War watt? Kapital weist globaler Energiewende den Weg

Gastautor Portrait

Hubertus Grass

Kolumnist

Nach Studium, politischem Engagement und Berufseinstieg in Aachen zog es Hubertus Grass nach Sachsen. Beruflich war er tätig als Landesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Prokurist der Unternehmensberatung Bridges und Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden. 2011 hat er sich als Unternehmensberater in Dresden selbständig gemacht.

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03. Dezember 2015
Energiewende aktuell

Was eint den Papst, den Rockefeller-Nachfahren Stephen Heintz, den norwegischen Staatsfonds und die London School of Economics? Sie alle sind Teil einer weltweiten Bewegung, die das Geld aus Investitionen in fossile Energien abzieht. Zu ihr gehören studentische Initiativen in Berkeley, Kalifornien, ebenso wie die Versicherungskonzerne Allianz und Axa. Die Divestment-Kampagne ruft weltweit Institutionen und Unternehmen dazu auf, Investitionen aus Firmen abzuziehen, deren Geschäftsmodell auf fossilen Brennstoffen beruht. Offenbar treffen sich in diesem Ziel das ethische Anliegen des Klimaschutzes und die finanziellen Risikobewertungen. Die großen Anleger reagieren. Kapital und Energiewende gehen Hand in Hand.

Ein Jahr nach Eon hat nun auch der RWE-Konzern verkündet, das Unternehmen in zwei Geschäftsfelder aufzuspalten und die neue Tochtergesellschaft, in der die Erneuerbaren Energien vereint werden, an die Börse zu bringen.  Schon bei den Plänen von Eon war wild darüber über die Gründe der Unternehmensneuordnung spekuliert worden. Hier im Blog hatten wir die Argumente gewogen. Bei RWE liegen die Karten offen auf dem Tisch: Das Unternehmen erhofft sich durch diesen Schritt einen günstigeren Zugang zum Kapitalmarkt. Bei einer Schuldenlast von 25,8 Mrd. € will Finanzvorstand Bernhard Günther von RWE einen Betrag im dreistelligen Millionenbereich bei der Refinanzierung sparen. Sein derzeitiges Problem ist unter anderem dem Erfolg der Divestment-Kampagne geschuldet. Die gigantische Summe von 3,4 Billionen US $ steht für Investitionen in Kohle, Öl und Erdgas nicht mehr zur Verfügung, das konnte jetzt am Rande des Pariser Klimagipfels verkündet werden.

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Das Kapital geht neue Wege

Wenn die großen Finanzinvestoren das Risiko des weiteren Investments in fossile Geschäfte scheuen, wohin fließt dann das Kapital? Auch hier weisen Veranstaltungen rund um den Klimagipfel den Weg. „Mission Innovation – Accelerating the clean energy revolution“ heißt eine neue Initiative von Staaten, Unternehmen und Privatinvestoren, die mehr Mittel für Forschung und Entwicklung sauberer Energien bereit stellen wollen. Unter ihnen sind Länder wie China, Indien, die USA, Indonesien und Brasilien sowie die EU-Staaten. Als Privatleute machen, wie die Klimaretter berichten, Mark Zuckerberg (Facebook), Jeff Bezos (Amazon), Meg Whitman (Hewlett-Packard) und der ehemalige Microsoft-Chef Bill Gates mit. Ziel der Initiative ist es, vor allem den Menschen in den Entwicklungsländern einen Zugang zu sauberer Energie zu verschaffen, den Klimaschutz zu fördern und die Armut zu bekämpfen.

Bereits vor zwei Jahren hatte sich einer der ganz großen auf dem internationalen Finanzbankett, Warren Buffet, von den fossilen Energien ab- und den Erneuerbaren Energien zugewandt. 30 Milliarden US $ wird seine Firma Berkshire Hathaway in die Energiezukunft investieren. Mit seinen Investments erzielt Warren Buffet seit Jahrzehnten eine durchschnittliche Rendite von 20% per anno. Heerscharen von kleinen und größeren Investoren folgen den Anlageentscheidungen des Orakels von Oklahoma.
Buffet und die anderen Investoren sind damit der bundeseigenen Bankengruppe der Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW, um Längen voraus. Trotz massiver Kritik steckt diese ihr, also auch unser Geld nach wie vor in die Finanzierung von Kohleprojekten auf der ganzen Welt.

Fast unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit hat das Kapital der globalen Energiewende in einem anderen Punkt schon seit Jahrzehnten den Weg gewiesen: Alle US-Präsidenten von Reagan bis Obama sahen in der Renaissance der Atomindustrie eine mögliche Antwort auf die Herausforderung des Klimawandels. Dass diese Renaissance in den USA und in den Ländern nicht stattgefunden hat, in denen solche Investitionen privates Kapital benötigen, ist dem scheuen Reh Kapital geschuldet. Der Bau neuer Atomkraftwerke war bei den hohen Risiken zu keinem Zeitpunkt lukrativ. Nur dort, wo es wie bei Hinkley Point staatliche Garantien über lange Zeiträume gibt, ist das Kapital mit dabei.

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  1. Windmüller

    vor 9 Jahren

    Was wir jetzt erleben, wusste schon Mahatma Gandhi
    "Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.“

    Franz Alt bringt dieses Zitat heute noch auf jeder seiner Veranstaltungen.

    Aber um ehrlich zu sein, bin ich an manchen Tagen selber verblüfft. Wenn man überlegt, wie wir vor 18 Jahren als Spinner hingestellt wurden, und welchen Wandel wir erlebt haben, dann glaube ich es an manchen Tagen selber nicht.

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