Über die Finanzierung der Energiewende

Gastautor Portrait

Susanne Hasenhüttl

ÖGUT – Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik

Mag.a Susanne Hasenhüttl begann 2001 im Fachbereich „Ökologische Ökonomie" als wissenschaftliche Mitarbeiterin ihre Tätigkeit in der ÖGUT in Wien. Susanne Hasenhüttl baute in der ÖGUT das Themenfeld "Sustainable Finance" auf und beschäftigt sich seither mit den vielfältigen Fragestellungen in diesem Bereich. Sie ist seit 2004 Leiterin der Nachhaltigkeitszertifizierung für betriebliche Vorsorgekassen, Pensionskassen und Versicherungen. Susanne Hasenhüttl ist Vortragende und Referentin in diversen Fachveranstaltungen und seit 2016 Trainerin der ÖGUT-Weiterbildung Nachhaltige Geldanlagen für Finanzberater*innen. Die Expertin für Green Finance ist zudem in unterschiedlichen Fachbeiräten und Jurys vertreten, z.B. in der ASRA-Jury für die besten Nachhaltigkeitsberichte, in der Jury von GREEN BRANDS sowie Gründungskomitee-Mitglied für das FNG-Siegel für nachhaltige Investmentfonds.

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09. Juli 2024
Bild: Shutterstock.com/petrmalinak

Der Übergang zu erneuerbaren Energien bietet nicht nur eine Lösung für diese Probleme, sondern auch eine einmalige Gelegenheit, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und technologische Innovationen voranzutreiben.

Susanne Hasenhüttl

Der Klimawandel und seine weitreichenden Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft machen ein rasches und entschlossenes Handeln unvermeidlich. Die Erderwärmung führt zu immer häufigeren und intensiveren Wetterextremen, die nicht nur ökologische, sondern auch gravierende wirtschaftliche und soziale Schäden verursachen. Ein globaler Temperaturanstieg von mehr als 2 Grad Celsius würde schwerwiegende Folgen für natürliche Lebensräume, Nahrungsmittelproduktion, Wasserressourcen und damit für uns Menschen haben. Darüber hinaus ist die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen mit erheblichen geopolitischen Risiken verbunden, wie die jüngsten Energiekrisen gezeigt haben.

Der Übergang zu erneuerbaren Energien bietet nicht nur eine Lösung für diese Probleme, sondern auch eine einmalige Gelegenheit, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und technologische Innovationen voranzutreiben. Der Investitionsbedarf für die notwendige Infrastruktur ist groß. Es gibt jedoch vielfältige Hürden, die der Energiewende bzw. einem grundsätzlichen Umbau der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität im Wege stehen. Die Hemmnisse sind teils politischer Natur, wenn der Mut für Veränderungen fehlt und die nötigen regulatorischen Rahmenbedingungen nicht richtig gesetzt werden. Oft fehlt aber auch die Überzeugung bei den Menschen selbst, wenn die Dringlichkeit des Problems nicht erkannt wird. An dieser Stelle soll der Fokus jedoch auf die Kapitalerfordernisse und die Finanzierung der Investitionen gesetzt werden.

Investitionsbedarf in Zahlen

Die Realisierung der Energiewende erfordert massive Investitionen. Die Europäische „Platform on Sustainable Finance“[1] spricht von einer bestehenden Investitionslücke von rund 620 Mrd. Euro pro Jahr bis 2030, um die Klimaziele zu erreichen. Für Österreich schätzt das Umweltbundesamt, dass bis 2030 Mehrinvestitionen in Höhe von etwa 145 Milliarden Euro notwendig sind, um den Pfad zur Klimaneutralität einzuschlagen[2]. Der Verkehrssektor erfordert in Österreich mit 67 Mrd. Euro den größten Brocken. Das liegt unter anderem am hohen Investitionsbedarf für den Schienenverkehr, aber auch für emissionsfreie Fahrzeuge. Der Ausbau der erneuerbaren Energien, thermische Sanierung der Gebäude und Umstellung der Heizsysteme auf erneuerbare Energieträger sind weitere Bereiche mit hohem Investitionsbedarf.

