Es regnet in Deutschland. In diesem Sommer mal wieder so außergewöhnlich, dass Landkreise in Niedersachsen und Thüringen den Katastrophenfall ausrufen mussten. Bereits zum zweiten Mal hat der Starkregen in diesem Sommer auch die Bundeshauptstadt heimgesucht. Wasser, das bei uns zu viel von oben kommt, fehlt in Südeuropa. Der Po, größter Fluss in Italien, führt Niedrigwasser. Die Wasserentnahme durch die Landwirtschaft wurde reduziert. Unter Trockenheit und Hitze leiden auch die Iberische Halbinsel und Frankreich. Temperaturen über 40 Grad waren früher regionale Besonderheiten. Heute treten solche Phänomene großflächiger und häufiger auf.
Extreme Hitze und Extremregen sind zwei Seiten einer Medaille
2002 war das Jahr mit dem ersten Jahrhunderthochwasser des neuen Jahrzehnts an der Elbe. Im damaligen Klimastatusbericht des Deutschen Wetterdienstes beschrieben die Wissenschaftler in Auswertung der Statistiken, „[…] dass sowohl die Anzahl der Tage mit starken Niederschlägen zugenommen hat als auch die Niederschlagsintensität an solchen Tagen.“ Schon in den 1980er Jahren prognostizierten die Klimaforscher eine Zunahme von Extremwetterer-Eignissen (sowohl Stürme, Regen als auch Trockenheit), wie wir sie nun immer häufiger beobachten. Stefan Rahmstorf vom PIK in Potsdam erklärte den Lesern seines Blogs bereits im letzten Jahr, wie globale Erwärmung und Extremregen zusammen hängen: „Bei den Starkniederschlägen, die aus feuchtegesättigten Luftmassen fallen, nimmt die Regenmenge tendenziell um 7 % pro Grad Erwärmung zu. Diese Anstiegsrate ist als „CC-Rate“ bekannt, da sie sich aus der Clausius-Clapeyron-Gleichung der Physik ergibt, die den Sättigungs-Dampfdruck von Wasser als Funktion der Temperatur beschreibt.“
Extreme Hitze und extreme Regenfälle sind nach einer Untersuchung des DWD im Sommer zwei Seiten der gleichen Medaille: „Das bedeutet, grundsätzlich ist mit einem Rückgang der Anzahl der Tage mit Niederschlag zu rechnen, an den Tagen, an denen es aber regnet, sind häufig sehr intensive Ereignisse zu erwarten.“
Zum Glück gibt es die Automobilindustrie
Dieser Sommer erinnert uns (mal wieder) sehr eindrucksvoll an die Bedeutung der Energiewende. Fast schon erschreckend ist, dass der Zusammenhang von Energiewende und Klimaschutz in der gesellschaftlichen Diskussion nur noch eine marginale Rolle spielt. Auch im Bundestagswahlkampf stehen Klimaschutz und Energiewende thematisch am Rande. Da kann man von Glück reden, dass es die deutsche Automobilindustrie gibt. Mit der Aufdeckung des Verdachts, dass die Creme de la Creme der deutschen Hersteller über Jahrzehnte ein Kartell gebildet hat, brachte die Autoindustrie das Thema Umwelt rechtzeitig zum Sommerloch auf die Titelseiten.
Wir wollen keine Vorverurteilung betreiben. Es gilt zu konstatieren, dass der Verkehrssektor in 25 Jahren keinen Beitrag zum Klimaschutz geleistet hat. Statt ihrer Verantwortung gerecht zu warden, haben die Automanager und ihre mächtigen Verbände einen Schwall von Ausreden über uns ergossen und es immer wieder geschafft, hinreichend viele Politiker zu finden, die ihren Forderungen willfährig gefolgt sind.
Dieser Sommer sollte uns an unsere persönliche Verantwortung erinnern
Bevor wir aber nun die Autolobbyisten und die Abgeordneten, die stets ihre schützende Hand über Deutschlands wichtigsten Industriezweig hielten, in einen Sack stecken und virtuell verprügeln, sollten wir kurz innehalten. Wer hat denn die vielen Autos gekauft, die immer schneller und schwerer wurden? Wer hat die vielen Kleinwagen mit besseren CO2 –Werten in den Räumen der Händler stehen gelassen?
Dieser Sommer sollte uns alle an unsere Verantwortung für den Klimaschutz mahnen. Die SUV-Fahrer wie die Viel-Flieger und die Power-Konsumenten: Wir alle sind Teil der „Vielverbrauchsgesellschaft“ (Felix Ekardt). Mit einer Dichte von 684 Kfz je 1.000 Einwohner haben wir einen neuen Rekord aufgestellt. Wer meint, wir könnten die Welt retten, wenn wir so weiter konsumieren wie bisher, ist schief gewickelt. Die Umstellung von 45,8 Mio. Pkw vom Verbrennungsmotor auf einen elektrischen Antrieb wird die Umwelt nicht entscheidend entlasten.
Dieser Sommer, der uns mahnt, zügiger und entschlossener als bisher die Energiewende voran zu treiben, sollte uns auch ganz persönlich an unsere Verantwortung erinnern. Das Spiel, wahlweise der Politik oder der Industrie den schwarzen Peter zuzuschieben, macht so lange keinen Sinn, wie wir in unseren kollektiven Denk- und Handlungsmustern gefangen bleiben. In Anlehnung an John F. Kennedy wäre zu sagen: Frage nicht, was die Energiewende dir bringt, sondern was Du für die Energiewende tun kannst.
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Up-date 28. Juli: Einen Tag nach dem Erscheinen dieses Beitrages veröffentliche Die Zeit den Beitrag: „Starkregen: Ja, das ist der Klimawandel.“ Sehr zu empfehlen.
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Wir gehen heute in die Sommerpause
Der Energiewendeblog geht in die Sommerpause. Wir melden uns wieder in der ersten Septemberwoche. Als neuen Schwerpunkt kommt die Elektromobilität in den Blog – von der Ladeinfrastruktur über die ökologische Bewertung bis hin zu Fragen des Lifestyles. Wer sich als Gastautor beteiligen möchte, schreibe bitte an kontakt@dialog-energie-zukunft.de.
Und vor der Bundestagswahl wollen wir durch die Brille der Energiewende noch einmal einen Blick auf die Parteien werfen. Bis dahin: gute Erholung und einen schönen Urlaub.
Windmüller
vor 7 JahrenBin vom Klimawandel auch betroffen. Mit zwei Nachbarn hatten wir geplant, ganz klimaschonend den Unstrut Radweg von Silberhausen nach Naumburg/Saale zu fahren, mit der Bahn nach Halle/Saale zu fahren, und anschließend den Weisse Elster Radweg umgekehrt von der Mündung zur Quelle in Tschechien zu fahren. Nun sah man gestern Bilder im Fernsehen, dass der Unstrut Radweg bei Artern abgesoffen ist. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Trotzdem schönen Sommer bis September