Umfrageergebnis: Verkehrswende braucht eine Reduzierung des Verkehrs

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Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
23. April 2019

„Was ist für den Erfolg der Verkehrswende jetzt vorrangig?“ Das haben wir in der letzten Umfrage unsere Leserinnen und Lesern gefragt. „Alles, was den Verkehr insgesamt reduziert“ war eine der möglichen Antworten. Fast die Hälfte der Teilnehmenden (47 Prozent) stimmte für diese Option. Die Umstellung auf elektrische Antriebe (24 Prozent), sonstige Maßnahmen (20 Prozent) und die Sektorkopplung mit 9 Prozent blieben weit dahinter zurück.

Wir müssen uns beschränken – nicht nur beim Verkehr

Ob Wohnen, Einkaufen oder Reisen: Das Wissen um den Klimawandel hat uns nicht genügsamer werden lassen

Offenbar, so interpretieren wir das Ergebnis, wächst das Bewusstsein, dass allein technische Umstellungen nicht ausreichen werden, um die vor uns liegenden Herausforderungen zu meistern. Während in der öffentlichen Debatte um die Energiewende der Aspekt der politischen Steuerung dominiert, scheint ein großer Teil der Bevölkerung zu ahnen: Unser Lebensstil ist nicht zukunftsfähig. Wir müssen uns beschränken. Und wahrscheinlich nicht nur beim Verkehr.

Reduzierung hört sich einfach an. Ist aber politisch und gesellschaftlich eine noch größere Herausforderung als die technische Umsetzung der Energiewende. So war vor zwei bis drei Generationen der Flug in den Urlaub eine Ausnahme, die sich nur Besserverdienende leisten konnten. Heute ist es für viele Menschen zur Selbstverständlichkeit geworden, mehrmals im Jahr mit dem Flieger in die südliche Sonne oder zur Städtetour aufzubrechen. Billigflieger und eine massive Subventionierung des Flugverkehrs haben es möglich gemacht.

Aus der Klima- wird schnell eine Neiddebatte

Wer heute fordert, dass der Preis des Fliegens die ökologische Wahrheit sagen muss, landet schnell in einer Neiddebatte: Fliegen bald nur noch Reiche? Das Thema, der Klimawandel, bleibt dann auf der Strecke. Die soziale Frage rückt in den Mittelpunkt und stachelt, wie in Frankreich erlebt, die Wut der Menschen an.

Unsere Autoren Robin Engelhardt und Dr. Bernd Bienzeisler weisen in ihren Beiträgen darauf hin, dass das Auto für die Jugend seinen Reiz als Statussymbol verloren hat. Ökologisch ist jedoch nur wenig gewonnen, wenn die neuen Nichtbesitzer den Anspruch erheben, jederzeit, überall und stets kostengünstig mobil zu sein.

Statt Reduzierung: Verkehr soll auch im nächsten Jahrzehnt weiter wachsen

Prognose zur Entwicklung des Personenverkehrs bis 2030

Grafik: BMVI

Ein Blick auf die Verkehrsprognose für das Jahr 2030 verdeutlicht die Aufgabe. Während fast die Hälfte der Teilnehmenden bei unserer Abstimmung für eine Verkehrsreduzierung plädiert, geht der Trend in eine ganz andere Richtung. Um unglaubliche 65 Prozent, so die Prognose des Verkehrsministeriums, wird der Personenflugverkehr bis 2030 anwachsen. Beim Güterverkehr insgesamt wird mit einem Anstieg um 38 Prozent von 2010 bis 2030 gerechnet.

In allen Bereichen der Energiewende verbessert sich die Effizienz. Wind- und Solarkraftwerke bringen eine immer höhere Ausbeute. Und das bei sinkenden Preisen. Und sowohl bei den Wandlungsprozessen (Power-to-X-Technologien) als auch bei den Energiespeichern sorgen innovative Verfahren für eine immer bessere Verwertung der eingesetzten regenerativen Energie. Doch all diese Fortschritte reichen in der Summe nicht aus, um das scheinbar unaufhaltsame Wachstum klimaneutral zu befriedigen.

