Ein politischer Ausblick auf das Jahr 2021

Gastautor Portrait

Andreas Renner

EnBW

Andreas Renner leitet die Abteilung Wirtschaft, Politik und Gesellschaft der EnBW. Nach seinem Studium der Verwaltungswissenschaft in Konstanz arbeitete Renner zunächst in unterschiedlichen Funktionen auf Stadt- und Landesebene bevor er zum Minister für Arbeit und Soziales des Landes Baden-Württemberg ernannt wurde. Seit 2006 ist er für die EnBW tätig. Zunächst verantwortete er den Bereich Regenerative Energien, anschließend leitete er unterschiedliche Repräsentanzen der EnBW im In- und Ausland, für die er auch in seiner aktuellen Funktion weiter verantwortlich ist.

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22. Februar 2021

Das Jahr 2021 ist politisch gesehen ein besonders spannendes Jahr. Neben der Bundestagswahl Ende September wählen die Bürger*innen zahlreiche Landesparlamente und Kommunalvertreter neu. So steht die Landtagswahl Baden-Württemberg bereits am 14. März an. Auf europäischer Ebene gilt es, die Umsetzung des „Green Deal“ sowie des Corona-Wiederaufbaufonds voranzutreiben. Da mit Joe Biden als neugewählter Präsident der USA frischer Wind im Weißen Haus weht, stehen die Chancen gut, dass die transatlantische Partnerschaft zu ihrer alten Stärke zurückfindet und Klimaschutz international vorangetrieben werden kann. In Zusammenarbeit mit einer amerikanischen Administration, die an naturwissenschaftliche Erkenntnisse glaubt, können die Themen Klimaschutz und Dekarbonisierung der verschiedenen Wirtschaftssektoren auch wieder auf internationalen Konferenzen glaubhaft in den Mittelpunkt gerückt werden. Darüber hinaus liegt der Fokus 2021 klar darauf, die Corona-Krise global zu überwinden.

Brüssels Impulse für den ganzen Kontinent

Wer jetzt auf mehr Nachhaltigkeit setzt und die Transformation in den verschiedenen Sektoren bereits jetzt vorantreibt, bleibt wettbewerbsfähig [...]

Andreas Renner

Die Verhandlungen um die Verschärfung der europäischen 2030-Klimaziele geht in die nächste Runde. So konnten sich die Staats- und Regierungschefs Ende des vergangenen Jahres darauf einigen, das Emissionsreduktionsziel der EU für das Jahr 2030 von den ursprünglich vorgesehenen -40% auf -55% ggü. dem Jahr 1990 anzuheben. Das Europäische Parlament hingegen zieht das Tempo weiter an und fordert eine Reduktion von 60% bis Ende des Jahrzehnts. In jedem Fall ist die Richtung zu einem klimaneutralen Kontinent bis 2050 eindeutig. Infolge dieser europäischen Zielanhebung wird es auch nötig sein, die deutschen Klimaziele für das Jahr 2030 nachzuschärfen.

Ein ökologisch nachhaltiges Wiederhochfahren der europäischen Wirtschaft nach überwundener Pandemie gibt der Wirtschaft mehr Planungssicherheit für die nächsten Jahre. Wer jetzt auf mehr Nachhaltigkeit setzt und die Transformation in den verschiedenen Sektoren bereits jetzt vorantreibt, bleibt wettbewerbsfähig und muss die Wirtschaft in den nächsten Jahren nicht in den nächsten Umbruch zwängen.

Um die ambitionierten Ziele für 2030 zu erreichen, sollen in den nächsten Jahren wichtige Vorhaben umgesetzt werden. Das europäische Emissionshandelssystem ETS geht dieses Jahr in die nächste Phase. Die Anzahl der angebotenen CO2-Zertifikate wird nun kontinuierlich sinken. Es gilt der Grundsatz „fordern und fördern“. So soll die Innovationskraft europäischer Unternehmen marktwirtschaftlich gefordert werden, während die EU durch Finanzierungsmechanismen diese Prozesse fördert. Des Weiteren ist 2021 das „Jahr der Schiene“. Der Ausbau grenzüberwindender Bahnstrecken soll forciert werden, sodass die Vorteile des Bahnfahrens europaweit unterstrichen werden.

