, die die Erneuerbaren so stabil und in vielerlei Hinsicht unangreifbar macht, ist beim Ausbau einer der größten Hemmschuhe. Hier wäre es wichtig, dass die Genehmigungskompetenz zumindest eine Stufe nach oben verlagert wird.

Unternehmen setzen auf eigene Stromproduktion

Eigene, nachhaltige Produktionskapazitäten werden hier zum Schlüsselfaktor.

Markus W. Voigt

Um diesen Schwierigkeiten zu entgehen und sich von der öffentlichen Stromversorgung unabhängiger zu machen, versuchen bereits viele Unternehmen, möglichst große Teile ihres fossilen Energiebedarfs zu elektrifizieren. Nicht der gesamte Bedarf kann jedoch verlässlich auf dem Markt gekauft werden. Eigene, nachhaltige Produktionskapazitäten werden hier zum Schlüsselfaktor. Das treibt den Preis für grünen Strom. Binnen eines Jahres hat sich der Preis für langfristige Direktabnahmeverträge schon vor der Ukraine-Krise von rund 42 Euro je MWh auf über 72 Euro fast verdoppelt. Neben der Versorgungssicherheit sind auch diese Preisanstiege ein Grund, weshalb Unternehmen zunehmend auf eigene Produktion setzen.

In der Regel wird die Stromproduktion in eigene Einheiten ausgelagert. Hier besteht dann eine große Gestaltungsfreiheit, vor allem was Preise und Preisbindung angeht. Dazu kommt auch, dass diese Einheiten durchaus Renditen liefern. Und das nicht nur durch den Verkauf des nicht selbst genutzten Stroms etwa an Kunden oder Mieter. Auch nicht selbst genutzte Herkunftsnachweise lassen sich verwerten und am Markt anbieten. Die politische Stimmung ist zudem sehr gut für solche Projekte. Für Unternehmen werden Investitionen in eigene Anlagen dadurch planbarer und letztlich rentabler.

Vor- und Nachteile für Projektentwickler und Anleger

Für Projektentwickler wie Anleger hat das Vor- wie Nachteile: Wer derzeit ein Wind- oder Solarprojekt angeht, muss mit deutlich längeren Liefer- und damit Projektzeiten rechnen. Bislang war es so, dass viele der Anlagen auch mit Dienstleistern aus Osteuropa gebaut wurden, da die heimische Handwerkerschaft ohnehin bereits am Limit war. Jetzt aber sind auch dort die Auftragsbücher so voll, dass das Preisgefüge ausgeglichen ist. Es ist für immer weniger osteuropäische Firmen attraktiv, in den westeuropäischen Ländern anzubieten.

Darunter leidet zumindest die Flexibilität, bei Neubauprojekten kann es dadurch auch zu Verzögerungen kommen. Dazu kommt, dass auch die Komponentenpreise steigen oder zumindest auf sehr hohem Niveau verharren. Vor allem kurzfristige Lieferzeiten sind schwer umsetzbar. Lagen die Lieferzeiten wichtiger Teile noch vor zwei Jahren bei drei bis vier Monaten, sind heute etwa bei Trafos eher sechs bis neun Monate die Regel.

Erfahrung und gute Vernetzung zahlen sich aus

Wer derzeit in Einzelprojekte investiert, wird unweigerlich mit diesen Schwierigkeiten zu tun haben. Investoren aber, die in ein Portfolio aus bereits bestehenden Parks und Neubauprojekten einsteigen, kommt die gegenwärtige Situation sogar zugute. Zumal wenn im Portfolio auch noch die Projektentwicklung enthalten ist. Bestandsprojekte werden angesichts der steigenden Preise und Schwierigkeiten wertvoller. Neubauprojekte, die mit einem erfahrenen und gut vernetzten Projektentwickler angefangen werden, sollten zudem bei den Kosten sehr wettbewerbsfähig abschneiden.

Weitere Informationen: www.aream.de.

Über die aream Group

Die aream Group ist ein voll integrierter Investment- und Asset-Manager für institutionelle Investoren mit Fokus auf nachhaltige Infrastruktur im Sektor Erneuerbare Energien, zu denen Wind- und Solarkraft, Netze und Speichertechnologie gehören. Dabei ist aream entlang der gesamten Wertschöpfungskette von der Projektentwicklung bis zum Betrieb der Anlagen vertreten. Mit einem Transaktionsvolumen von mehr als 1,5 Milliarden Euro deckt das Unternehmen seit über 15 Jahren das gesamte Spektrum an Asset-Management-Leistungen ab und sorgt für die kaufmännische und technische Optimierung der Assets. Neben klassischen Projektinvestments in Clean Energy bietet aream auch Investitionsmöglichkeiten in Climate-Tech-Unternehmen: direkt oder über Private-Equity-Lösungen. aream vereint Investitionsexpertise mit technischem und kaufmännischem Know-how und gewährleistet durch einen strukturierten Investment- und Risikomanagementprozess eine nachhaltige Performance mit stabilen Ausschüttungen, Renditen und Wertzuwächsen.

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