Energie-Reporter Tim Schneider in Südafrika

Tim Schneider

Energie-Reporter

Energie-Reporter Tim Schneider berichtet für uns aus Südafrika über die Energieinfrastruktur.

weiterlesen
09. November 2021

Energiewandel in Südafrika

(Süd)-Afrika die Energiewende allein zu überlassen bedeutet, dass es noch viele Jahrzehnte dauert, bis sich hier etwas tut.

Tim Schneider

Beitrag vom 06. Dezember 2021

Während in Deutschland und Europa der Klimawandel, konkret auch jetzt durch die neue Bundesregierung, immer mehr in den Mittelpunkt wandert, gibt es hier in Südafrika zu viele andere Probleme, als dass man sich ernsthaft mit dem 1.5°C Ziel, Strom aus erneuerbaren Energien oder CO2 Verminderung beschäftigt. Dabei sind die Auswirkungen, die der Klimawandel hat, auch hier spürbar. Es wird durchschnittlich immer wärmer, Wassermangel ist jedes Jahr ein Thema und das Wetter spielt immer öfters verrückt.

Über 80% der erzeugten Energie kommt aus konventionellen Energieträgern wie Kohle und Atomkraft, nur sehr geringe Mengen aus erneuerbaren Energien. Einen Netzanschluss haben offiziell nur ungefähr 95% der Haushalte. In ländlichen Gegenden sogar nur ca. 90%. Gerade Townships hängen sich oft illegal und ohne Wissen des Energieversorgers ans Netz, da für sie Strom zu teuer ist.

Teurer, konventioneller und durch Load Shedding nicht immer verfügbarer Strom kommt einem hier ironisch vor, wenn man bedenkt, wie viel Ausbaupotenzial Südafrika hat. Windkraft aus Offshore-Windparks, PV auf den Dächern – es gibt viele Möglichkeiten, günstigen und grünen Storm zu erzeugen. Jedoch fordert dies hohe Einmalinvestitionen, die hier nicht getätigt werden können, geschweige denn könnte das Netz die erneuerbare Energie übertragen.

(Süd)-Afrika die Energiewende allein zu überlassen bedeutet, dass es noch viele Jahrzehnte dauert, bis sich hier etwas tut. Schlauer wäre es doch, wenn wohlhabende Industrienationen sich als Entwicklungspartner bereiterklären würden. Indem in naher Zukunft unterstützt wird, Südafrika weg von konventionellen und hin zu erneuerbaren Energien zu bringen, könnten Jahre voller Emissionen durch Kohle- und Atomverstromung vermieden und somit eventuell

(Süd)-Afrika die Energiewende allein zu überlassen bedeutet, dass es noch viele Jahrzehnte dauert, bis sich hier etwas tut. Schlauer wäre es doch, wenn wohlhabende Industrienationen sich als Entwicklungspartner bereiterklären würden. Indem in naher Zukunft unterstützt wird, Südafrika weg von konventionellen und hin zu erneuerbaren Energien zu bringen, könnten Jahre voller Emissionen durch Kohle- und Atomverstromung vermieden und somit eventuell auch der Klimawandel nach vorne gezogen werden. Hierfür gibt es bereits Handlungsfelder und Faktoren, die beachtet werden müssen.

Zentrale Handlungsfelder für die Entwicklungspartner, Energiewende für Afrika, 2020 (Quelle: https://irena.org//media/Files/IRENA/Agency/Publication/2021/March/Renewable_Energy_Transition_Africa_2021_DE.pdf)

Wie bei vielen Problemen, die es hier in Südafrika gibt, stellen sich die Lösungen als schwierig dar. Zu viele Unterschiede gibt es innerhalb der Bevölkerung, zu viele verschiedene Sichtweisen [...]

Tim Schneider

Doch rund 90,000 Jobs hängen allein an der Kohleverstromung. Bei der allgemein schon hohen Armut und Arbeitslosigkeit ist der Aufschrei, den Kohlestrom verringern zu wollen, groß. Hier muss natürlich geschaut werden, wie die Transition hin zur erneuerbaren Erzeugung gelingt, ohne die vielen Menschen zu vergessen – auch vor dem Hintergrund, dass diese Investitionen auch genutzt werden könnten, um den Ärmsten zu helfen und somit von vielen negativ aufgegriffen wird.

