Pionierarbeit zur Wasserstoff-Mobilität – Modellprojekte in der Rhein-Neckar-Region

Gastautor Portrait

Cara Schwark-Fiedler

Landesagentur für neue Mobilitätslösungen und Automotive Baden-Württemberg, e-mobil BW GmbH

Cara Schwark-Fiedler ist seit 2020 bei der Landesagentur für neue Mobilitätslösungen und Automotive Baden-Württemberg, e-mobil BW GmbH, tätig. Dort betreut sie die Modellprojekte H2Rivers und H2Rhein-Neckar. Zudem koordiniert sie den Cluster Brennstoffzelle BW, das baden-württembergische Netzwerk im Bereich Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien. Dieser vernetzt Akteure im Land unterstützt bei der Initiierung von neuen Projekten.

weiterlesen
23. Oktober 2023

In Modellprojekten werden neue Technologien eingesetzt und nicht etablierte Prozesse angewendet. Dieser Schritt raus aus den Laboren ist wichtig, um Erfahrungen für den Hochlauf von Zukunftstechnologien zu sammeln und an Herausforderungen zu arbeiten, die sich erst in der Praxis zeigen. Ein Beispiel für die Erprobung klimafreundlicher und lokaler Mobilität mit Wasserstoff ist die Metropolregion Rhein-Neckar. Dort zeigen die Projekte H2Rivers und H2Rhein-Neckar, wie Wasserstoff zur Dekarbonisierung im Verkehr eingesetzt werden kann und leisten mit dem Aufbau dezentraler Wasserstoff-Wertschöpfungsketten echte Pionierarbeit.

Mit finanzieller Förderung durch den Bund und das Land Baden-Württemberg entsteht dort ein regionales Wasserstoff-Ökosystem: von seiner Erzeugung, über die Verteilung bis zu seinem Einsatz. Regional erzeugter Wasserstoff versorgt fünf öffentlich zugängliche Wasserstoff-Tankstellen in der Rhein-Neckar-Region. Über 150 wasserstoff-betriebene Fahrzeuge für die städtische Verwaltung, Straßenreinigung, Abfalldienste oder den ÖPNV kommen durch die Modellprojekte auf die Straße und zeigen, wie der Energieträger Anwendung findet.

Wasserstoff ist ein wichtiger Baustein für Klimaschutz im Nutzverkehr

Die ersten emissionsfreien und geräuscharmen Fahrzeuge aus den Modellprojekten sind bereits im Einsatz und wirken sich unmittelbar positiv auf die Region aus [...]

Cara Schwark-Fiedler

Die Umstellung auf alternative Antriebe ist unabdingbar, um die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor zu reduzieren. Neben der Batterietechnologie bietet sich die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie insbesondere für schwere und große Fahrzeuge an. Wie der Einsatz gelingen kann, sollen unter anderem 48 Brennstoffzellen-Range-Extender-Busse zeigen, die ab dem Frühjahr 2024 in Ludwigshafen, Heidelberg und Mannheim fahren. Auch die Fuhrparks der Städte und städtischen Betriebe in der Metropolregion setzen z.B. mit neuen Straßendienst- oder Abfallsammelfahrzeugen testweise auf den Brennstoffzellen-Antrieb. Die ersten emissionsfreien und geräuscharmen Fahrzeuge aus den Modellprojekten sind bereits im Einsatz und wirken sich unmittelbar positiv auf die Region aus, da sie Schadstoff- und Lärmbelastung reduzieren.

Die Wasserstoffinfrastruktur ist im Aufbau

In der Modellregion Rhein-Neckar wird eine regionale Wasserstoffinfrastruktur exemplarisch aufgezeigt. Dabei steht die lokale Erzeugung des Energieträgers im Fokus, die als Ergänzung zu den notwendigen Importen von Wasserstoff angesehen wird. Zwei verschiedene Varianten werden in der Modellregion erprobt. In Mannheim entsteht das Abfüllzentrum H2 Hub, um den Wasserstoff, den die BASF zentral und großtechnisch erzeugt, zu nutzen. Künftig wird dort Wasserstoff in Trailer abgefüllt und an die Tankstellen in der Region transportiert: das Ziel sind 400 Tonnen Wasserstoff pro Jahr. Einen dezentralen Ansatz verfolgt hy.waiblingen, ein Teilprojekt des Modellvorhabens: ein Elektrolyseur mit einer Leistung von zwei Megawatt erzeugt grünen Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, der direkt vor Ort in eine Wasserstoff-Tankstelle fließt. Auch private Fahrzeuge können dort mit 350 oder 700 bar tanken.

