Unsere Infrastruktur – bereit für die Klimakrise?

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Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
17. April 2023
Fyerfly KI/adobe.com

Der Zusammenhang von Klimawandel und Energiesicherheit ließ sich im letzten Jahr am besten in Frankreich beobachten, als die AKWs reihenweise wegen Wassermangels vom Netz mussten. Ein Jahr zuvor hatte die Flut im Ahrtal gezeigt, was bei Extremniederschlägen von unserer Verkehrsinfrastruktur übrig bleibt – nahezu nichts. Schon „normale“ Hitzesommer, wie wir sie in jüngster Vergangenheit häufiger erlebt haben, belasten das Gesundheitssystem und wirken sich auf die Lebensmittelerzeugung aus. Unser Klima hat sich verändert und es wird sich weiter verändern. Ist unsere Infrastruktur noch die richtige für eine wärmer werdende Welt? Wie können wir uns schützen bei Hochwasser, Dürre und Sturm?

Konzeptionell gerüstet? Risiken und Anpassungsstrategien des Staates

Es ist keine neue Frage, die in unserem kommenden Schwerpunkt aufgeworfen wird. Bereits 2009 hatte das Bundesinnenministerium die „Nationale Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen“ vorgelegt. Der Klimawandel als Bedrohung erscheint in dieser Strategie an einer Stelle in sehr allgemeiner Form als ein wachsender Unsicherheitsfaktor. Seither aber macht die Klimakrise Karriere beim Nachdenken über „KRITIS“ (Behördenbezeichnung für Kritische Infrastrukturen).
Unter der Federführung des Umweltbundesamtes versucht die Bundesregierung das durch den Klimawandel hervorgerufene Gefahrenpotential konzeptionell zu erfassen. Die Analysen sollen Schwachstellen und damit den akuten und mittelfristigen Handlungsbedarf offen legen. 2020 erschien die erste Untersuchung zur Bewertung „klimawandelgebundener Risiken“.

Im gleichen Jahr erschien von der Bundesregierung der „Zweite Fortschrittsbericht zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel“ Tiefer ins Detail ging wieder das Umweltbundesamt mit einer sechsbändigen Reihe „Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland“. Der Teilbericht 4 behandelt die die Risiken und die Anpassung im Cluster Infrastruktur. Parallel zu den umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen wurde ein Behördennetzwerk „Klimawandel und Anpassung“ etabliert, in dem Bund, Länder und 28 Fachbehörden zusammen arbeiten. Etwa 100 Wirkungen des Klimawandels und sich daraus ergebende Wechselwirkungen wurden bisher erfasst und bewertet. DAS (die Deutsche Klimaanpassungsstrategie) soll die Resilienz der Infrastrukturen gegenüber der Klimakrise zu stärken. Die Annäherung an dieses Ziel ist mühsam. Die Herausforderungen sind mitunter hoch komplex. Veränderungen mitunter extrem teuer. Und neben der Klimakrise gilt es anderen Bedrohungen für die Infrastrukturen wie z.B. Cyber-Attacken ebenso Aufmerksamkeit zu widmen.

Was sind Kritische Infrastrukturen?

Die Bundesregierung definiert Kritische Infrastrukturen als „Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.“

Es geht um die Bereiche Energie, Gesundheit, Transport, Verkehr, Finanzen, Wasser und Ernährung sowie um die Funktionsfähigkeit staatlichen Handelns. Dass alle Bereiche miteinander vernetzt sind, macht die Herausforderung so schwierig. Der Klassiker ist ein großflächiger und lang anhaltender Stromausfall. Er trifft alle Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Gegenseitige Abhängigkeiten von Sektoren Kritischer Infrastrukturen

Quelle: BKK

Fit für die Klimakrise?

Bei der Katastrophe im Ahrtal lassen sich diese Unterschiede im Vorfeld der Katastrophe ebenso aufdecken wie aktuell in der Phase des Wiederaufbaus, wo alte Fehler wider besseres Wissen wiederholt werden.

Die Flutkatastrophe 2021 an der Ahr hat uns sehr brutal vor Augen geführt, mit welcher Wucht uns Extremwetterereignisse treffen können. Der Klimawandel wird die Anzahl dieser extremen Ereignisse erhöhen. Und der Klimawandel wird die bisher bekannten Extreme noch einmal steigern. Wissenschaftlich sind diese Aussagen seit ca. 40 Jahren bekannt und „Banalitäten“. Wahr genommen im Sinne von „Wir haben es verstanden und wir werden darauf reagieren“ haben wir diese Aussagen nicht. Nicht als Einzelperson, nicht als Wirtschaftsbürgerin und nicht als Staat.

Wäre es anders, hätten wir auf die Bedrohung reagiert. Das Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen INT arbeitet eng mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) zusammen. Im Projekt RiskPACC versuchen die Forscher, die Widerstandsfähigkeit gegenüber Katastrophen in der gesamten Gesellschaft zu erhöhen. Ihre Aufmerksamkeit gilt dabei einem Gap, dem sogenannten Risk Perception Action Gap (RPAG). Das ist jenes Wahrnehmungsdefizit, dass einen rationalen Umgang mit der Klimakrise verhindert. Wie lässt sich die Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung und der Reaktion auf Risiken verstehen, die z.B. auch beim Management von Katastrophenschutzbehörden entstehen? Bei der Katastrophe im Ahrtal lassen sich diese Unterschiede im Vorfeld der Katastrophe ebenso aufdecken wie aktuell in der Phase des Wiederaufbaus, wo alte Fehler wider besseres Wissen wiederholt werden.

In unserem Schwerpunkt werden wir auf die einzelnen Sektoren schauen. Wo sind wir verwundbar durch die Klimakrise? Wie können wir uns vor den Gefahren schützen? Was wird das kosten? Und was wird es kosten, wenn wir nichts unternehmen?

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