Heimspeicher auf der Schwelle zum Massenmarkt

Gastautor Portrait

Jakob Bitner

CEO und Co-Gründer der Voltstorage GmbH

Jakob Bitner ist Chief Executive Officer (CEO) und Mitgründer der VoltStorage GmbH, einem Münchner Unternehmen, das auf Basis der VRF-Technologie innovative Stromspeicher für Photovoltaikanlagen entwickelt. Der ausgebildete Finanzwirt und studierte Betriebswissenschaftler sammelte umfangreiche Berufserfahrungen in den Bereichen Business Development und Konzerncontrolling, bevor er 2016 die Geschäftsführung der VoltStorage GmbH übernahm. Innerhalb des Unternehmens ist Bitner für die Geschäftsentwicklung sowie für die Bereiche Finanzen und Marketing verantwortlich.

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29. Mai 2019

Immer mehr Eigenheimbesitzer nehmen die Energiewende in die eigene Hand. Dies spiegelt sich im zuletzt wieder stark ansteigenden PV-Zubau aber auch in der zunehmenden Zahl an Heimspeichersystemen wieder. So sind bereits mehr als 120.000 Heimspeicher in Deutschland in Betrieb, mit denen Haushalte selbst-produzierte Solarenergie speichern und rund um die Uhr nutzen können.

Steigende Nachfrage nach Heimspeicherlösungen

Übersicht über den Ausbau von Heimspeicherlösungen in Deutschland

Grafik: VoltStorage GmbH

Allein im vergangenen Jahr wurden 45.000 Heimspeichersysteme in Deutschland installiert – das entspricht einer Steigerung von 20% zum Vorjahr. Die Dynamik des deutschen Heimspeichermarkts sorgt dafür, dass inzwischen nahezu jeder Solarfachbetrieb Stromspeicher für Privathaushalte anbietet. Auch Energieversorger steigen zunehmend in das Geschäft mit der privaten Solarstromspeicherung ein: Knapp 200 Energieversorger bieten ihren Kunden inzwischen Heimspeicherlösungen zur Optimierung des PV-Eigenverbrauchs an.

Architekten, Ingenieurbüros und Fertighausbauer erweitern ebenfalls ihr Portfolio und beziehen Solarstromspeicher in die energetische Planung für ihre Kunden mit ein. Die Folge: Bereits zwei Drittel aller neu installierten PV-Kleinanlagen werden zusammen mit einem Heimspeicher in Betrieb genommen.

Positive Entwicklung hin zum Massenmarkt

Noch vor wenigen Jahren, als Heimspeicher noch als Nischenmarkt galten, waren Vorteile und Funktionsweise weitgehend unbekannt

Jakob Bitner, VoltStorage GmbH

Die steigende Nachfrage nach Energiespeichern für den Privatgebrauch hat die Branche in den vergangenen zwei Jahren spürbar beflügelt. Frühere Start-Ups des Heimspeichermarkts wie E3/DC, Senec oder Sonnen wurden von großen Unternehmen und Global Playern übernommen. Auch neue große Anbieter wie Siemens drängen auf den Markt oder haben bereits große Marktanteile erlangt wie etwa der chinesische Anbieter BYD.

Dass der Markt trotz konsolidierender Signale dynamisch bleibt, hat die diesjährige ees Europe, Europas größte Fachmesse für Speichersysteme, gezeigt. Neben den bereits etablierten Herstellern, die ausschließlich auf Lithium-basierte Lösungen setzen, gibt es mehr und mehr Anbieter alternativer Speichertechnologien – etwa auf Basis von Salzwasser, Nickel-Eisen oder Redox-Flow. Es deutet sich somit eine technologische Markterweiterung an, die auch durch die erhöhte Nachfrage nach Alternativlösungen getrieben wird. Dabei zeigt sich spätestens seit der ees Europe 2019, dass Speicher-Interessenten ein deutlich fundierteres Basiswissen mitbringen. Noch vor wenigen Jahren, als Heimspeicher noch als Nischenmarkt galten, waren Vorteile und Funktionsweise weitgehend unbekannt. Dies hat sich spürbar gewandelt, da sich der deutsche Heimspeichermarkt inzwischen an der Schwelle zum Massenmarkt befindet. Dank positiver Wachstumsprognosen wird diese Schwelle in den kommenden ein bis zwei Jahren überschritten werden.

