Systemdienliches Agriphotovoltaik-Konzept mit senkrecht aufgeständerten bifacialen Modulen

Gastautor Portrait

Jana-Teresa Bauer

Projektentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit, Next2Sun GmbH

Jana Bauer absolvierte 2017 das Masterstudium der Angewandten Geographie an der Universität Trier. Sie arbeitet seit 2017 bei der Firma Next2Sun und ist in der Projektentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit tätig. Das Konzept der Next2Sun hat sie bereits zu Beginn ihrer Tätigkeit begeistert. Sie ist froh, Teil dieser tollen Innovation zu sein und mitzuhelfen, dass eine weitere klimafreundliche Energieerzeugungsform etabliert werden kann.

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25. Januar 2021
Traktor bei der Mahd. Foto: Next2Sun GmbH

Mit zunehmendem Ausbau erneuerbarer Energien verstärken sich die Unterschiede zwischen Zeiten hoher und niedriger Einspeisung aus Wind und Sonne. Besonders sichtbar ist dies in den Morgen- und Abendstunden, wenn die Einspeisung durch Solaranlagen sehr gering ist. Das spiegelt auch der Strompreis wider, der zur Mittagszeit niedrig ist bzw. sogar negativ und in den Morgen- und Abendstunden hoch ist. Erneuerbare Energien treten auch immer wieder in Konkurrenz mit landwirtschaftlichen Flächen oder Flächen für Natur- und Landschaftsschutz. Innovative Lösungen sind nun gefragt.

Die 2015 gegründete Next2Sun GmbH will mit dem Agriphotovoltaik-Konzept der Energiewende einen neuen Baustein im Bereich Stromproduktion hinzufügen. Hierfür werden bifaciale Photovoltaikmodule senkrecht aufgeständert. Für die neuartige Aufständerung wurde eigens ein Gestellsystem entwickelt, welches die nahezu verschattungsfreie Montage der Photovoltaikmodule ermöglicht. Die Modulseiten sind nach Osten bzw. Westen ausgerichtet. Vor dem Bau der größten bifacialen Photovoltaikanlage mit diesem Konzept wurden über mehrere Jahre Daten mit einer Pilotanlage gesammelt.

Ende 2018 wurde die erste großtechnische Freiflächenanlage mit 2 MWp im Saarland in Betrieb genommen. Diese Anlage hat auf 7 ha Fläche 5.700 Module verbaut und ist Europas erste bifaciale Photovoltaik-Freiflächenanlage in dieser Größenordnung. 2020 gewann das Agriphotovoltaik-Konzept den Deutschen Solarpreis in der Kategorie „zukunftsweisende Symbiose von erneuerbarer Stromerzeugung und nachhaltiger Landwirtschaft“. In Donaueschingen wurde mittlerweile die zweite Anlage dieser Art gebaut. Auf der rund 14 Hektar großen Fläche in Donaueschingen wurden 5.800 Gestellelemente mit rund 11.000 bifacialen Solarmodulen montiert. Der Jahresenergieertrag liegt bei 4.600 MWh.

Einspeisekonzept

Grafik: Next2Sun GmbH

Die Kernidee hinter dem Anlagenkonzept ist die senkrechte Aufstellung von bifacialen Photovoltaikmodulen, welche das Licht von beiden Seiten verwerten können. Die Modulseiten sind nach Osten bzw. Westen gerichtet und produzieren somit in den Morgen- und in den Abendstunden Strom. Die Agriphotovoltaikanlage speist dann den Strom ein, wenn konventionelle PV Anlagen nur eine geringe Produktion aufweisen und bieten somit eine Ergänzung zu den bisherigen Systemen.

Durch die typischerweise zur Mittagszeit niedrigen und in den Morgen- und Abendstunden hohen Strompreise erzielen diese Anlagen höhere Durchschnittserlöse. Es können bis zu 10 % höhere Markterlöse im Vergleich zu konventionellen PV-Anlagen erzielt werden. Je nach verwendetem Modultyp werden 5 bis 15 % höhere spezifische Stromerträge pro kW erreicht. Der schonende Umgang mit der Ressource Boden führt zu einer hohen Akzeptanz. Durch die linearen Strukturen und den geringen Überbauungsgrad entstehen hochwertige Altgrasbereiche, in denen zusätzlich gezielt bestimmte Lebensraumstrukturen etabliert werden können. Die großen Reihenzwischenräume bieten neben der landwirtschaftlichen Nutzung auch Spielraum für Agrarumweltmaßnahmen oder Ausgleichsmaßnahmen.