Deutschland im Superwahljahr

Fehlende Geschwindigkeit bei den Genehmigungsverfahren und fehlende Flächen sind für uns weiterhin große Hemmnisse im Bereich des Wind-Ausbaus an Land.

Andreas Renner

In Deutschland wird das Jahr 2021 gerne auch als „Superwahljahr“ bezeichnet. Neben der Bundestagswahl im September stehen auch sieben Landtagswahlen sowie zwei Kommunalwahlen an. In neu formierten Koalitionen wird es wahrscheinlich zu politischen Richtungsänderungen kommen. Neben dem Ende der Ära Merkel ist abzuwarten, ob sich auch die „Große Koalition“ auf ihren letzten Metern befindet.

Durch frische Impulse neuer Regierungspartner ist zu hoffen, dass sich auch Gesetze im Energiebereich in Richtung zu einem effizienteren und überschaubaren rechtlichen Rahmens verändern werden, die durch neue gesetzliche Initiativen zur angeregt werden. Erstmals seit ihrer Einführung im Jahr 2000 ist die EEG-Umlage im Rahmen der EEG-Novelle staatlich gedeckelt worden, um ein immenses Anwachsen der Strompreise im Jahr 2021 zu verhindern. Zwar wurden dabei auch neue EE-Ausbaupfade festgelegt. Diese müssen allerdings im Jahr 2021 an das erhöhte EU-Klimaziel angepasst werden. Fehlende Geschwindigkeit bei den Genehmigungsverfahren und fehlende Flächen sind für uns weiterhin große Hemmnisse im Bereich des Wind-Ausbaus an Land. Auch hier erhoffen wir uns von einer neuen Regierungskonstellation entschlossenes Handeln.

Durch die Deckelung der EEG-Umlage werden außerdem die Mehrausgaben der Verbraucher durch das neue nationale Emissionshandelssystem im Verkehrs- und Wärmesektor (BEHG) teilweise ausgeglichen. Dennoch herrscht hierbei unter allen in Frage kommenden Koalitionspartnern Einigkeit, dass das Steuer-, Abgaben- und Umlagesystem im deutschen Energiesektor zu kompliziert und vielschichtig ist. Dieses gilt es daher, zu vereinfachen und übersichtlicher zu gestalten.

Chancen nach Corona nutzen

Das in den Nachrichten dominierende Thema wird auch dieses Jahr zum großen Teil die Corona-Pandemie sein. Im Laufe des Jahres werden die Meldungen jedoch hoffentlich dank zunehmender Impfkapazitäten und sinkender Fallzahlen wieder positiver. Bestenfalls rücken gesundheitliche Bedenken in den Hintergrund, während Diskussionen um eine nachhaltige Neuausrichtung einer Post-Corona-Wirtschaft zunehmen. Entscheidungsträger müssen dabei darauf achten, dass nationale und europäische Hilfsgelder nachhaltig sinnvoll eingesetzt werden. Klimaschädliche Geschäftsmodelle dürfen nicht weiter finanziert werden, sodass Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil der erneuerbaren Energieträger aufgehoben werden. Rückblickend wird man das Jahr 2021 vielleicht als Zäsur nach der Corona-Pandemie betrachten, in dem man beim Wiederaufbau der Wirtschaft streng auf die ökologischen Auswirkungen geachtet hat und eine nachhaltiges Wirtschafts- und Energiesystem auf den Weg gebracht wurde. Alles in Allem wird 2021 ein wegweisendes Jahr für Politik und Gesellschaft. Es wird sich zeigen, inwiefern die wirtschaftliche Erholung gekoppelt an nachhaltige Konzepte funktionieren kann und wie wir aus den Erfahrungen der Pandemie lernen können für ein nachhaltigeres Zusammenleben.

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