Hinzu kommt, dass der Gedanke der erneuerbaren Energie, besonders mit dezentraler Erzeugung, sich aktuell noch schwertun dürfte. Als alleiniger Energieversorger hat ESKOM ein Monopol, welches nicht gerade förderlich ist. Durch Krisen geplagt, mit alternder Infrastruktur und unterfinanziert bzw. verbunden mit Korruption scheint das Licht am Ende des Tunnels weit weg zu sein. Darüber hinaus wird die Energiewende hier leider nicht von Regierung und Energieversorger selbst getrieben, sondern von einflussreichen, reichen Südafrikanern, die den hohen Stromkosten und lückenhafte Stromversorgung entgegenwirken wollen, um eine bezahlbare und verlässliche Stromversorgung zu bekommen.

Wie bei vielen Problemen, die es hier in Südafrika gibt, stellen sich die Lösungen als schwierig dar. Zu viele Unterschiede gibt es innerhalb der Bevölkerung, zu viele verschiedene Sichtweisen – und das mit einer Regierung, die für viele Südafrikaner, vorrangig von weißen Südafrikanern, als nicht handlungsfähig beschrieben wird, jedoch von der Mehrheit der schwarzen Bevölkerung gewählt wird, da sie eine Regierung wollen, die die südafrikanische Bevölkerung widerspiegelt.

Durch diese Grundsatzprobleme gestaltet sich nicht nur das alltägliche Leben, sondern in diesem Fall eben auch die Energiewende, als Mammutaufgabe, die es zu bewältigen gilt. Da einerseits die notwendigen Mittel nur teilweise zur Verfügung stehen, andererseits die Mittel nicht unbedingt korrekt eingesetzt werden, da Korruption immer noch ein großes Thema ist, gibt es hier viele Baustellen, die angegangen werden müssen.

Als Hindernisse können also mehrere Punkte herausgearbeitet werden:

Erstens behindert das Monopol von ESKOM ein Voranschreiten hin zur Energiewende. Nicht zuletzt, durch mangelnde Planung, fehlender Voraussicht und Korruption.

Zweitens wird die Energiewende nicht von der Regierung, sondern durch wohlhabende Personen getrieben. Durch fehlende Unterstützung bzw. durch Regierungskorruption ist es hier schwer, einen Fortschritt zu generieren.

Drittens gibt es aktuell immer noch andere Probleme, die als wichtiger erscheinen als der Klimawandel. Viele leben an oder unter der Armutsgrenze und sehen hier keinen Grund, Geld in neue Technologien zu stecken, wenn sie nicht einmal Unterstützung bekommen, um ein anständiges Leben leben zu können.

Plastikmüll, Recycling und die wichtige Rolle der rund 60,000 „Waste Pickers“

Verpackungstüten, wenn man eine Packung Hähnchen kauft

Foto: Stiftung / Tim Schneider

Beitrag vom 20. Oktober 2021

Während speziell in der EU das Reduzieren und das Recyceln von dennoch anfallendem Plastik gerade seit dem Verbot von Einwegplastik in 2021 vorangetrieben wird, gibt es in Südafrika einfach zu viele andere Probleme, um dies als ein zentrales Thema zu sehen.

Geht man hier einkaufen, so wird man unweigerlich an der Kasse gefragt, ob man eine Plastiktüte möchte. Obwohl man zustimmen muss, da eine Plastiktüte 7-8 Rand kostet (ca 40ct), wird eigentlich erwartet, dass man zustimmt. Für einen normalen Einkauf, der mir einige Tage reicht, werden da schon mal 3-4 Plastiktüten fällig. Noch nicht miteingerechnet ist dabei, dass sowohl meine Packung Hackfleisch als auch die Seife nochmal extra in eine kleine Tüte eigepackt werden. Ganz zu schweigen von der Styroporschale und der Plastikfolie, die das Hackfleisch umhüllt. Gleiches gilt etwa beim Kauf von Alkohol. Der Sixpack Bier ist in Plastik eingeschweißt und die erste Frage an der Kasse ist natürlich: „Plastiktüte?“. Ganz schön surreal, wenn man bedenkt, dass die meisten Leute in Deutschland entweder einen Einkaufskorb haben oder Studenten wie ich einfach einen Rucksack mitbringen, um den Einkauf zu transportieren. Und hier? Hier werde ich bei meinen regelmäßigen Einkäufen schon fast etwas schräg angeschaut, wenn ich mit meinem Rucksack auftauche und antworte, dass ich keine Tüte bräuchte. Man hat fast das Gefühl, die Kassierer und Kassiererinnen wissen nicht so ganz recht, was sie tun sollen (denn hier in Südafrika wird einem der Einkauf eingepackt, sodass man nichts selbst machen muss).