Kommende Trends: Sektorkopplung- und Community-Lösungen

Die sektorengekoppelte Einbindung von Heimspeichern hat sich bei der diesjährigen ees als Trend abgezeichnet

Foto: VoltStorage GmbH

Der Branchentreff auf der ees Europe 2019 hat zudem gezeigt, dass die sektorengekoppelte Einbindung von Heimspeichern künftig von größerer Bedeutung sein wird. So steigt die Nachfrage, Heimspeichersysteme im Zusammenspiel mit Wärmepumpen und E-Fahrzeugen einzusetzen, um so selbst-produzierten Solarstrom auch abends und nachts zur Versorgung des Wärme- und Mobilitätssektors zu nutzen.

Ein weiterer wichtiger Trend ist die Vernetzung von Heimspeichern zu virtuellen Großspeichern. Diese gegenüber Endkunden als Strom-Community oder Cloud-Modelle verkauften Konzepte stellen ein kommendes Geschäftsmodell für Heimspeicheranbieter dar. So können mit Hilfe virtueller Heimspeicher-Zusammenschlüsse Leistungen zur Stabilisierung des Stromnetzes zur Verfügung gestellt werden. Angesichts des stark steigenden Anteils Erneuerbarer Energien werden Flexibilitätsanwendungen zur Netzstabilisierung immer mehr benötigt. Die derzeitigen politischen Rahmenbedingungen erschweren es Heimspeicherherstellern jedoch Strom-Communities bzw. Cloud-Modelle und dahinterstehende virtuelle Großspeicher wirtschaftlich zu betreiben. Ein Grund dafür ist, dass auch im Falle netzdienlicher Leistungsbereitstellung Netzentgelte anfallen. Um virtuelle Heimspeicher-Zusammenschlüsse zur Netzstabilisierung nachhaltig etablieren zu können, müssen die Rahmenbedingungen jedoch so geändert werden, dass wirtschaftliche Anreize entstehen – sowohl für Speicherbesitzer als auch für Betreiber von Strom-Communities und Cloud-Modellen.

Zukünftige Aussichten für den Heimspeichermarkt

Entwicklung des Zubaus von Photovoltaik in Deutschland

Grafik: VoltStorage GmbH

Die zukünftige Entwicklung des Heimspeichermarkts ist signifikant an den Zubau der Solarenergie gekoppelt. Nach aktueller Gesetzeslage der EEG-Novelle von 2012 ist ein Förderstopp für PV-Neuanlagen vorgesehen, sobald die installierte PV-Leistung 52 GW überschreitet. Ende 2018 lag die PV-Gesamtleistung bereits bei knapp 45,3 GW.  Angesichts des steigenden Zubaus könnte der gesetzlich vorgesehene Förderstopp bereits im kommenden Jahr eintreten. Wenngleich davon ausgegangen wird, dass die Bundesregierung das PV-Leistungsziel erhöhen wird, um den Ausbau Erneuerbarer Energien weiter voranzutreiben, hemmt die bislang ausbleibende Zielanpassung die Planungssicherheit der Heimspeicherbranche.

Diese Planungssicherheit ist jedoch wichtig, um auch technologische Alternativlösungen voranzubringen. Denn auch im stationären Batteriesegment stellt sich zunehmend die Frage, mit welchen Lösungen ein Post-Lithium-Zeitalter gestaltet werden kann. Die ees Europe hat hierbei gezeigt, dass sich immer mehr Speicherhersteller dieser Frage stellen und alternative Technologien in den Markt bringen.

Vanadium-Redox-Flow-Technologie: Ökologische Speicher-Alternative

Die bereits seit Jahren in Großspeichern eingesetzte Vanadium Redox Flow (VRF) Speichertechnik gehört hierbei zu einer zukunftsfähigen Post-Lithium Heimspeicher-Technologie. VRF kennzeichnet sich dadurch, dass elektrische Energie in einer Elektrolyt-Flüssigkeit gespeichert wird. Dabei handelt es sich um in Wasser gelöstes Vanadium, das als Nebenprodukt bei der Eisenherstellung entsteht und ohne seltene Rohstoffe auskommt. Vanadium ist zudem energiearm zu recyclen – und das zu 100%. Ein weiterer Vorteil besteht in seiner hohen Betriebssicherheit, da das Speichermedium nicht entflammbar ist. Darüber hinaus können VRF-Stromspeicher beliebig oft be- und entladen werden ohne dabei an Kapazität zu verlieren. Dies macht die Technologie zur einzig verfügbaren Speichertechnik, die eine 100% Kapazitätsgarantie gewährleistet.

Diskutieren Sie mit

  1. Christian Wetzel

    vor 3 Jahren

    Warum wird hier nicht die Lösung der Energiespeicherung in Form von Wasserstoff angesprochen.Das ist doch auch ein gedanke der in Zukunft relevant sein wird?

  2. BotU

    vor 4 Jahren

    Ich würde solch ein System sofort einsetzen, wenn es mir auch bei Netzausfall mein Haus versorgt !

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