Trendwende Elektromobilität – Die automobile Zukunft hat begonnen

Gastautor Portrait

Prof. Dr. Werner Olle

Direktoriumsmitglied des Chemnitz Automotive Institute (CATI)

Langjährige Erfahrung in der Automobil- und Zulieferindustrie als Unternehmensvorstand und Logistik-Manager. Deutscher Logistik-Preis 1998 mit der VW Sachsen GmbH für das Konzept ‘Produktion in Partnerschaft’, Mitwirkung bei der zweimaligen Auszeichnung mit dem elogistics Award für innovative Steuerungstools mit den Firmen Logis (2009) und Carnet (2013). Mitbegründer der Innovationsplattform FutureFab. Honorarprofessor an der Staatlichen Studienakademie in Sachsen. Fotoquelle: MediaLoge

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02. Juni 2021

Trendwende Elektromobilität

Im Oktober 2019 haben wir in einem Gastbeitrag für diese Plattform (The future starts now – Sachsen auf dem Weg in die automobile Zukunft) für das Jahr 2020 den Beginn einer nachhaltigen Trendwende zur Elektromobilität vorausgesagt, die bis 2025 ein dynamisches Wachstum auch der Produktion von Elektroautos in Deutschland zur Folge haben wird. Unsere damalige Prognose für das Jahr 2025 lautete:

  • Produktion von 1,6 Mio. voll-elektrischer PKW in Deutschland (entspricht ca. 30 % der inländischen Fahrzeugproduktion)
  • Sachsen wird TOP-Region mit dem Bau von 370.000 Elektroautos und einem Anteilswert von sogar 40-45 % an der Fahrzeugproduktion in der Region.

Eineinhalb Jahre danach lohnt es sich, diese Erwartungen und Prognosen kritisch zu prüfen.

2020 – Elektromobilität trotzt der Krise

Allein in Europa brachen die Neuzulassungen von PKW gegenüber dem Vorjahr um -25 % ein [...]

Prof. Dr. Werner Olle

Im Jahr 2020 wurde die Automobilindustrie Pandemie-bedingt in eine tiefe Angebots- und Nachfragekrise gestürzt. Allein in Europa brachen die Neuzulassungen von PKW gegenüber dem Vorjahr um -25 % ein, mit der Folge, dass in Europa auch 3 Mio. Fahrzeuge weniger produziert werden konnten.

In diesem krisenhaften Umfeld haben sich – auf Basis eines noch geringen Ausgangsniveaus – die Neuzulassungen von vollektrischen PKW (Battery Electric Vehicles BEV) mehr als verdoppelt, von Plug-in Hybriden (PHEV) sogar mehr als verdreifacht. Insgesamt verzeichnen diese elektrischen/ elektrifizierten Antriebe einen Zuwachs um 165 % gegenüber Vorjahr.

Überraschend war dabei der immense Zuwachs bei den Plug-in Hybriden, für die Deutschland – dank einer europaweit überdurchschnittlichen Förderung – den Hauptmarkt darstellt. Elektrische Fahrzeuge mit Brennstoffzellen-Antrieb (Fuel Cell Electric Vehicles FCEV) spielen auch bei den Neuzulassungen 2020 eine statistisch zu vernachlässigende Rolle. Europaweit wurden – nach nicht veröffentlichten Daten des Europäischen Automobilherstellerverbandes ACEA – lediglich 806 FCEV neu zugelassen.

Im Wettbewerbsvergleich zu China (mit einem Anteil von 80 % BEV an den in China abgesetzten E-Autos) ist dabei die Entwicklung der voll-elektrischen BEV von besonderer langfristig-strategischen Bedeutung, auf die wir uns im Folgenden fokussieren.

Trendwende basiert auf wachsender lokaler Produktion

Wesentlich für die eingeleitete Trendwende zur Elektromobilität ist der begonnene Auf- und Ausbau der Fertigung von Elektroautos in Europa. Während die Importe von Elektroautos aus außereuropäischen Fertigungsstandorten (Tesla, Hyundai/Kia, chinesische Newcomer) lediglich um 20 % gegenüber dem Vorjahr anstiegen, haben sich die Produktionszahlen in Europa mehr als verdoppelt.

