Sowohl in Sibirien als auch im Westen der USA brennen in 2020 großflächig die Wälder ab. Die Wissenschaft ist sich einig, dass der Klimawandel für diese Zerstörung mitverantwortlich ist. Wie geht es dem deutschen Wald im Klimawandel? Immerhin ist die globale Mitteltemperatur mit 2° in Deutschland überdurchschnittlich gestiegen.
Der deutsche Wald brennt noch nicht. Aber es ist nur eine Frage der Zeit.
Der deutsche Wald ist für den Klimawandel nicht gerüstet.
Der Klimawandel entfacht keine Brände. Aber er begünstigt sie. Langanhaltende Trockenzeiten und höhere Temperaturen schaffen die Voraussetzungen für Waldbrände. Und die Lage des Waldes ist in manchen Regionen extrem schlecht. „Im Durchschnitt aller Baumarten war der Kronenzustand noch nie so schlecht wie 2019“ so der Waldzustandsbericht. Experten schätzen, dass wir die Hälfte des deutschen Waldes verlieren werden. Denn nicht nur Kiefer und Fichte, die den großen Teil der Wirtschaftswälder ausmachen, sind bedroht, auch Eichen und Buchen leiden unter der Dürre.
Der deutsche Wald ist für den Klimawandel nicht gerüstet. Obwohl Hochschulen seit Jahrzehnten lehren, dass eine naturnahe Waldbewirtschaftung das Ökosystem Wald stressresistenter macht, wächst nur ein sehr kleiner Teil von 2,8% des deutschen Waldes naturnah. Noch immer herrschen Monokulturen in den Wirtschaftswäldern vor. Ähnlich wie unsere Äcker wurde der Wald auf Ertrag getrimmt. Optimiert für die Ernte durch große Maschinen verlieren Wirtschaftswälder ihre Funktion und – wie sich jetzt zeigt – ihre Widerstandskraft.
Wald und Klimaschutz
Der Versuch, mit dem Wald schnellen und maximalen Ertrag zu holen, hat nur kurzfristig funktioniert.
Ein funktionierendes Ökosystem Wald ist eine natürliche Kohlenstoffsenke. Waldboden und Bäume speichern über Jahrhunderte Kohlenstoff. Außerdem hat unser Wald eine wichtige Funktion in der Erhaltung der Biodiversität. In Totholz zum Beispiel spielt sich mehr Leben ab als in gesunden Bäumen. 2007 setzte die Bundesregierung sich das Ziel, fünf Prozent des deutschen Waldes als Wildnis bis 2020 aus der wirtschaftlichen Nutzung heraus zu nehmen. Nicht annähernd wurde diese Quote erreicht.
„Besonders gegenüber klimatischen Veränderungen sind naturnahe Wälder anpassungsfähiger. Wesentliche Merkmale naturnaher Wälder sind viele alte und dicke Laubbäume wie Buchen und Eichen, ein geschlossenes Blätterdach und große Mengen von lebendem und abgestorbenen Holz. Durch Verdunstung von Wasser, das sowohl im lebenden wie im abgestorbenen Holz vorhanden ist, schafft sich der Wald ein eigenes Klima, extreme Hitze wird so abgepuffert. Naturnahe Wälder können so besonders Dürre und Hitzeperioden unbeschadeter überstehen“, so der NaBu.
Der Versuch, mit dem Wald schnellen und maximalen Ertrag zu holen, hat nur kurzfristig funktioniert. Nach großflächigen Zerstörungen durch Stürme wie Kyrill und Lothar sowie den durch die Trockenheit eingetretenen Schäden sind die Holzpreise im Keller. Die Kosten für die Beräumung des Waldes von den kranken Beständen werden kaum durch den Verkaufspreis gedeckt. Dazu kommen die Kosten für die Wiederaufforstung. Es ist eine Jahrhundertaufgabe.
Wie es funktionieren kann mit dem Waldumbau, ist im Lübecker Stadtwald zu besichtigen. „Während viele Wälder in Deutschland massiv unter den Klimaextremen leiden, sieht es im Lübecker Stadtwald verhältnismäßig gut aus. Während in anderen Wäldern etwa riesige Areale vom Borkenkäfer befallen sind, wurden im Lübecker Stadtwald nur einzelne Bäume vom Schädling angegriffen. Ein Vorbild für andere Waldbesitzer? Fehlanzeige! Immer wieder werfen Kollegen dem Förster Knut Sturm vor, dass sein Wald nicht genug Profit abwirft. Seine Strategie sei nur dank der fruchtbaren Böden im Lübecker Stadtforst erfolgreich und auf andere Regionen nicht übertragbar. Doch Knut Sturm hat eine Mission. Er will mit den Vorurteilen aufräumen und zeigen: Naturnaher Wald ist die Zukunft, er wirft Geld ab und übersteht jede Krise“ (arte)
Wie der Lebensraum Wald funktioniert, lässt sich im Bayerischen Wald lernen. Vor 50 Jahren entstand hier der erste deutsche Nationalpark. Weil man den Wald Wald sein ließ und weder nach den Zerstörungen durch Stürme noch bei massiven Borkenkäferinvasionen eingriff, kehrte mit den Jahren nicht nur ein artenreicher, robuster Wald zurück. Mit insgesamt rund 11.000 Tier-, Pilz- und Pflanzenarten ist Deutschlands ältester Nationalpark so reich an Lebensvielfalt wie kein zweiter Ort in Deutschland. Wir bräuchten mehr davon, wenn wir den Herausforderungen des Klimawandels trotzen wollen.
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