Klimaschutz gehört Priorität. Bericht vom Debatten-Abend.

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Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
01. Dezember 2020

Die Welt war nicht das zentrale Thema. Im Mittelpunkt des Debatten-Abends standen der Bedarf und der Ausbau der  Erneuerbaren Energien in Deutschland. Die Diskutanten auf dem Podium kamen in der Diskussion überein, dass es um weitaus mehr geht als technischen Fortschritt und die Erreichung von Zielen. Prof. Dr. Oliver Kraft, Vizepräsident für Forschung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), brachte es auf den Punkt: „Die ganz Welt brennt in Folge des Klimawandels. In Europa sitzen wir noch auf der Insel der Glückseligen.“ Kaum verständlich sei es, dass der Klimaschutz nicht schon lange politische Priorität genieße.

Erneuerbare und Klimaschutz: "Wir brauchen mehr und größere Flächen für die Projekte.“

Uns läuft die Zeit davon.

Prof. Dr. Oliver Kraft

Viel stärker als bisher müsse die Notwendigkeit des Klimaschutzes erläutert werden. Aufgabe von Wissenschaft und Politik sei es, so der Forscher, mit viel mehr Nachdruck als bisher ins Bewusstsein zu bringen, dass die Gefahr drastisch sei und Lösungen etabliert werden müssen. „Uns läuft die Zeit davon.“

Dirk Güsewell, Senior Vice President Erzeugung / Portfolioentwicklung der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, pflichtete Prof. Kraft bei. Die Projektentwicklung bei den Erneuerbaren Energien spiegele diese dramatische Lage in keiner Weise wieder. Er sehe schwarz, wenn es um die Erreichung des bestehenden Klimaziels für 2030 gehe.

Bis dahin sollen 65 Prozent des Strombedarfs durch Erneuerbare Energien gedeckt werden. Durch das bisherige Instrument der Ausschreibungen allein sei das Ziel nicht zu erreichen. Das dabei offerierte Angebot sei viel zu klein. Nur ein Teil der Ausschreibungen können am Ende realisiert werden. Das verhindere ein Planungsrecht, bei dem die Differenzen mit dem Naturschutz meist in langwierigen Prozessen beigelegt werden müssen. Der EnBW Manager schlug vor, künftig mögen die Länder anteilig nach Größe Vorrangflächen für den Ausbau der Erneuerbaren in hinreichender Zahl und Größe bereitstellen. Güsewell:“ Wir brauchen mehr und größere Flächen für die Projekte.“

Umweltschutz und Klimaschutz untrennbar verbunden

Andrea Molkenthin-Keßler, beim NABU unter anderem für das Dialogforum Erneuerbare Energien und Naturschutz zuständig, pflichtete dem Energiemanager bei. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien müsse viel zügiger vonstatten gehen als bisher. Es gebe keinen grundsätzlichen Konflikt zwischen Naturschutz und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien. Molkenthin-Keßler: „Wir brauchen Naturschutz UND einen schnellen Ausbau der Erneuerbaren. Das Energiewende-Projekt von NABU und BUND „Dialogforum Erneuerbare Energien und Naturschutz“ habe daher die konstruktive Unterstützung der Energiewende – speziell des Ausbaus der Windenergie, der Freiflächenphotovoltaik und der Verteilnetze – zum Ziel.

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Wissenschaft, Energiewirtschaft und Naturschutz einig: Klimaschutz gehört Priorität

Aus Sicht des Naturschutzbundes sei das Ausbauziel für 2030 von einem Anteil von 65% erneuerbaren Energien am Strommarkt ohnehin zu knapp bemessen. Andrea Molkenthin-Keßler forderte die Politik auf, an dieser Stelle nachzuschärfen und das Ziel auf 75% zu erhöhen. Außerdem sei es falsch, ausschließlich auf den Strommarkt zu schauen. In den Sektoren Wärme, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft habe die Klimapolitik bisher noch keine Erfolge vorzuweisen. Der Nachholbedarf sei entsprechend groß.

Auch an diesem Punkt zeigten Wissenschaft, Energiewirtschaft und Naturschutz eine bemerkenswerte Einigkeit. „65% von was?“ fragte Dirk Güsewell und wies darauf hin, dass der Bedarf an grünem Strom in der kommenden Dekade stark ansteigen werde. Man brauche den Strom für die Elektrifizierung des Verkehrs, zum Heizen der Gebäude sowie für die Dekarbonisierung industrieller Prozesse. Absolut, so Güsewell, würde der Strommarkt bis 2030 und darüber hinaus überproportional wachsen. Die bisher vorliegenden Pläne der Bundesregierung, insbesondere die Novelle des EEG, bilde diese Herausforderung nicht ab.

Nimmt die Bedeutung des Klimaschutzes in den Köpfen zu?

Die Menschen wollen auch, dass sich nichts ändere.

Prof. Dr. Oliver Kraft

Dass Klimaschutz eine globale Herausforderung sei, werde unter Hinweis auf die CO2-Emissionen anderer Staaten allzu häufig dazu benutzt, so der Projektmanager Dirk Güsewell, das Thema auf die lange Bank zu schieben. Vernünftig sei das Gegenteil: Dem Klimaschutz müsse die Priorität gehören. Aus Gründen der Umweltpolitik. Aber auch volkswirtschaftlich sei das sinnvoll.

Die Corona-Pandemie, auch darin zeigte sich die Runde einig, habe einen Vorgeschmack darauf gegeben, was auf die Menschheit zukommen, wenn sie sich den ökologischen Herausforderungen nicht stelle. Zum Glück sei die Jugend aktiv geworden und gehe nun auf die Straße, um die Menschen wachzurütteln. Die Bedeutung des Klimaschutzes nehme, so die Vertreterin des NABU, nun messbar zu. In die Köpfe komme Bewegung.

Prof. Dr. Kraft vom KIT kann diesen vorsichtigen Optimismus nicht teilen. Die Umfragen würden schon lange Zeit zeigen, dass die Menschen die Energiewende wollen. Aber wenn es konkret werde, zeige sich auch: Die Menschen wollen auch, dass sich für sie nichts ändere. Und eine andere Welt, so Oliver Kraft, sei ohne Veränderungen nicht zu haben. Da seien wohl klare Ansagen nötig.

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