Herausforderungen in der Praxis

Eine der größten Herausforderungen besteht nun darin, das erforderliche Kapital aufzubringen. Wie oftmals zitiert, ist es notwendig, neben den öffentlichen Geldern auch privates Kapital zu mobilisieren, eine Forderung aus dem EU-Aktionsplan zur nachhaltigen Finanzierung (EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums)[3], der im März 2018 von der Europäischen Kommission veröffentlicht wurde. Bei der Mobilisierung des Kapitals spielen Banken und Finanzdienstleister eine entscheidende Rolle, doch sind diese häufig mit Unsicherheiten bezüglich der Rentabilität und Risikobewertung von Projekten im Bereich der Klimainvestitionen konfrontiert. Diese Unsicherheiten resultieren aus mehreren Faktoren:

1. Unzureichende Risikobewertungssysteme: Traditionelle Finanzierungsmodelle sind nicht immer geeignet, die spezifischen Risiken und Erträge von Projekten im Bereich erneuerbare Energien abzubilden. Beispielsweise können hohe Anfangsinvestitionen, schwankende Energiepreise, lange Amortisationszeiträume und die zweifelhafte Langlebigkeit von Förderprogrammen eine präzise Bewertung erschweren.

2. Mangelnde Historie: Für viele Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien gibt es noch keine langen Erfahrungswerte, was die Erstellung verlässlicher Risikoprofile behindert. Es fehlen historische Daten, die bei der Risikobewertung helfen könnten.

3. Innovative Finanzierungsmodelle: Der Einsatz von grünen Anleihen und nachhaltigen Investitionsfonds erfordert oftmals eine Anpassung der bisherigen Geschäftsstrategien und Risikomanagementsysteme der Finanzinstitute – eine Forderung aus den Legislativvorschlägen des EU-Aktionsplans, die in den Instituten jedoch nicht unumstritten ist.

In Gesprächen mit Banken wird in diesem Zusammenhang oft auch deutlich, dass das Thema der „nachhaltigen Finanzierungen“ zwar im Fokus der Mitarbeiter:innen steht, die für die Umsetzung der EU-Regulatorik operativ verantwortlich sind, aber beispielsweise beim Vertrieb in den Banken noch nicht angekommen ist. Hier wird nur allzu oft die Frage nach dem „Warum?“ und „Was haben wir davon?“ gestellt, was deutlich macht, wie dringend notwendig Schulungen und Weiterbildungen in diesem Bereich sind. In diesem Zusammenhang ist noch ein weiterer Aspekt zu sehen, nämlich die potenzielle Besserstellung – aus finanzieller Sicht – von grünen und nachhaltigen Investitionen (oder die Schlechterstellung von nicht nachhaltigen). Eine höhere Eigenkapitalhinterlegungspflicht für nicht nachhaltige Finanzierungen, die zur Diskussion steht, könnte hier einen entscheidenden Impuls für mehr grüne Investitionen liefern.

Chancen und Potenziale

Investitionen in nachhaltige Projekte können zudem zur Risikominderung beitragen, indem sie die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und den damit verbundenen volatilen Preisen verringern.

Susanne Hasenhüttl

Trotz der Herausforderungen bietet die Energiewende auch immense Chancen, die hier nicht unerwähnt bleiben sollen. Die Förderung erneuerbarer Energien schafft nicht nur Arbeitsplätze, sondern fördert auch die technologische Innovation und die Entwicklung neuer Industriezweige. Unternehmen, die frühzeitig in nachhaltige Technologien investieren, können sich Wettbewerbsvorteile sichern und neue Marktsegmente erschließen. Finanzinstitute können durch die Bereitstellung von Kapital für nachhaltige Projekte nicht nur ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen, sondern auch von den langfristigen wirtschaftlichen Vorteilen profitieren.

Investitionen in nachhaltige Projekte können zudem zur Risikominderung beitragen, indem sie die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und den damit verbundenen volatilen Preisen verringern. Außerdem können sie helfen, regulatorische Risiken zu minimieren, da davon auszugehen ist, dass die Klimagesetzgebung nicht zurückgehen wird.

Nicht geringzuschätzen sind außerdem mögliche Reputationsgewinne für Unternehmen, die sich aktiv für die Energiewende engagieren. Dies stärkt nicht nur das Vertrauen der Kund:innen und Investor:innen, sondern kann auch die Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung verbessern.

Zusammenfassung

Die Energiewende ist nicht nur eine absolute ökologische und soziale Notwendigkeit, sondern auch eine wirtschaftliche Chance. Sie erfordert jedoch erhebliche Investitionen und stellt vielfältige Herausforderungen dar, insbesondere im Bereich der Finanzierung und der technologischen Umsetzung. Durch innovative Ansätze und die Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Akteure können diese Herausforderungen gemeistert und die Chancen der Energiewende für unser aller Zukunft genutzt werden.

Referenzen

[1] Vgl. Platform on Sustainable Finance. Monitoring Capital Flows to Sustainable Investments. Intermediate Report, April 2024.

[2] Vgl. Umweltbundesamt, Potenzialanalyse der Investitionskosten (bis 2030) für die Transformation zur Klimaneutralität, im Auftrag der WKÖ-Bundessparte Bank und Versicherung, Mai 2022.

[3] Vgl. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52018DC0097

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