Wo man also hinschaut, es gibt überall Plastiktüten. Und das wird sich in den kommenden Jahren vermutlich auch nicht so wirklich ändern. Zu groß ist einfach der Komfort, für ein paar Rand Tragetüten zu bekommen, um den Einkauf nach Hause zu transportieren.

Recycling und Waste Pickers

Nachdem man seinen Müll gesammelt hat, wirft man ihn in die Mülltonne. Genau da fängt das nächste Problem an. Obwohl theoretisch nach „recycelbar“ und „nicht recycelbar“ getrennt wird, landet der Müll häufig eben nicht getrennt in der schwarzen Tonne, die für alles genutzt wird. Dieser Müll wird dann zu den Mülldeponien gebracht – dabei hat die Mülldeponie von Stellenbosch schon 2019 ihre Obergrenze erreicht, sodass nun neue Deponien gebaut werden müssen. Die neue Mülldeponie, welche Anfang 2021 errichtet wurde, soll zukünftigen Müll strenger trennen und recycelbar machen.

Dabei wird Müllabfuhr hier in Südafrika stark unterstützt – von sogenannten „Waste Pickers“. Man sieht sie fast jeden Tag, wenn man durch die Stadt läuft. Oft mit zerrissenen, alten Klamotten, oft mit Bauarbeiterjacken. Sie gehören zu dem Teil der südafrikanischen Gesellschaft, die am Wenigsten haben. Sie durchsuchen sowohl Müll in öffentlichen Mülleimern als auch Müllsäcke und Mülltonnen vor Privathäusern. Aluminiumdosen, Pappe oder anderer verwertbarer Müll – sie sammeln ihn, um dann später ein kleines Entgelt zu bekommen. Rund 60,000 Waste Pickers verdienen somit täglich rund 30-40 Rand (umgerechnet ca. 2€) und können sich somit vor der absoluten Armut schützen. Die United Nations Industrial Development Organization (Unido) schätzt, dass rund 90% des Recyclings so durch die Waste Pickers erfolgt. Somit bietet dies eine essenzielle Einkommensquelle für diejenigen, die am Wenigsten haben.

Doch auch in Südafrika wird die Müllabfuhr immer besser und somit das Leben für die Waste Pickers immer härter. Da die Müllwagen früh morgens fahren, müssen sie sich bemühen, früher da zu sein, um den Müll durchforsten zu können, um recycelbare Materialien zu finden. Die Annehmlichkeiten für diejenigen mit Geld, nämlich ein gut funktionierendes Müllsystem, wird somit zur Bedrohung für viele Menschen in Südafrika.

Quellen

https://www.iol.co.za/news/environment/for-waste-pickers-one-mans-trash-becomes-another-ones-treasure-52886b8f-2243-4d55-b108-4eca0f90693c

https://stellenbosch.gov.za/2021/03/25/stellenbosch-launches-new-waste-material-recovery-facility/

„Load Shedding“ in Südafrika

Beitrag vom 18. Oktober 2021

In diesem Video berichtet Tim Schneider über das Problem mit dem sogenannten „Load Shedding“. Die Menschen in Südafrika sind mittlerweile daran gewöhnt, dass sie über Stunden hinweg keinen Strom zur Verfügung haben. Tim erklärt die Ursachen für dieses Problem und zeigt auf, welche Fehler die Regierung dabei gemacht hat. Load Shedding dient dazu, die Stromversorgung für die sogenannte Kritische Infrastruktur sicherzustellen. Tim zeigt des Weiteren, welche Maßnahmen dabei helfen können, die Zeit während eines Load Sheddings gut zu überstehen.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Diskutieren Sie mit

Ich akzeptiere die Kommentarrichtlinien sowie die Datenschutzbestimmungen* *Pflichtfelder

Artikel bewerten und teilen

Energie-Reporter Tim Schneider in Südafrika
0
0