Power-to-X Konzepte zur Herstellung von grünen Kraftstoffen

Gastautor Portrait

Florian Möllenbruck

Universität Duisburg-Essen

Florian Möllenbruck, Jahrgang 1985, hat in Bochum Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Energie- und Verfahrenstechnik studiert. Seit 2014 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik der Universität Duisburg-Essen. Seine Forschungsgebiete sind experimentelle Untersuchungen und Simulationen zur CO2-Abscheidung aus Rauchgasen und die Simulation von Power-to-X-Konzepten wie der Methanolherstellung.

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28. Januar 2019
Verkehrsstau auf Autobahn

Motivation und Einleitung

Spezifische Emissionen Pkw (Emissionen Pkw / Verkehrsaufwand Pkw) in Deutschland nach [6]
Abbildung 1: Spezifische Emissionen Pkw (Emissionen Pkw / Verkehrsaufwand Pkw) in Deutschland nach [6]

Um die Klimaziele der Politik zu erreichen, muss der Beitrag des Verkehrssektors an den CO₂-Emissionen in den nächsten vier Jahrzehnten weltweit um 50 Prozent (%), in den Industriestaaten um mindestens 85 %, im Vergleich zu heute gesenkt werden [1][2].

Der Gesetzgeber hat stufenweise Abgasvorschriften für neu zugelassene Fahrzeuge verschärft, woraufhin Autohersteller Motoren und Abgastechnik technisch verbessert haben. Des Weiteren verpflichtete der Gesetzgeber dazu, die Qualität des in den Verkehr gebrachten Kraftstoffes zu verbessern. Dadurch verringerten sich u.a. die spezifischen Schwefeldioxidemissionen bis zum Jahr 2017 gegenüber dem Ausgangsniveau im Jahr 1995 um rund 98%. Die spezifischen CO₂-Emissionen des Pkw-Verkehrs nahmen allerdings nur um 15% ab (siehe Abbildung 1), mit der Konsequenz, dass die gesamten CO2-Emissionen im Verkehrssektor zwischen 1990 (163 Mio. Tonnen CO2-Äq.) und 2017 (161 Mio. Tonnen CO2-Äq.) nahezu konstant geblieben sind [1][3][4].

Ein vielversprechender Ansatz zur Reduktion der CO₂-Emissionen im Verkehr ist die intelligente Kopplung der verschiedenen Sektoren. Unter dem Begriff Power-to-X (P2X) werden Technologien zusammen-gefasst, die auf eine Umwandlung von elektrischer Energie in stoffliche Energiespeicher, Energieträger und energieintensive Chemieprodukte zielen [4]. Diese Konzepte beinhalten eine direkte Verknüpfung zwischen energetischer und stofflicher Wertschöpfungskette und haben damit gleichzeitig ein besonderes Potenzial für die Verringerung des Einsatzes von fossilen Rohstoffen in den für den Wirtschaftsstandort Deutschland essentiellen Sektoren Energiewirtschaft, Chemie und Verkehr.

Durch die Nutzung (Carbon Capture and Utilisation, CCU)) erhält Kohlenstoffdioxid eine Wertsteigerung. Obwohl CO2 als Verbrennungsprodukt mit einer Standardbildungsenthalpie von -393,51 kJ/mol unreaktiv ist, kann es mit hochreaktiven Reaktionspartnern wie z.B. Wasserstoff zu nützlichen Produkten umgesetzt werden [5][6]

Sektorenkopplung

Die Sektorenkopplung umfasst „alle Maßnahmen, die zu einem Zusammenwachsen der Sektoren Strom, Mobilität, Wärme und Produktion und ihrer jeweiligen Infrastrukturen führen“ [7]. Die Technologien zur stärkeren Vernetzung fallen unter den Terminus Power-to-X (PtX bzw. P2X). Dieser bezeichnet einen Sammelbegriff, der alle Sektorenkopplungs-Technologien umschließt. Folgende Sektorenkopplungspfade werden derzeit eingesetzt oder getestet [8][9]:

  • Power-to-Heat: Erzeugung von Wärme über einen Elektrokessel oder über Wärmepumpen.
  • Power-to-Gas: Erzeugung eines Brenngases durch Zerlegung von Wasser mittels Elektrolyse und teilweise nachgeschalteter Methanisierung.
  • Power-to-Chemicals: Nutzung von Überschussstrom in der Industrie zur gezielten Erzeugung von Plattformchemikalien.

Im Rahmen dieser Publikation steht der Pfad Power-to-Fuel (P2F) zur Herstellung von synthetischen Kraftstoffen im Fokus. Synthetische Kraftstoffe können in einem katalytisch aktivierten Prozess aus Wasserstoff (H2) und Kohlenstoffdioxid (CO2) hergestellt werden, haben im Gegensatz zu Wasserstoff eine hohe volumetrische Dichte und bieten die Möglichkeit einer langen Speicherdauer.

Möglichkeiten der Kopplung der Sektoren Strom, Mobilität, Wärme und Produktion
Abbildung 2: Möglichkeiten der Kopplung der Sektoren Strom, Mobilität, Wärme und Produktion

Beispiel für die Kopplung der Sektoren: Gas- und Dampfturbinenkraftwerk mit Methanolsynthese
Abbildung 3: Beispiel für die Kopplung der Sektoren: Gas- und Dampfturbinenkraftwerk mit Methanolsynthese

Eine beispielhafte Kopplung zwischen den Sektoren Strom und Industrie bzw. Mobilität ist die Integration einer Power-to-Methanol-Anlage an einem Kraftwerksstandort (siehe Abbildung 3). Fossil befeuerte Kraftwerke sind besonders hinsichtlich der Netzstabilität als Brückentechnologie für die Energiewende von Bedeutung. Beim Betrieb von Kraftwerken wird CO2 emittiert, welches in einer chemischen Wäsche vom Rauchgas abgetrennt und zur Verwertung in einem Syntheseschritt genutzt werden kann. Durch die Aufnahme von (überschüssigem) Strom kann die Methanolsynthese mit elektrolytisch hergestelltem Wasserstoff gespeist werden.