Freiwillig wird keine Gesellschaft genügsamer

„Flugscham“. Greta Thunberg und der Fidays-for-Future-Bewegung verdanken wir ein neues deutsches Wort, das bereits über 100.000 Ergebnisse bei der Internetsuche zählt. Und für die schwedische Fluglinie SAS ist das Gefühl bereits ökonomisch messbar.

Selbst wenn zahlreiche Prominente den Trend unterstützen: Wir von der Stiftungsredaktion glauben nicht, dass sich gesellschaftliches Verhalten dauerhaft durch freiwilligen Verzicht ändert. Eine nunmehr seit 30 Jahren andauernde Klimadebatte hat uns als Verbraucher nicht in Massen bewegt, klimaschonend zu konsumieren. Gestiegen ist nicht durch die Anzahl der Pkws, sondern auch ihre PS-Leistung. Ob Wohnen, Einkaufen oder Reisen: Das Wissen um den Klimawandel hat uns nicht genügsamer werden lassen. Messbare Änderungen stellen sich nur dort ein, wo gesellschaftlicher Druck zu politischem Handeln führt. Um den Verkehr zu reduzieren, braucht es wohl beides: Anhaltende Demonstrationen und mutige Politikerinnen und Politiker.

Unsere Umfrage zur Verkehrswende lief vom 11. März bis zum 18. April. An ihr nahmen 1.073 Personen teil.

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  1. Jens

    vor 3 Jahren

    Umweltschutz ? Ja. Umstieg auf e Autos? Für mich kein Probleme wenn die Preise bezahlbar sind und die Technik besser ist. Verzicht aufs Auto im allgemeinen? Auf keinen Fall. Ich verzichte nicht auf meine Freiheit. Ich wohne auf dem Land ohne Auto geht hier gwrnichts und bevor ich mich mit 100 anderen Menschen in einen Bus Geselle und den täglich zur Fahrt zur Arbeit nutze , kranke neben mir habe 2 Meter weiter Kleinkinder weinen und vor mir 2 Jugendliche laut Musik hören mach ich lieber auf Hartz4. Ich habe nicht 10 Jahre lang gearbeitet um das zu erreichen was meine Eltern und Großeltern mir vorgelebt haben nur um heute zu hören :sorry für deine Generation ihr müsst verzichten weil deine Eltern Generation alles kaputt gemacht hat und damit deine Urenkel nicht in der Sahara leben. Im Gegensatz zu denen sind die Fahrzeuge die ich hatte echt umweltfreundlich. Ich bin nicht jeden Tag 75km hin und zurück ohne Kat gefahren für 25 Jahre lang und ich werde dafür nicht mit meiner Freiheit zahlen schon garnicht wenn sie bedeutet daß ich meine Mobilität mit anderen teilen muss damit die Autos von der Straße kommen. Sollte das hier so kommen das auch e Autos in Verruf kommen aus welchem Grund auch immer und darauf steuern kommen damit 40 Prozent der Leute sich kein Autos mehr leisten können ziehe ich in ein anderes Land.

  2. Denkender Bürger

    vor 4 Jahren

    Was ich in der gesamten Debatte vermisse, sind ausführliche Ausführungen zu einer Verkehrswende im Güterverkehr.
    Genau da - insbesondere im immer weiter ausufernden LKW-Verkehr- liegt aber ein Hauptproblem der Mobilitätswende:

    Wenn es gelingen würde, mit einem vernünftigen und durchdachten Verkehrskonzept im Güterverkehr nur jeden 3. LKW von der Straße zurück auf die Schiene (oder wo es möglich ist aufs Binnenschiff) zurück zu holen
    - wie viele Staus und Unfälle würden dann vermieden werden ?
    - wie viele Straßenbau-Projekte würden obsolet oder könnten zeitlich aufgeschoben werden?
    - wie positiv würde sich das auf die Umwelt- und Klima-Billanz auswirken?

    Vor allem:
    Die dafür notwendige Invrastruktur ist weitgehend vorhanden und müßte nur entsprechend ertüchtigt werden - was sich aber in überschaubarer Zeit mit überschaubarem Aufwand bewerkstelligen ließe.
    Wenn man denn nur wöllte.
    Ein Blick in die Schweiz würde genügen, um zu sehen, wie leicht und wie gut das funktionieren kann - auch wenn das sich mit Sicherheit noch weiter verbessern ließe.

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