Wie erwartet kommt die Klimaabgabe nicht. Nach wochenlangen Diskussionen und Demonstrationen hatte sich die jetzige Entscheidung des Koalitionsausschusses angedeutet, wonach die Bundesregierung bereit ist, für die Senkung der CO2-Emissionen in der Stromwirtschaft in harter Münze zu zahlen. Teurer Klimaschutz. Einmal mehr ist die große Koalition der Versuchung erlegen, Konflikte zwischen den Parteien durch Mehrausgaben zu entschärfen. Bayern bekommt eine Erdverkabelung und in die Kohleländer fließt Steuerzahlers Kohle. Geld stellt ruhig. Jetzt alles gut?
Wenn dieses Verfahren fortgesetzt wird, den Koalitionsfrieden immer zu Lasten unbeteiligter Dritter, den Steuerzahlern, zu schließen, wird Klimaschutz bald unbezahlbar. Die Idee der Klimaabgabe war es, den nicht funktionierenden CO2-Handel in Europa durch ein nationales Instrument auszugleichen. Statt den Klimaschutz in den Wettbewerb zu integrieren, werden CO2-Emittenten für die Leistung bezahlt, Klima und Luft nicht weiter zu belasten. Dieses Prinzip zu Ende gedacht, wird der reich, der viel emittiert.
Trotz dieser Fehlleistung sei die Rede des Bundesministers für Wirtschaft und Energie auf dem Kongress des BDEW empfohlen. Man mag, (wie der Autor) nicht alles teilen, was Sigmar Gabriel ausführt, um dennoch feststellen zu können, dass dies eine wichtige und hörenswerte Rede für alle ist, die die Energiepolitik des Jahres 2015 verstehen wollen. Nehmen Sie sich die Zeit für Sigmar Gabriel. Gerade dann, wenn Sie der Widerspruch reizt:
Was wir daraus festhalten wollen:
Eine erfolgreiche Energiewende funktioniert nur mit Europa
So lange energieautarke Dörfer als Erfolgsgeschichten der Energiewende gefeiert werden, haben wir die Herausforderung nicht verstanden. Als einer der führenden Industrieländer der Welt müssen wir den Beweis antreten, dass die Dekarbonisierung in enger Kooperation mit unseren Nachbarn und ohne Systembrüche funktioniert.
Erfolgreich ist nur eine berechenbare Energiepolitik
Die derzeitig schon lange anhaltende Unberechenbarkeit der Energiepolitik ist einer der größten Kostentreiber. Moderne Kraftwerke stehen still und müssen abgeschrieben werden, während alte Dreckschleudern Gewinne einfahren. Der Markt für Fotovoltaik ist nach kurzer Boomphase nahezu zusammengebrochen, Zehntausende von Arbeitsplätzen sind weg, Milliarden, die investiert wurden, ebenso. Zur Fortführung der Energiewende muss die Politik verlorenes Vertrauen wieder zurück gewinnen. Ohne Vertrauen keine Investitionen; ohne Investitionen keine Innovationen; ohne Innovationen, keine erfolgreiche Energiewende – so einfach und doch so komplex ist die Energiepolitik.
Die Energiewende steht ganz am Anfang
Der Streit um die Klimaabgabe war heftig. Es ging um 22 Mio. t CO2. Bis 2030 sehen die Reduktionsziele eine Minderung um 200 Mio. t vor, bis 2040 sind es 400 Mio. t. Diese Ziele sind durch ein spätes Geschacher im Kanzleramt nicht zu erreichen. Da muss man sich früher als bisher Gedanken machen, muss die Folgen für die betroffenen Regionen bedenken und am besten schon jetzt das Steuer in diese Richtung lenken.
Kohlewende muss kommen
Dass man besser heute als morgen über den Ausstieg aus der Kohle nachdenken sollte, hat Gabriel in seiner Rede nur angedeutet, der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), ein Beratungsgremium der Bundesregierung, hat es in dieser Woche mit den „10 Thesen zur Zukunft der Kohle“ aufgeschrieben. Im Interesse eines sozialverträglichen und allmählichen Strukturwandels, so die Professoren, müsse …die Debatte um einen Fahrplan für den Abbau der Kohleverstromung schnellstmöglich beginnen und …durch ein „Bundesprogramm Kohlewende“ flankiert werden.“
Der SRU stimmt übrigens zu 100% mit den hier wieder gegebenen Aussagen aus der Rede Gabriels überein. „Ein nationaler Konsens zur Zukunft der Kohle schafft Planungs- und Investitionssicherheit, stärkt die Glaubwürdigkeit der Energiewende und hat eine wichtige internationale Signalwirkung.“ (These 10, S. 23)
Angela Merkel und Sigmar Gabriel haben es sich dieser Tage mit dem Klimaschutz und der Energiepolitik leicht gemacht. Wohlfeile Ziele für das Jahr 2100 wurden definiert und im Konflikt wurde der teure Weg des geringsten Widerstandes eingeschlagen. Griechenland, die Maut, der widerspenstige bayerische Ministerpräsident, der Konflikt mit Russland, Bedrohung durch Terroristen – vielleicht ist das auch für hartgesottene Politiker alles ein wenig zu viel, um auch noch eine konsistente Energiepolitik zu machen. Der geschätzte Blogger-Kollege Thorsten Zoerner hat gestern darauf hingewiesen, dass das für Juni angekündigte Weißbuch zum Strommarkt 2.0 nicht erschienen ist. Gute Reden dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir der Politik weiter auf die Finger schauen müssen. Sonst wird das nichts. Bleibt ohne Beteiligung des Publikums erst das Weißbuch auf der Strecke und dann die Energiewende?
Windmüller
vor 9 JahrenIch habe aufgegeben, mich über Politik zu wundern. Da bekommen die Stromkonzerne noch Geld vor die Füße gekippt, wenn sie 50 Jahre alte Braunkohleblöcke abschalten, die aus Altergründen eh bald vom Netz genommen worden wären. Erst jammert man 2013 über den Stromkostentsunamie, und jetzt darf es ruhig teuer werden. Da ist in Bayern auch eine Erdverkabelung drin , da spielt Geld plötzlich keine Rolle mehr. Aber da ich von Natur aus Optimist bin, ringe ich dem Spiel auch positive Seiten ab. Politiker haben bislang so viel an geistigen Blähungen zum Thema Energiewende abgelassen, dass man das Thema nur noch zum Abschluss bringen will. Wer da noch quer fährt, wie die FDP ( sie lebt doch tatsächlich noch ), und den Abbruch der Energiewende fordert, und dass die Klimaschutzziele für 10 Jahre nach hinten verschoben werden sollen, der kann damit keinen Punkt mehr landen.