Kann KI beim Klimaschutz helfen?

Gastautor Portrait

Dr. Michael Mommert und Prof. Dr. Damian Borth

Gastautor

Dr. Michael Mommert arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz & Maschinelles Lernen der Universität St. Gallen (HSG) und beschäftigt sich dort mit der Anwendung tiefer Neuronaler Netzwerke auf Satellitendaten um damit die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels zu untersuchen. Nach dem Studium der Physik in Heidelberg (2009) promovierte Dr. Mommert an der Freien Universität Berlin (2013) und forschte anschliessend in den USA als Astronom bis er 2020 an die HSG kam. Dr. Damian Borth ist Professor für Künstliche Intelligenz & Maschinellen Lernen an der Universität St. Gallen (HSG). Dr. Borth promovierte an der Technischen Universität Kaiserslautern und am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) im Bereich des Bildverstehen. Nach der Promotion 2014 folgte ein Aufenthalt als Postdoctoral Fellow an der University of California, Berkeley und dem International Computer Science Institute in Berkeley und ein Stop am DFKI als Direktor des Deep Learning Kompetenzzentrums bevor er an die HSG ging.

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27. Mai 2021
Aufnahme des polnischen Kohlekraftwerks Bełchatów vom 3. Januar 2020, aufgenommen vom Satelliten Sentinel-2. (Bildrechte: Sentinelhub, Copernicus Sentinel 2020)

Was ist Deep Learning?

Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) ist mittlerweile schon allgegenwärtig. Immer mehr Anwendungen beinhalten Elemente aus dem Maschinellen Lernen, die uns das Leben erleichtern sollen: Chatbots beantworten uns Fragen in Chats und geben uns dabei das Gefühl mit echten Menschen zu kommunizieren, Webseiten von online-Händlern oder Streamingdiensten geben uns Empfehlungen basierend auf dem Verhalten anderer Kunden, und die Gesichtserkennung erlaubt es uns Smartphones ohne einen Tastendruck zu entsperren.

Eine große Rolle bei all diesen Aufgaben kommt dabei tiefen Neuralen Netzwerken zu. Bei “Deep Learning” werden mehrschichtige mathematische Modelle basierend auf vorhandenen Daten “trainiert” um eine bestimmte Aufgabe auf bisher ungesehenen Daten zu lösen. Deep Learning ist heutzutage der de facto Standard bei der Bewältigung komplexer Aufgaben für eine KI und erreicht dabei oft Leistungen die denen von echten Menschen gleichen oder diese sogar übertreffen.

Deep Learning ist aufwendig

Das Training von Deep Learning Modellen ist technisch komplex, da es große Datenmengen und damit einhergehend große Rechenkapazitäten benötigt. Diese werden durch spezielle Grafikkarten (GPUs) bereitgestellt. Durch die steigende Komplexität der Probleme, die eine KI zu bewältigen hat, werden dabei auch die verwendeten Modelle immer größer. Das hat einen gesteigerten Rechen- und damit auch einen entsprechenden Energieaufwand zur Folge. Eine Studie aus dem Jahr 2019 fand dass beim Training damals verfügbarer Sprachmodelle in etwa dieselbe Menge CO2 ausgestoßen wird wie etwa 60 Menschen im Durchschnitt in einem Jahr erzeugen. Dies wurde im Kontext des US-amerikanischen Energiemixes an großen Fossilien und geringen erneuerbaren Brennstoffen berechnet. Dabei muß auch beachtet werden, dass ein solches Modell in der Regel einmalig trainiert wird und die spätere Anwendung sehr viel energieeffizienter ist. Dies verhält sich ähnlich zum Elektroauto: während die Herstellung eines solchen Fahrzeuges energetisch aufwendig ist, amortisiert sich dieser Aufwand über den deutlich effizienteren und klimafreundlicheren Betrieb im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen.

Anwendung von Deep Learning im Klimaschutz

Deep Learning kann jedoch auch helfen das Klima zu schützen. Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von KI erlauben den Einsatz in etlichen Bereichen der Industrie, des Managements und der Forschung um den Ausstoß an klimaschädlichen Stoffen zu minimieren und zu überwachen, und um die Folgen des Klimawandels besser verstehen zu können.

Am Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen der Universität St. Gallen arbeiten wir an der Anwendung von Deep Learning um den Schutz unseres Klimas zu verbessern, wie wir hier an zwei Beispielen zeigen möchten.

KI kann Rauchwolken erkennen

Aufnahmen einer Rauchwolke über einem Kraftwerk vom Boden (links) und vom Satelliten Sentinel-2A aus gesehen (rechts).

