Die Weltwasserkonferenz im März 2023 in New York wird schon jetzt als Meilenstein in der internationalen Wasserpolitik gesehen, da sie die erste UN-Konferenz seit fast 50 Jahren war, die sich ausschließlich der Wasserversorgung widmete. Vertreter der UN-Mitgliedsstaaten und aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft trafen sich, um über ehrgeizigere Ziele für den Schutz der weltweiten Wasserressourcen zu sprechen. Ob hier das Fundament für eine Trendwende in der globalen Wasserpolitik gelegt wurde, wie die Bundesumweltministerin Lemke danach wertete, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen. „Klar ist: Wir müssen auch in Europa und selbst im ehemals so wasserreichen Deutschland schneller handeln als bisher, um unsere Wasservorräte zu schützen, zum Teil wieder aufzubauen und die Versorgung nachhaltig zu sichern. Diese Erkenntnis ist mittlerweile auch bei den Menschen angekommen. Fast 50% der befragten Deutschen machen sich laut einer Umfrage von CIVEY im April 2023 Sorgen über die künftige Wasserversorgung. Zahlen, die Politik und Branche aufrütteln müssten.
Wasserverbrauch in Deutschland
Von den deutschlandweit genutzten 20 Milliarden Kubikmetern im Jahr 2019 entfielen dem Umweltbundesamt zufolge 44,2 Prozent auf den Energiesektor. Bergbau und verarbeitendes Gewerbe entnahmen 26,8 Prozent – genauso viel die öffentliche Wasserversorgung. 2,2 Prozent wurden für die Beregnung landwirtschaftlicher Flächen genutzt.
In der Nationalen Wasserstrategie werden dem Umweltministerium zufolge nun wasserbezogene Maßnahmen in allen relevanten Sektoren gebündelt. Das betreffe also Landwirtschaft und Naturschutz, Verwaltung und Verkehr, Stadtentwicklung und Industrie.
Grundwasserstände an vielen Orten historisch niedrig
Ziel muss sein, mehr Wasser so lange wie möglich in der Fläche zu halten, damit es versickert und verdunsten kann.
Im Kampf gegen den Grundwasserrückgang, gegen Trockenheit und Dürren fordern viele Wasser-Experten ein schnelles Gegensteuern der Wasser-, Land- und Forstwirtschaft. Ziel muss sein, mehr Wasser auf natürlichem Wege in der Fläche zu halten und nicht schnellstmöglich abzuleiten. Dazu brauchen wir vor mehr natürliche Überschwemmungsflächen, den Rückbau von Kanälen, mehr Moore, Feuchtgebiete und Feuchtwiesen, dezentrale Wasserrückhaltebecken, möglichst leichtere Agrarmaschinen und eine bodenschonende Waldbewirtschaftung sowie eine Reduzierung des Flächenverbrauchs. All dies hilft sowohl gegen Dürren als auch gegen die Folgen von Starkregen. Ziel muss sein, mehr Wasser so lange wie möglich in der Fläche zu halten, damit es versickert und verdunsten kann.
Öffentliche Versorgung muss Vorrang haben
Der Klimawandel wird längere und extremere Trockenperioden bringen. Und damit Nutzungskonflikte zwischen der öffentlichen Wasserversorgung und anderen Nutzergruppen.
An erster Stelle muss eindeutig die öffentliche Wasserversorgung der Menschen stehen. Die lebensnotwendige und im Hinblick auf Hygiene erforderliche Daseinsvorsorge der Bevölkerung sichergestellt werden. Um Mensch und Umwelt vor den negativen Auswirkungen des Klimawandels zu schützen, muss das Vorsorge- und das Verursacherprinzip stärker verankert werden, sodass wirksame Anreize für den Schutz der Wasserressourcen bestehen und Einträge gar nicht erst ins Wasser gelangen.
Grundvoraussetzung dafür ist Transparenz über das nutzbare Wasserdargebot und die tatsächliche Entnahme aller Nutzer. Aktuell wissen wir zum Beispiel von der regionalen Landwirtschaft nicht, wieviel Wasser sie tatsächlich nutzt. Ohne dieses Wissen könne die Wasserbehörden aber nur schwerlich steuern.
Fernleitungen ergänzen die ortsnahe Versorgung
Wir müssen vermehrt mit Verbundnetzen und Fernleitungen Wasser aus nassen Regionen Deutschlands in trockene Gegenden bringen. Die vergangenen Dürrejahre haben Spuren in unseren Wäldern, Seen und Flüssen und in der Landwirtschaft hinterlassen.
Eine klimaresiliente Wasserversorgung erfordert zudem eine zügige lokale und überregionale Anpassung des Leitungsnetzes. Wir müssen vermehrt mit Verbundnetzen und Fernleitungen Wasser aus nassen Regionen Deutschlands in trockene Gegenden bringen. Die vergangenen Dürrejahre haben Spuren in unseren Wäldern, Seen und Flüssen und in der Landwirtschaft hinterlassen.
Aber das muss schneller gehen. Wir müssen dafür die Genehmigungsverfahren bei wasserwirtschaftlichen Infrastrukturvorhaben deutlich beschleunigen. Dies gilt auch für die wasserrechtlichen Antragsverfahren.
Als Teil einer Nationalen Wasserstrategie will das Umweltministerium gemeinsam mit den Ländern evaluieren, wo Verbundnetze und Fernleitungen nötig sind, um regionale Unterschiede in der Wasserverfügbarkeit auszugleichen. Erste Fernleitungen gibt es bereits, beispielsweise in Stuttgart oder Hessen. Das ist nicht die Schuld der Wasserversorger vor Ort, sondern schlicht notwendige Folge von wasserwirtschaftlich ungünstigen Bedingungen. Solche Leitungen können die ortsnahe Wasserversorgung absichern oder ergänzen.
Erste Maßnahmen bis 2030
Die Nationale Wasserstrategie ist dem Umweltministerium zufolge auf den Zeitraum bis 2050 ausgelegt – erste Maßnahmen sollen bereits in den Jahren bis 2030 schrittweise umgesetzt werden.
Ein weiteres Ziel der Strategie ist sauberes Wasser in Flüssen und Seen, denn die Verschmutzung der Gewässer durch Pestizide, Mikroplastik oder Rückstände von Medikamenten ist hoch. «Sauberes Wasser muss immer und überall in Deutschland ausreichend verfügbar sein», sagte die Umweltministerin. Dafür müssen wir unsere Infrastruktur an die neuen Zeiten anpassen.
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