War watt? Grass stromert durchs Netz

Gastautor Portrait

Hubertus Grass

Kolumnist

Nach Studium, politischem Engagement und Berufseinstieg in Aachen zog es Hubertus Grass nach Sachsen. Beruflich war er tätig als Landesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Prokurist der Unternehmensberatung Bridges und Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden. 2011 hat er sich als Unternehmensberater in Dresden selbständig gemacht.

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16. Mai 2014

Was für ein Wochenende!  Weniger als erwartet, aber immerhin 12.000 Demonstranten protestierten am Samstag in Berlin gegen die Energiepolitik der BundesregierungUnd dann informierte SPON über einen vermeintlichen Geheimplan von E.ON, RWE und EnBW, ihre bisher für den Rückbau der AKWs ausgewiesenen Rückstellungen in Höhe von 35 Milliarden Euro in eine Stiftung einzubringen.
Endlich konnte man sie wieder klar und deutlich sehen, die bekannten Feindbilder und die alten Schützengräben, in denen sich Gesellschaft und Energiewirtschaft jahrzehntelang bewegt haben. Da kommt (bei den Älteren unter uns) das Gefühl von Heimat auf. Denn hier kennen wir uns aus, weil auch nachts um drei noch Gut und Böse zu unterscheiden sind. Das schreit aus Sicht von „Ausgestrahlt“ geradezu nach einer Aktion: Den Konzernen das Geld nehmen und sie in der vollen Haftung belassen.
Auch wenn es nur wenigen aufgefallen ist: Die energiepolitische Welt hat sich gedreht. Trotz Demo und Stiftungskritik, die Frage, wer die Rechnung für den Atomausstieg und die Endlagerung zahlt, steht. Die EnBW ist quasi ein Staatskonzern und zu einem großen Stadtwerk geworden, sie gehört fast zu 100 Prozent dem Land Baden-Württemberg und dortigen Gebietskörperschaften. RWE ist zu großen Teilen im Besitz von NRW-Kommunen. Mühlheim an der Ruhr zum Beispiel musste wegen des Rückgangs des Aktienkurses von RWE eine außerplanmäßige Abschreibung in Höhe von 480 Millionen Euro vornehmen. Die Stadt ist wie viele andere Kommunen, die Anteile von RWE halten, überschuldet. Man beachte: Wer den Konzernen an den Kragen will, wird nicht immer die Richtigen treffen.
Die einzige Institution, die auf Grund ihrer Beständigkeit annähernd Gewähr dafür bieten kann, Atomausstieg und Endlagerung in der erforderlichen Langfristigkeit zu garantieren, ist die Katholische Kirche. Seit mehr als zweitausend Jahren steht sie für Kontinuität und wäre daher besser als jede andere Organisation dafür geeignet, sich um die Hinterlassenschaften einer Energiepolitik zu kümmern, die laut Albrecht Müller nur in der menschlichen Hybris ihre Ursache haben kann(Hybris bezeichnet übrigens Realitätsverlust und die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten, Leistungen und Kompetenzen, vor allem von Personen in Machtpositionen).
Weil der Vatikan im Falle der Annahme dieses Begehrens fürchten müsste, weltweit von Staaten mit Anfragen belästigt zu werden, wird er dankend ablehnen. Und dann kommt die Jahrtausendfragewie wir mit den atomaren Hinterlassenschaften finanziell, technisch und organisatorisch umgehen, zurück und wird dort liegen bleiben, wo sie hin gehört – mitten in der Gesellschaft.

Windpark in Buchholz, Niedersachsen.

Dass sich die Energiewelt dreht,  beweisen die zahlreichen Startup-Unternehmen in diesem Bereich. Jetzt hat sich, so Andreas Kuehl von energynet, eine Fachgruppe Energie im Bundesverband Deutsche Startups (BVDS) gegründet. Drei Unternehmen enercast (Online Prognosen), ubitricity (Ladeinfrastruktur E-Mobility) und Venios (vereinigt IT und Energie) wollen sich innerhalb und außerhalb des Verbandes vernetzen.

Das Thema Energieeffizienz ist trotz der großen Potentiale immer noch nicht im Mittelstand angekommen. Energynet weist daraufhin, dass die angebotenen Leistungen der sogenannten Energiedienstleister für die Chefs in den KMU offenbar nur schwer zu durchschauen sind. Wer in diesem Markt in der Lage ist, den Verantwortungsträgern mit einfachen Worten zu erklären, welche Vorteile das Unternehmen von Beratung und Investitionen zu erwarten hat, auf den wartet ein gutes Geschäft. Hier können sich Interessenten schon mal über das Marktpotential informieren.

Der Solarenergieförderverein in Aachen gehört zu den ältesten selbstlos tätigen Organisationen, die sich dem „Umweltschutz durch Förderung des Einsatzes von erneuerbaren Energien“ (aus der Satzung) widmen. Jetzt hat der SFV nach Information des Solarservers ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das zu dem Schluss kommt, die EEG-Novelle sei teilweise verfassungs- und europarechtswidrig.
Das Rechtsgutachten wurde von dem renommierten Juristen und Nachhaltigkeitsforscher Professor Felix Ekardt 
erstellt und soll am 21. Mai veröffentlicht werden. Man darf gespannt sein.

Das westantarktische Eisschild schmilzt viel schneller als bisher angenommen. Zu diesem übereinstimmenden Ergebnis kommen zwei neue Studien von Forschern der NASA und der Universität von Kalifornien in Irvine. Nach Auffassung der Wissenschaftler hat dieser Bereich der südpolaren Eismasse keine Chance mehr, sich zu regenerieren. Das Klimaschutz-Netz berichtet, der jährliche Eisverlust sei fast so groß wie der von ganz Grönland.

Und weil diese Nachricht aus der Wissenschaft allein noch nicht schlimm genug ist, wartet SPON mit der Erkenntnis auf, dass die Erde wegen der Eisschmelze eine Beule bekomme, weil der Druck auf das Erdinnere nachlässt.
Globales Ziel der Energiewende ist der Kampf gegen den Klimawandel. Nun erfahren wir, dass die Energiewende, wenn sie der Eisschmelze Einhalt bieten kann, auch ästhetisch der Erde hilft. Beulen sehen verdammt uncool aus. Bekommt das Projekt der CO2-Reduzierung jetzt eine ganz neue Fangemeinde? Beim nächsten Weltklimagipfel könnte es dann zur Rettung der Schönheit der Erde heißen:
Ästheten aller Länder vereinigt Euch!

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  1. Windmüller

    vor 10 Jahren

    Ich war am Wochenende einer der 12.000. Wir sind vom Bundesverband Windenergie dort gewesen. Ich war überrascht, wie toll die Altersstruktur der Leute war. Es waren sehr viele ältere Leute da, aber auch unglaublich viele junge engagierte Leute. ( Und damit meine ich nicht die Berufdemonstranten aus dem linken Lager )

  2. Johannes G.

    vor 10 Jahren

    Ja! Vielen Dank für den Beitrag. Ich habe auch den Eindruck, dass immer mehr junge Leute (für die es kein gutes und böses Lager gibt) sich engagieren. Das ist wichtig! Gerade wenn wir von der Politik keine Unterstützung für den Mittelstand erwarten können. Einige Beispiele für junge Unternehmer, die die Energiewende für mich besonder großartig hervorgetan haben sind: 1. Der wirkliche Ökostrom-Anbieter https://www.polarstern-energie.de/, die Energiegenossenschaft Berlin Brandenburg http://www.eg-bb.de/ und www.energieheld.de.

    Einsatz lohnt sich - Man muss eben alles selber machen :-)

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