Netzausbau ist eine Systemaufgabe
Netze wollen orchestriert werden
Dass die Anstrengungen beim Ausbau und bei der Ertüchtigung unserer Netze vervielfacht werden müssen, daran besteht kein Zweifel mehr. Dabei geht es weniger darum, ob es einer Verdrei- oder gar Verfünffachung bedarf, um in diesem Fall die elektrischen Netze „dekarbonisierungstauglich“ zu machen; es geht um die Dynamik und um die Flexibilität bzw. Vielfalt. Denn mit den elektrischen Netzen auf allen Spannungsebenen ist es nicht getan, wir brauchen ebenso Wasserstoff- und Wärme– bzw. Kältenetze, Gas- und/oder Wasserstoffnetze und ganz zu schweigen von der Wasser- und Kommunikationsinfrastruktur. Erst dann, wenn die Netzinfrastrukturen systemisch ineinandergreifen, können die Erneuerbaren ihre Vorteile ausspielen, die Wirtschaftlichkeit verbessert und die Klimaziele schneller erreicht werden. Eben „gemeinsam und jetzt“!
Stromübertragung im Höchstspannungsnetz: Erdkabel vs. Freileitungen
Der Stromübertragung im Höchstspannungsnetz kommt in Deutschland aufgrund der geografischen Ungleichgewichte von erneuerbarer Erzeugung im Norden und intensivem Verbrauch im Süden eine herausragende Bedeutung zu. Technisch gesehen gibt es die Möglichkeit der Drehstrom- oder der Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ) und beide können jeweils als Freileitung oder als Erdverkabelung ausgeführt werden. In Deutschland kommen alle Varianten zum Einsatz. Allerdings unterscheiden sich diese erheblich in Hinblick auf die Einsatzbereiche (HGÜ werden z.B. vornehmlich in der Fernübertragung eingesetzt), die technischen Risiken, die Verfügbarkeiten und Verluste, den Aufwand beim Bau und bei der Wartung, den Genehmigungsprozess, die Umweltwirkungen und letztendlich bei der politischen und gesellschaftlichen Akzeptanz. Dabei geht es in den nächsten Monaten um sehr viel Geld, das am Ende der Stromkunde aufbringen muss. Da ist insbesondere auch angesichts der extremen Kostenunterschiede zwischen der Erdverlegung und dem Freileitungsbau eine fundierte Entscheidungsfindung oder sogar die Überprüfung politisch getroffener Entscheidungen angesagt. Eben „gemeinsam und jetzt“!
Massive Energienachfrage in Ballungszentren
Die E-Autos wollen geladen, die Gebäude mit Wärmepumpen beheizt und die Rechenzentren betrieben und gekühlt werden.
Erneuerbare Energien sind der Schlüssel zur Dekarbonisierung. Erneuerbare Erzeugung braucht Platz und der ist in Ballungszentren knapp. Gerade in den Städten steigt der Energie- oder besser gesagt der Leistungsbedarf rapide an. Die E-Autos wollen geladen, die Gebäude mit Wärmepumpen beheizt und die Rechenzentren betrieben und gekühlt werden. Daher müssen erneuerbare Energien in die Innenstädte transportiert werden.
Das ist eine komplexe Aufgabe, die sowohl den Elektroingenieur als auch den Bauingenieur, den Architekten, den Juristen, den Soziologen, den IT-Techniker und letztendlich die Politik und jeden Bürger fordert. Eben „gemeinsam und jetzt“!
Wir müssen reden
Bei all den genannten Aufgaben geht es um die Orchestrierung von Technik, Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz sowie die Berücksichtigung einer Vielzahl und Vielfalt von Interessen. Die Jahrhundertdimension der aufgezeigten Beispiele scheint noch lange nicht allen bewusst zu sein. Es ist für uns fast schwierig auszumalen, was eine Investition von 860 Milliarden Euro bis 2030 bedeutet. Das ist die Summe, die der Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) in seinem Bericht „Klimapfade 2.0 – Ein Wirtschaftsprogramm für Klima und Zukunft“ an zusätzlichen Aufwendungen bis 2030 in Deutschland ausweist.
Diese Zusammenhänge müssen wir erklären und diskutieren. Eine Möglichkeit für den fachkundigen Austausch bieten die Fichtner Talks 2024 am 24. September in Stuttgart, wir unter dem Leitthema „Transformationsprojekte im dynamischen Energiemarkt“ u.a. mit den CEO’s der Übertragungsnetzbetreiber die Aspekte des Ausbaus der Netze und deren Zusammenhänge erörtern. Eben „gemeinsam und jetzt“!
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