Land- und Viehwirtschaft

Um eine Verschattung durch die senkrecht aufgeständerten Module zu vermeiden, werden Reihenabstände von 8 bis 10 m gelassen. Individuell können die Abstände auch bis zu 20 m erweitert werden. Diese Reihenabstände ermöglichen eine vielfältige landwirtschaftliche Nutzung. Die Solaranlage benötigt nur 10-15 % der solaren Einstrahlung, sodass ausreichend Sonnenlicht für die Photosynthese der Pflanzen zur Verfügung steht.

Verschiedene Arten der Nutzung:

  • Mähwiesen (Heu- oder Silagenutzung)
  • Weidewirtschaft (Rinder, Schafe, Hühner)
  • Biomasse und stoffliche Nutzung
  • Ackerflächen

Die Fläche kann nahezu weiter für die Landwirtschaft genutzt werden.

Natur, Umwelt und Nachhaltigkeit

Durch die linearen Strukturen und dem Überbauungsgrad von weniger als 1 %, entstehen hochwertige Altgrasbereiche, in denen zusätzlich gezielt bestimmte Lebensraumstrukturen etabliert werden können. Die großen Reihenzwischenräume bieten neben der landwirtschaftlichen Nutzung auch Spielraum für Agrarumweltmaßnahmen oder Ausgleichsmaßnahmen.

So können im Bereich der Modulreihen Lebensräume geschaffen und erhalten werden, die in unserer heutigen monotonen Agrarlandschaft selten geworden sind:

  • Altgras- und Blühstreifen, z. B. für Insekten und Falter
  • Totholzbereiche, z. B. für Vögel, Pilze und Käfer
  • Steinschüttungen, z. B. für Reptilien

Neben linearen können auch flächige Habitatstrukturen, wie z. B. Wildblumenwiesen auf der gesamten Parkfläche oder auf Teilflächen geschaffen werden. Das Anlagenkonzept ermöglicht es somit, auf die jeweiligen Projekt- und Standortanforderungen gezielt einzugehen.

Solarpark Donaueschingen-Aasen aus der Vogelperspektive

Foto: Next2Sun GmbH

Der Solarzaun

Solarzaun in Österreich

Foto: Next2Sun GmbH

Abgeleitet vom Next2Sun Freiflächensystem ist der bifaciale Solarzaun entstanden. Das solide Stahlkonstrukt besteht, wie auch das Gestellsystem für die Freifläche, aus jeweils zwei Pfosten und Riegeln. Im unteren Bereich befindet sich ein individualisierbares Zaunelement. Die Gesamthöhe des Zaunsystems ist flexibel modifizierbar. In der Standardausführung beträgt sie 1,50 % bis 1,80 %. Einfriedungen sind in (ökologischen) viehhaltenden Landwirtschaftsbetrieben unumgänglich. Nutzen Sie daher die Möglichkeiten bifacialer Glas-Glas Module in Kombination mit unserem Zaunsystem. So wird Ihr Zaun zum Stromlieferanten!

Der bifaciale Solarzaun passt sich fast jeder Geländeform an und ist mit nur wenigen Schraubverbindungen schnell auf der Fläche zu montieren. Zudem bietet eine Verzinkung der Materialoberfläche zusätzlichen Schutz vor äußeren Einflüssen. Gerammte Stahlprofile stellen eine kostengünstige Fundamentierung dar. Bohr- oder Betonfundamente sind gleichermaßen, als Anpassung an lokale Gegebenheiten, möglich. Der bifaciale Solarzaun zeichnet sich durch eine lange Lebensdauer aus und ist auf hohe, vor allem aus Windlasten resultierende statische Anforderungen ausgelegt.

Fazit

Das Agriphotovoltaik-Konzept bietet die Möglichkeit, den Strom zu Zeiten einzuspeisen, in denen konventionelle Photovoltaiksysteme nicht einspeisen können und kann somit einen höheren Markterlös erzielen. Durch die Ost-West Orientierung und die Nutzung von bifacialen Photovoltaikmodulen kann zusätzliche 10- 15 % mehr Strom produziert werden. Die durch die senkrechte Aufstellung bedingten Reihenabstände bieten der Landwirtschaft Raum, um weiter Landwirtschaft zu betreiben. Unter den Modulen können Lebensräume für verschiedene selten gewordene Vogel- oder Insektenarten geschaffen werden. Dies führt zu dem Schluss, dass das Agriphotovoltaik-Konzept ein systemdienliches Instrument ist, welches der Energiewende einen neuen Baustein hinzufügt.

So kann eine Photovoltaikanlage ein Gewinn für Mensch und Natur werden!

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