Der Klimawandel, das Pariser Klimaabkommen und der CO2-Ausstoß in Baden-Württemberg
Das Auto ist immer weniger das zentrale Verkehrsmittel, sondern wird Teil eines umfassenden Mobilitätssystems aus unterschiedlichsten Verkehrsmitteln
Das Klima der Erde erwärmt sich schneller und stärker als jemals zuvor. Die globale Durchschnittstemperatur wird bis zum Ende unseres Jahrhunderts um 4° C bis 5° C steigen, wenn der durch den Menschen verursachte Treibhausgas-Ausstoß unverändert zunimmt. Die Staatengemeinschaft hat sich deshalb darauf verständigt, die Klimaerwärmung einzudämmen.
Alle Staaten, die den Pariser Weltklimavertrag von 2016 unterzeichnet haben, verpflichten sich völkerrechtlich verbindlich, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2° C, möglichst 1,5° C zu begrenzen. Um das zu erreichen, muss der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 fast auf Null gebracht werden.
Das wichtigste vom Menschen verursachte Treibhausgas ist Kohlendioxid (CO2). Mit einem Anteil von knapp 32 Prozent ist der Verkehr der größte CO2-Verursacher in Baden-Württemberg. Er ist außerdem der einzige Bereich, in dem es bisher nicht gelungen ist, den Ausstoß zu reduzieren.
Das Verkehrsproblem: Luftschadstoffe, Lärmbelastung, Flächenverbrauch und Stau
Die Art und Weise wie wir derzeit unterwegs sind, schadet nicht nur dem Klima. Luftschadstoffe wie Feinstaub und Stickoxide beeinträchtigen die Lebensqualität, besonders in den Innenstädten. Immer mehr fahrende und parkende Autos beanspruchen dort immer mehr Platz. Dieser Platz fehlt jedoch: für Wohn- und Erholungsflächen, für Fußgänger und Radfahrer.
Darüber hinaus führt das ständig wachsende Verkehrsaufkommen zu immer mehr Staus. Auch Verkehrslärm ist nicht nur in den Städten ein Problem.
Digitalisierung, Industrie 4.0, autonome und vernetzte Mobilität
Die Digitalisierung und Automatisierung führen zu rasanten Veränderungen – auch in der Automobilindustrie. Künstliche Intelligenz und der Einsatz von Robotik verändern die Produktion von Grund auf. Intelligente Produktionsanlagen können selber lernen, sich selbst steuern und die Ergebnisse optimieren. Diese Entwicklungen werden die Arbeitswelt der Zukunft maßgeblich prägen.
Die Digitalisierung verändert nicht nur die Produktion, sondern auch das Auto selbst. Fahrzeuge werden zunehmend vernetzt, intelligent und autonom. Dadurch entstehen neue Geschäftsmodelle und Dienstleistungen im Mobilitätsbereich. Das Auto ist immer weniger das zentrale Verkehrsmittel, sondern wird Teil eines umfassenden Mobilitätssystems bestehend aus unterschiedlichsten Verkehrsmitteln. Das Smartphone wird zum Schlüssel dieser Mobilität.
Weltweiter Wandel zur Elektromobilität
Immer mehr Staaten setzen auf Elektromobilität. In China, dem weltgrößten Absatzmarkt der Autoindustrie, gilt seit 2019 eine jährlich ansteigende Quote für Elektroautos. Staaten wie Großbritannien, Irland, Norwegen, Dänemark, Schweden, Frankreich, die Niederlande, Island, Israel und Indien haben bereits beschlossen, in Zukunft keine neuen Autos mehr zuzulassen, die Benzin oder Diesel verbrennen. Diese Regeln sollen – je nach Land – zwischen 2025 und 2040 in Kraft treten.
Und was hat das mit Baden-Württemberg zu tun?
Vom Automobilland zum Mobilitätsland: Die Automobilindustrie im Umbruch
Der weltweite Wandel zur Elektromobilität, die Digitalisierung und Automatisierung in der Produktion sowie das Aufkommen neuer Geschäftsideen und Wettbewerber wirken sich auf alle Bereiche der Mobilitätswirtschaft aus.