2020 wurden an 25 Standorten in 10 europäischen Ländern bereits ca. 600.000 BEV produziert, davon gut 30 % an 8 Standorten in Deutschland. Deutschland ist damit bereits 2020 zum ‚Europameister‘ geworden. Dank der Entscheidung von Volkswagen, das Werk Zwickau zum Leitwerk der Elektromobilität umzubauen, ist auch die Region Sachsen bereits 2020 zur europäischen TOP-Region für den Bau von Elektroautos geworden.

Detaillierte Daten enthält unser E-Mobility Dashboard.

Dokumente und Downloads

CATI - E-Mobility Dashboard 2020 - Trendwende Elektromobilität - PDF

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Trend setzt sich 2021 fort …

Trotz der Produktionsbeeinträchtigungen, die sich für das laufende Jahr durch branchenweite Materialengpässe (insb. bei Halbleitern, Stahl, Kunststoffen) abzeichnen, wird sich die Produktion von Elektroautos in Deutschland und ebenfalls in der Region Sachsen nochmals verdoppeln.

Durch den Anlauf weiterer Modelle im Werk Zwickau (einschließlich von 3 Modellen für die Marken Audi/(Seat), den neuen EQ-Modellen von Mercedes Benz (in Rastatt und Sindelfingen) und dem Produktionsstart des BMW i4/iNext (in München und Dingolfing) erwarten wir für 2021 die Produktion von ca. 400.000 Elektroautos an deutschen Standorten (davon 280.000 in Sachsen).

Europaweit tragen u.a. neue Modelle von Skoda, Fiat/PSA incl. Opel dazu bei, dass die europaweite Produktion von Elektroautos bereits 2021 die 1 Mio. – Marke erreichen kann.

… und beschleunigt sich bis 2025

In Summe ist davon auszugehen, dass 2025 in Europa mindestens ca. 2,6 Mio. voll-elektrische PKW gebaut werden und davon ca. 1,6 Mio. Fahrzeuge in Deutschland.

Prof. Dr. Werner Olle

Ab 2022 kommen Jahr für Jahr neue Produkte und Standorte hinzu. Allein in Deutschland z.B. das Europa-Werk von Tesla in Grünheide, bei Volkswagen die Werke Emden und Hannover, das Ford-Werk in Köln u.a.

Sachsen wird durch die Voll-Auslastung der VW Standorte in Zwickau und Dresden, die Fertigung des Porsche Macan E in Leipzig (ab 2022) und die Fertigung eines weiteren E-Modells bei BMW in Leipzig (ab 2023 Mini Countryman auch als BEV) seinen Wachstumspfad fortsetzen können.

Auch europaweit sind im nächsten Jahrfünft bei Herstellern wie Renault und dem aus PSA und Fiat fusionierten Stellantis-Konzern deutliche Erhöhungen der bisherigen Planungen zu Elektroautos zu erwarten. Diese bauen – nach dem Vorbild von Volkswagen – zunehmend auch auf neuen, ausschließlich für E-Autos konzipierten Plattformen auf, die modell- und markenübergreifend rasche Volumensteigerungen ermöglichen. Nach dem Vorbild von Hyundai (mit der Produktion eines Elektroautos in Tschechien) ist auch von anderen asiatischen Herstellern eine Produktion auch an europäischen Standorten erwarten.

Fazit

In Summe ist davon auszugehen, dass 2025 in Europa mindestens ca. 2,6 Mio. voll-elektrische PKW gebaut werden und davon ca. 1,6 Mio. Fahrzeuge in Deutschland. Damit bestätigen wir unsere Prognose aus dem Okt. 2019.

Für den Zeitraum ab/nach 2025 ist durch vielfältige Einflussfaktoren ein erhöhter Wachstumsschub zu erwarten. Zu diesen Einflussfaktoren gehören

  • neue CO2-Limits in Folge des Green Deal
  • verbesserte Lade-Infrastrukturen
  • wachsende Kundenakzeptanz
  • technische und preisliche Optimierung bei Batterien, die ab Mitte der 20er Jahre zu erwarten sind,
  • der Ausstieg einer wachsenden Zahl von Automobilherstellern aus dem Verbrenner-Segment ab 2030/2035.

Im Zuge dieser Entwicklung dürfte sich die Nachfrage nach neuen PHEV sukzessive verringern.

Ungeachtet dieses Wachstums von Elektroautos verbleibt allein in Deutschland ein Millionen-facher Bestand an Fahrzeugen mit Verbrenner-Motoren, für die es noch keine umfassende umweltverträgliche Lösung gibt.

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