Die weiteren vier Tankstellen entstehen in der Region, um die durch die Projekte geförderten Fahrzeuge mit Wasserstoff zu versorgen. Insgesamt werden über 100 Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb beschafft, von Pkw über Transporter bis hin zu Bussen oder Abfallsammelfahrzeugen.

Regionale Wasserstoffkonzepte sind wichtig

Durch den zeitgleichen Aufbau von Erzeugungskapazitäten und Anwendungsfällen für Wasserstoff löst das Modell-Projekt das oft zitierte „Henne-Ei-Problem“ auf regionaler Ebene.

Cara Schwark-Fiedler

Durch den zeitgleichen Aufbau von Erzeugungskapazitäten und Anwendungsfällen für Wasserstoff löst das Modell-Projekt das oft zitierte „Henne-Ei-Problem“ auf regionaler Ebene. Mit dem ökosystemischen Ansatz wird die Basis geschaffen, um weitere zukunftsweisende, nachhaltige Investitionen möglich zu machen. Damit leisten die Projekte einen wichtigen Beitrag, um Wasserstoff als zentralen Baustein für ein emissionsfreies Energie- und Mobilitätssystem zu etablieren sowie dieser Technologie zum Markthochlauf zu verhelfen.

Aus Industrie und Forschung arbeiten in den beiden Modellprojekten 15 Partner zusammen an diesem Ziel. Insgesamt umfasst das Projektvolumen knapp 100 Millionen Euro. Die Landesagentur e-mobil BW ist im landesgeförderten Projekt H2Rhein-Neckar und im bundesgeförderten Projekt H2Rivers beteiligt. Die Plattform H2BW, koordiniert durch e-mobil BW, zeigt auf ihrer Webseite, welche weiteren geförderten Projekte in Baden-Württemberg umgesetzt werden, um den Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft voranzutreiben – von Forschung und Entwicklung bis hin zu regionalen Wasserstoff-Ökosystemen.

Damit zukünftige Vorhaben von dem Erkenntnisgewinn der Modellprojekte profitieren, begleiten zwei Forschungseinrichtungen das landesgeförderte Projekt H2Rhein-Neckar wissenschaftlich. Sie untersuchen die Umstellung der Busflotte in Mannheim und Heidelberg aus technischer und wirtschaftlicher Perspektive. Mithilfe von selbst entwickelten Simulationsmodellen werten die Forschungseinrichtungen Realdaten der Busse aus; diese geben u.a. Aufschluss über den Energieverbrauch in Abhängigkeit von Faktoren wie Witterungsverhältnissen oder Fahrgastaufkommen. Die Forschungsergebnisse sollen andere Städte und ÖPNV-Betreiber dabei unterstützen, ihre Flotten auf emissionsfreie Fahrzeuge umzustellen.

Damit bieten Modellvorhaben wie H2Rhein-Neckar und H2Rivers wichtige Anhaltspunkte für den fortlaufenden Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft. Sie wirken entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Erzeugung über die Versorgung bis hin zur Nutzung – und tragen zur Erprobung und Markteinführung von Wasserstofftechnologien bei.

Die Wasserstoffwirtschaft wird unterstützt

Der Wissenstransfer rund um Fragen der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien gelingt über Netzwerke, wie den Cluster Brennstoffzelle BW. Mit rund 240 Partnern aus Baden-Württemberg bildet er die ideale Schnittstelle, um Ergebnisse aus Modellprojekten zu streuen. Kernaufgabe des durch die Landesagentur e-mobil BW koordinierten Clusters ist es, Akteure zu vernetzen und Forschungs- und Demonstrationsprojekte zu initiieren. Das laufende Vorhaben in der Metropolregion Rhein-Neckar ist ein Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit und zeigt, was Clusterarbeit bewirken kann.

Diskutieren Sie mit

Ich akzeptiere die Kommentarrichtlinien sowie die Datenschutzbestimmungen* *Pflichtfelder

Artikel bewerten und teilen

Pionierarbeit zur Wasserstoff-Mobilität – Modellprojekte in der Rhein-Neckar-Region
0
0