Als Automobilland ist Baden-Württemberg von diesem rasanten Wandel besonders betroffen. Mit 108 Milliarden Euro ist die Automobilwirtschaft der umsatzstärkste Industriezweig im Land. Ungefähr 213.000 Menschen sind dort direkt beschäftigt, also bei Herstellern und direkten Zulieferern. Weitere 228.000 Beschäftigte kommen dazu, wenn man indirekte Zulieferer, den Maschinen- und Anlagenbau, Dienstleister und das Kfz-Gewerbe hinzurechnet Insgesamt ist damit jeder zehnte Beschäftigte im Land im Automobilcluster tätig.
Herausforderung: Gestaltung des Wandels
Mobilität und Mobilitätswirtschaft verändern sich rasant. Es stellt sich die gesamtgesellschaftlich relevante Frage, wie eine ökologisch nachhaltige, ökonomisch sinnvolle und sozial gerechte Mobilität in Baden-Württemberg in Zukunft aussehen und wie der dafür notwendige Strukturwandel des Mobilitätssystems und der Automobilwirtschaft gelingen kann. Mit welchen Mobilitätsprodukten kann hier in Zukunft Geld verdient und wie können Arbeitsplätze geschaffen werden? Wie kann Mobilität ökologisch nachhaltig werden? Welche Weichenstellungen sind seitens Politik und Wirtschaft erforderlich? Und was kann jeder einzelne zum Gelingen des Wandels und zu einer nachhaltigen Mobilität beitragen?
Die Studie Mobiles Baden-Württemberg – Wege der Transformation zu einer nachhaltigen Mobilität
Im Herbst 2015 hat die Baden-Württemberg Stiftung auf Initiative des BUND Baden-Württemberg die Studie Mobiles Baden-Württemberg – Wege der Transformation zu einer nachhaltigen Mobilität beauftragt und im November 2017 der Öffentlichkeit präsentiert. In der Studie werden die oben genannten Fragen beleuchtet. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Automobilwirtschaft und Verbänden wurden drei Zukunftsbilder der Mobilität für das Jahr 2050 entwickelt und diese daraufhin untersucht, ob bzw. in wie weit das jeweilige Zukunftsbild tatsächlich nachhaltig ist.
Drei Zukunftsbilder: Wie werden wir 2050 unterwegs sein?
Neue Individualmobilität: Privat, komfortabel und elektrisch unterwegs
Das Mobilitätsverhalten der Menschen hat sich kaum verändert. Sie sind weiterhin überwiegend mit dem eigenen Auto unterwegs, allerdings voll elektrisch und autonom. Der Energiebedarf und der Flächenverbrauch des Verkehrs in den Städten sind sehr hoch.
Neue Dienstleistungen: Neue Geschäftsmodelle und geteilte Fahrzeuge
Mit der Digitalisierung sind neue Geschäftsmodelle entstanden, die neue Formen der Mobilität ermöglichen. Immer mehr Menschen wollen Autos zwar weiterhin nutzen, aber nicht unbedingt kaufen und besitzen. Für sie ist das Teilen von Fahrzeugen Normalität und sie kombinieren Carsharing mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Platzbedarf durch Autos und Verkehr sinkt. Ehemalige Verkehrsflächen können für andere Zwecke genutzt werden. Dadurch steigt insbesondere in den Innenstädten die Lebensqualität.
Neue Mobilitätskultur: Kürzere Wege und flexible Systeme
Immer mehr Menschen pflegen einen bewussteren Lebensstil. Die zurückgelegten Strecken sind insgesamt kürzer, da Freizeit, Arbeit und Wohnen in einem engen Umfeld mit hoher Lebensqualität stattfinden. Viele Wege werden daher zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt. Ergänzt wird das Angebot durch autonome, elektrische Fahrzeuge sowie Car- und Bikesharing. Für weite Distanzen werden öffentliche Verkehrsmittel genutzt. Aufgrund einer sehr guten Infrastruktur sind private Pkw nicht mehr nötig und kaum mehr vorhanden.
Mehr Informationen zur Studie, den Szenarien und der Bewertung ihrer Nachhaltigkeit gibt es bei den Urban Mobility Talks am 11. April in Stuttgart oder unter: https://www.bwstiftung.de/mobiles-bw/
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