Aufgrund der bestehenden Infrastruktur rund um ein Kraftwerk ist die Bereitstellung von Betriebsmitteln wie Strom, Dampf und Kühlwasser ebenfalls gegeben.

Neben Strom und Wärme besteht die Möglichkeit ein weiteres Produkt herzustellen. Bei der Produktion von Methanol aus CO2 kann der ansonsten beim konventionellen Methanolprozess benötigte Primärenergieträger Erdgas substituiert werden.

Literatur

[1] UMWELTBUNDESAMT (UBA), 2017. Daten zum Verkehr [online]. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt [Zugriff am: 27.05.2018]. Verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/daten-verkehr

[2] HEDRICH, K. und andere, 2018. Klimaneutrale Mobilität im Straßenverkehr In: BWK – das Energie-Fachmagazin. 04(18), S.18 – 24

[3] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), 2016. Klimaschutzplan 2050. Klimaschutzpolitische Grundsätze und Ziele der Bundesregierung. Berlin: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB)

[4] EnergieAgentur.NRW, 2018. Sektorenkopplung als Herausforderung und Chance für das Energieland NRW. Düsseldorf: EnergieAgentur.NRW

[5] MARKEWITZ, P. und andere, 2012. Worldwide innovations in the development of carbon capture technologies and the utilization of CO2. In: Energy Environ 5(12): S. 7281-7305

[6] OTTO, Alexander, 2015. Chemische, verfahrenstechnische und ökonomische Bewertung von Kohlendioxid als Rohstoff in der chemischen Industrie [Dissertation]. Aachen: Universität

[7] GÖRNER, Klaus, 2018. Sektorenkopplung am Beispiel Energie-Chemie [PowerPoint-Präsentation]. Oberhausen: Fraunhofer UMSICHT, 08.11.2018

[8] GÖRNER, Klaus, 2015. Virtuelles Institut Strom zu Gas und Wärme [PowerPoint-Präsentation]. Düsseldorf: EnergieAgentur.NRW, 19.11.2015

[9] GILS, H.C. und andere, 2016. Sektorenkopplung als Baustein der Energiewende. In: ForschungsVerbund Erneuerbare Energien 1(16): S. 31-35

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  1. Manfred Korn

    vor 3 Jahren

    Guten Tag,

    ich fahre aus Überzeugung seit 4 Jahren ein Kfz mit Erdgasmotor und ich bin sehr zufrieden.

    Mich würde interessieren, wie Sie zu dieser Antriebsart stehen und wie Sie die Zukunft sehen?

    Der Verbrauch liegt bei nur 3,1 kg/100 km in der bisher 68 000 km und damit rechnerisch
    einem CO2 Ausstoß von 85 g/km.

    Zudem tanke ich Bio-Methan der 2. Generation an einer Tankstelle in S-Vaihingen, so daß
    der CO2 Ausstoß nahezu Null ist.

    In der Presse ist darüber inzwischen berichtet worden.
    https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.erdgas-auto-in-stuttgart-moehringen-sein-fiat-tankt-umgewandeltes-stroh.166837d2-c585-4e1d-86cb-69beaa95b0a8.html?reduced=true
    und
    https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.neues-angebot-in-stuttgart-sogar-muellautos-tanken-nun-klimafreundliches-biogas.0c5e4f02-e03b-4b98-bea4-9a43f87244b5.html?reduced=true

    Ich fände es wichtig, daß diese Umweltfreundliche und verfügbare Antriebsart nicht
    vergessen oder ignoriert wird. Fast allen, denen ich davon berichte, sind interessiert
    und sehen hier eine relativ unbekannte (warum) Möglichkeit - neben der e-Mobilität -
    etwas gegen den Anstieg des CO2-Niveaus zu tun, der ungebrochen ist (Diagramm).

    Ich bedanke mich für Ihr Interesse und würde mich über Kommentare freuen.

  2. Hubertus Grass

    vor 3 Jahren

    Lieber Herr Korn,
    es ist toll, dass Sie sich Gedanken machen und eine sehr gute Lösung für Ihre Mobilität gefunden haben. Leider taugt diese Lösung nicht für die Masse. Wir haben es bei allen Formen der Energiepflanzen (ob Mais bei uns, Zuckerrohr in Brasilien, Palmöl in Indonesien, auch bei den europäischen Pellets) erlebt, dass Angebot und Nachfrage nicht ökologisch zu steuern sind. Regt man den Anbau der NaWaRos (nachwachsende Rohstoffe) an, kommt es immer wieder zu
    ungewünschten Effekten - von der Vermaischung der Landschaft bis zum Abbau des Regenwaldes oder dem illegalen Einschlag in Rumänien. Diese Form der Energie ist zu eng begrenzt, um als Lösung für alle zu dienen. Daher: Was für Sie eine gute Zwischenlösung ist, ist leider als Rezept für eine automobile Weltgesellschaft nicht geeignet. Schon heute (!!) werden mehr Flächen für den Anbau von Energiepflanzen (16%) genutzt als für den Anbau von Nahrungsmitteln (15%). Perspektivisch müssen wir auf Strom aus EE-Quellen umstellen. Davon gibt's genug und günstig ist er auch.
    Hubertus Grass

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