Teil des neuen Energiesystems: die Wasserstoff-Infrastruktur für Pkw & Nutzfahrzeuge

Gastautor Portrait

Nikolas Iwan

Geschäftsführer der H2 MOBILITY Deutschland GmbH & Co. KG

Nikolas Iwan begann seine Karriere bei Shell, wo er zuletzt für das Tankstellengeschäft in Österreich zuständig war. Heute nutzt er das dort erworbenem Wissen über Kundenbedürfnisse und Tankstelleninfrastruktur, um die Mobilitätswende voranzutreiben: Seit 2016 ist er Geschäftsführer des von Air Liquide, Daimler, Linde, OMV, Shell und TOTAL gegründeten Joint Ventures H2 MOBILITY Deutschland und damit der Aufgabe verpflichtet, die Wasserstoff-Infrastruktur in Deutschland aufzubauen.

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19. März 2020
Foto: H2 MOBILITY

Umweltfreundliche Elektromobilität mit Wasserstoff verursacht weder lokale Schadstoffe noch CO2-Emissionen und bietet dank kurzer Betankungszeiten und großer Reichweiten einen hohen Fahrkomfort. So können Brennstoffzellenfahrzeuge in nur drei Minuten mit Energie für 500 bis 700 Kilometer Reichweite betankt werden. Für die FahrerInnen von Brennstoffzellen-Pkw ist das sehr attraktiv: Mit einer Tankkarte und einer Smartphone-App fahren Sie ihren Pkw durch ganz Deutschland. Das Pendeln zur Arbeit nach München, Köln oder Berlin hinein ist für sie damit ebenso alltäglich möglich wie Langstreckenfahren von Hamburg nach München, von Leverkusen nach Dresden oder von Rostock nach Ingolstadt.

Wasserstoff-Infrastruktur für das 21. Jahrhundert

Wasserstoff hat in jeder Hinsicht das Zeug, unsere Energiezukunft auf nachhaltige Weise zu revolutionieren.

Nikolas Iwan

Wasserstoff hat in jeder Hinsicht das Zeug, unsere Energiezukunft auf nachhaltige Weise zu revolutionieren. Wie alle neuen grünen Technologien steht Wasserstoff aber unter besonders kritischer Beobachtung. Und das zu recht, denn wer für sich reklamiert, konventionelle Pkw und Lkw durch neue nachhaltige E-Fahrzeuge zu ersetzen, muss Fragen nach Ressourcenschutz und Klimaneutralität glaubwürdig und fundiert beantworten. Grüner, also auf Basis regegenerativen Stroms hergestellter Wasserstoff, kann das zu 100 %. Das oft gegen Wasserstoff aufgeführte Argument, dass dieser ja erst per Elektrolyse mit regenerativ erzeugtem Strom hergestellt werden muss, wandelt sich bei genauer Betrachtung in einen Vorteil – keine andere Technologieform kann überhaupt die für die Dekarbonisierung einer Industriegesellschaft benötigte Menge an CO2-freien Strom speichern.

Die Frage nach der Effizienz der Energieumwandlung tritt in den Hintergrund, da Wasserstofferzeugung, -speicherung und -nutzung zentrale Funktionen in dem neue Gesamtsystem übernehmen werden und so die Systemeffizienz viel wichtiger wird als die isoliert betrachtete Fahrzeugeffizienz.

Deutschland zählt (noch) zu den führenden Wasserstoff-Nationen

Auf der einen Seite gehört Deutschland beim Aufbau eines Netzes von Wasserstofftankstellen zu den führenden Nationen. 2015 gründeten Air Liquide, Daimler, Linde, OMV, Shell und TOTAL die H2 MOBILITY Deutschland. BMW, Honda, Hyundai, Toyota und Volkswagen gehören dem Joint Venture als assoziierte Partner an. Die erste wichtige Wegmarke dazu hat das Joint Venture bereits erreicht. Die Ballungszentren und die sie verbindenden Autobahnen sind mit einem Netz von zuverlässig funktionierenden Wasserstoff-Tankstellen ausgestattet. Im Laufe des Jahres 2020 werden es insgesamt 100 Wasserstoff-Stationen sein, die meist in ganz normale Tankstellen von OMV, Shell, und TOTAL integriert sind. Auf der anderen Seite läuft Deutschland – was Stand der Technologie, Produktionskapazität und Wertschöpfung angeht – Gefahr, den Anschluss an Nationen wie Südkorea, Japan und China zu verlieren.