Bildrechte links liegen beim Autor, Bildrechte rechts liegen bei „Copernicus Sentinel 2021“

Rauchwolken über Schornsteinen und Kühltürmen von Kraftwerken kennt jeder. Was man vom Boden sehen kann, kann man natürlich auch aus dem Weltall sehen, wenn das Wetter es zulässt. Basierend auf Daten der Sentinel-2 Satelliten der Europäischen Weltraumbehörde (ESA), die im Rahmen des Copernicus Programme betrieben werden, haben wir eine KI trainiert um solche Rauchwolken über Industrieanlagen zu erkennen. Die besonderen spektralen Eigenschaften von Rauchwolken erlauben es uns diese von natürlichen Wolken zu unterscheiden und ihre Ausdehnung zu messen. Dies ermöglicht es uns die Aktivität von Industrieanlagen zu überwachen und Rauchgasemissionen an Orten zu finden, an denen man keine vermuten würde, und zwar weltweit.

Wir können jedoch noch einen Schritt weiter gehen. Europäische Kraftwerke müssen sowohl ihre Stromproduktion in regelmäßigen Abständen, als auch ihre jährlichen Schadstoffemissionen melden. Basierend auf diesen Daten und unseren Messungen von Rauchwolken können wir unter Einbeziehung von Wetterdaten eine direkte Relation herstellen zwischen der Größe der beobachteten Rauchwolke und der Menge der zum Zeitpunkt der Aufnahme ausgestoßenen Schadstoffen und Treibhausgasen. Wir hoffen mit dieser Methode in Zukunft den Ausstoß von Treibhausgasen aus Kraftwerken und Industrieanlagen in Ländern, die keine Meldepflicht für Schadstoffe haben, abschätzen zu können. Die Ergebnisse dieser Methode werden es beispielsweise ermöglichen die Einhaltung von Schadstoffgrenzen und den Handel mit Treibhausgaszertifikaten besser überwachen zu können. Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie hier.

KI kann die Energieproduktion von Solarzellen besser vorhersagen

Die Betreiber von Stromnetzen sind darauf angewiesen den Bedarf an und die Produktion von Strom über einen kurzen Zeitraum relativ genau vorhersagen zu können. Bei konventionellen Kraftwerken ist eine solche Vorhersage meist trivial. Bei der Erzeugung von Strom aus regenerativen Quellen kommen jedoch mehrere Ungewissheiten hinzu, von denen das Wetter den Hauptanteil darstellt.

Um die Produktion von Strom aus Solarzellen besser über einen Zeitraum von 24 Stunden vorherbestimmen zu können, verwenden wir verschiedene KI-Ansätze und Datensätze, die auf Produktionsdaten aus den vergangenen Jahren beruhen. Geografische Eigenheiten, ortsgenaue Wetterdaten und die Größenskala auf der wir solche Vorhersagen machen haben dabei einen großen Einfluss auf die Qualität der Vorhersagen. Die Resultate dieser Arbeit werden dabei helfen die Effizienz bei der Einspeisung und Verwendung von regenerativen Energien in Zukunft zu verbessern und damit auch den Anteil an regenerativen Energien am Energiemix steigern zu können.

Ein Ausblick in die Zukunft

Dies sind nur zwei kleine Beispiele, die den Nutzen von KI für den Klimaschutz andeuten. Die Anwendung maßgeschneiderter KI-Anwendungen sowohl auf kleinen wie auch auf makroskopischen Skalen hat das Potential maßgeblich zum Klimaschutz beizutragen. Dabei sollte man jedoch im Hinterkopf behalten, dass KI keine Wunderwaffe im Kampf gegen den Klimawandel ist, sie kann uns jedoch dabei unterstützten. Die Verantwortung für unseren Planeten liegt immer noch bei jedem Einzelnen und kann nicht auf eine Technologie abgewälzt werden.

Über die Autoren

Dr. Michael Mommert

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz & Maschinelles Lernen, Universität St. Gallen (HSG)

Dr. Michael Mommert arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz & Maschinelles Lernen der Universität St. Gallen (HSG) und beschäftigt sich dort mit der Anwendung tiefer Neuronaler Netzwerke auf Satellitendaten um damit die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels zu untersuchen. Nach dem Studium der Physik in Heidelberg (2009) promovierte Dr. Mommert an der Freien Universität Berlin (2013) und forschte anschliessend in den USA als Astronom bis er 2020 an die HSG kam.

Dr. Damian Borth

Professor für Künstliche Intelligenz & Maschinellen Lernen, Universität St. Gallen (HSG)

Dr. Damian Borth ist Professor für Künstliche Intelligenz & Maschinellen Lernen an der Universität St. Gallen (HSG). Dr. Borth promovierte an der Technischen Universität Kaiserslautern und am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) im Bereich des Bildverstehen. Nach der Promotion 2014 folgte ein Aufenthalt als Postdoctoral Fellow an der University of California, Berkeley und dem International Computer Science Institute in Berkeley und ein Stop am DFKI als Direktor des Deep Learning Kompetenzzentrums bevor er an die HSG ging.

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  1. Ferdi Kadioglu

    vor 9 Monaten

    Sehr schön muss für meinen dummen Lehrer Herr grünewald hier arbeiten ta qifsha nonnen

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