H2.LIVE – die App für Emissionsfreifahrer

Foto: H2 MOBILITY

Alltagstauglichkeit ist gegeben

Für höhere Reichweiten haben Brennstoffzellenfahrzeuge Vorteile in der CO2-Bilanz.

Nikolas Iwan

Wasserstoff und die Technologien zu dessen Erzeugung und Nutzung – Elektrolyseure, Brennstoffzellen, H2-Tankstellen und ‑Fahrzeuge – sind jetzt schon ohne jegliche Einschränkung hinsichtlich Komfort und Betriebssicherheit für Kunden und Betreiber alltagstauglich. Zudem fallen die Kosten der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie beständig. Eine aktuelle Umfrage der dena zeigt, dass dies bei den Menschen angekommen ist. Sobald der Kaufpreis identisch ist, würde sich ein Drittel der Befragten für ein Fahrzeug mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieb entscheiden, aber nur 17 Prozent für ein batterieelektrisches Fahrzeug.

Tatsächlich bilden die beiden Antriebsarten ein Paar: Batterieelektrische Fahrzeuge mit mittleren bis kleineren Batterien bis 50 kWh Speicherkapazität und Reichweiten bis 250 Kilometer liegen in der CO2-Bilanz vor Brennstoffzellenfahrzeugen.

Für höhere Reichweiten haben Brennstoffzellenfahrzeuge Vorteile in der CO2-Bilanz.

Batterie und Wasserstoff für Klimaschutz

Beide Technologien, Batterie ebenso wie Wasserstoff, sind für Klimaschutz, Verkehrs- und Energiewende erfolgskritisch. Wasserstoff-Fahrzeuge sind gemeinsam mit batteriegetriebenen Fahrzeugen hier die beste Option für schnell wirksamen Klimaschutz im Straßenverkehr. Einen Vorteil hat hier die Wasserstofftechnologie – im Gegensatz zu den Rohstoffen für Batterien sind wesentlich weniger kritische Rohstoffe für den Antriebsstrang erforderlich.

Wasserstoff von der EEG Umlage befreien

Aktuell ist es dringend notwendig, dass Grüner Wasserstoff den Status eines „Letztverbrauchers“ verliert und damit wirtschaftlich konkurrenzfähiger wird. Die heute noch gegebene Belastung des verwendeten Grünstroms mit der EEG-Umlage ist eines der großen regulatorisch-ökomischen Hindernisse für die industrielle Produktion von Grünem Wasserstoff. Gibt das EEG hier den Weg frei, ist auch eine zuverlässige regenerative Energieversorgung mit Hilfe von Wasserstoff als Speichermedium möglich – eine der Voraussetzung dafür, dass sich die Energie(sektor)wende endlich zur Verkehrswende erweitert.

Neuer Rahmen: die Nationale Wasserstoff-Strategie

Aktuell ist es dringend notwendig, dass Grüner Wasserstoff den Status eines „Letztverbrauchers“ verliert und damit wirtschaftlich konkurrenzfähiger wird.

Nikolas Iwan

Ein wichtiger unterstützender Faktor ist die Förderung der Tankstellen-Infrastruktur sowohl durch die EU-Programme COHRS und H2ME als auch durch die Bundespolitik.

Von der NOW GmbH Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie, einem assoziierten Partner der H2 MOBILITY, koordiniert, stellt der Bund Fördermittel für den Aufbau der Wasserstoff-Tankstellen-Infrastruktur zur Verfügung. Diese Unterstützung wird in Zukunft in einer Nationalen Wasserstoffstrategie integriert sein. Der weitere Ausbau des Netzes erhält durch die HyLand-Initiative des BMVI und durch die vielfältigen Wasserstoff-Initiativen auf Länderebene wichtige Impulse. Das H2 MOBILITY-Tankstellennetz wird so bis 2022 um bis zu dreißig weitere Stationen wachsen.

Die neuen H2-Stationen werden zudem mit einer höheren Betankungskapazität für bis zu 150 betankte Wasserstoff-Pkw pro Tag und an spezifischen Standorten auch für die Betankung von leichten und schweren Nutzfahrzeugen konzipiert

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