Hannelore Reinbold-Mench im Interview: Soziale Energiewende, Mitmach-Energiewende

Gastautor Portrait

Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
12. September 2022

Wir Freiämterinnen und Freiämter sind stolz darauf, Pioniere der Energiewende zu sein und freuen uns, dass wir Netze BW bei der Entwicklung eines intelligenten und nachhaltigen Stromnetzes unterstützen dürfen.

Hannelore Reinbold-Mench

Hannelore Reinbold-Mench ist Bürgermeisterin in Freiamt, Deutschlands Vorzeige-Kommune mit positiver Energiebilanz: Dort entsteht mehr Strom, als benötigt wird. Wir haben mit Frau Reinbold-Mench gesprochen und gefragt, wie sich die Entwicklung in Freiamt auf das Gemeinschaftsgefühl der Bürgerinnen und Bürger auswirkt, welche technischen Projekte den Erfolg befeuern und welche Rolle sie der Mitmach-Energiewende zuschreibt.

Redaktion: Aus Freiamt gibt es wieder Neuigkeiten: Als Deutschlands wohl bekannteste Energiewende-Kommune gehen Sie in Sachen Repowering voran: Wie beschreiben Sie den Entscheidungs-Prozess im Gemeinderat hierzu? (Hinweis, Quelle, Meldung vom 14.7.22)

Bürgermeisterin Reinbold-Mench: Der Entscheidungs-Prozess war erfreulich harmonisch: Der Gemeinderat hat einstimmig dem Bauantrag für den Ersatz von alten Windrädern am Schillingerberg zugestimmt. Dort wird jetzt eine neue, deutlich leistungsstärkere Anlage errichtet. Die beiden bisherigen Windräder haben ihren Dienst in den letzten 20 Jahren getan und werden abgebaut. Mit der neuen Anlage – wohlgemerkt nur ein Windrad anstelle von wie bisher zwei – erwarten wir doppelt so viel Stromertrag, somit ein hoher Zugewinn an Effizienz: Die Nennleistung liegt bei 4,2 Megawatt.

Redaktion: Welches gewichtige Argument hat dazu beigetragen, dass dem Repowering nichts im Wege steht?

Bürgermeisterin Reinbold-Mench: Es waren vorrangig diese drei Themen, die in den Diskussionen vor der Entscheidung wichtig waren: Landschaftsbild, Erschließung und Wasserschutz. In Sachen Landschaftsbild hat sich mit Hilfe von Fotosimulationen gezeigt, dass sich keine wesentlichen Veränderungen ergeben werden. Kein sozialer Sprengstoff also. Auch positiv: Die bestehenden Wege werden für die Erschließung genutzt und zugleich das Einzugsgebiet der Hagemattenquellen besonders geschützt. Die Naturverträglichkeit, der Artenschutz und auch mögliche Belastungen durch Schattenwurf und Lärm wurden mit Gutachten geprüft und transparent gemacht. Das hat zum Ergebnis geführt, dass sich die Sprecher aller Fraktionen im Gemeinderat für den Ausbau positiv aussprechen. Wir hoffen nun, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung durch das Landratsamt erteilt werden kann.

Redaktion: Damit ist Freiamt dann quasi erneut Pionier – so viele Repowering-Projekte gibt es ja noch nicht in Deutschland.

Bürgermeisterin Reinbold-Mench: Richtig, diese Pioniersarbeit liegt uns möglicherweise in den Genen. Das gelingt aber auch nur, weil wir so eine breite Rückendeckung aus Gemeinderat und aus der Bevölkerung haben. Unsere Bürgerinnen und Bürger sind sehr gut informiert, wie die Energie hier vor Ort entsteht und welche Mengen wir hier vor Ort benötigen: Dass wir unterm Strich mit einer so guten Bilanz – sowohl in Sachen Energie als auch naturverträglicher Tourismus – dastehen, motiviert alle. Wir leben hier in Freiamt unsere Mitmach-Energiewende.

Redaktion: Sie entwickeln die Energiewende-Gemeinde Freiamt ja schon seit langer Zeit gezielt weiter, indem Sie in Forschungsprojekten mitwirken. Auf welches dieser ersten Projekte blicken Sie besonders gern zurück?

Bürgermeisterin Reinbold-Mench: Die Gemeinde Freiamt im Landkreis Emmendingen engagiert sich seit Jahrzehnten im Bereich der Energiewende. In der Gemeinde wird seit vielen Jahren mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt, als verbraucht. So hat die Gemeinde schon vor vielen Jahren beim Forschungsprojekt MeRegio als Modellregion im Bereich der Erzeugung von Strom teilgenommen. MeRegio, bei dem neben anderen Partnern auch die EnBW mitarbeitet, will u. a. eine intelligente Vernetzung dezentraler Erzeugungsanlagen erreichen. Damit sollen in der Zukunft die erneuerbaren Energien effizienter eingesetzt werden können.

Redaktion: In welchem Forschungsprojekte ist Freiamt gegenwärtig beteiligt?

Bürgermeisterin Reinbold-Mench: Aktuell beteiligt sich die Gemeinde an dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt „flexQgrid“. Dieses Projekt erprobt quasi in Fortsetzung des MeRegio-Projektes im NETZlabor Freiamt, wie lokal erzeugter Strom aus erneuerbaren Energien möglichst optimal in das Stromnetz integriert werden kann. Dies wird anhand des Einsatzes von Batteriespeicher, von E-Autos und Wärmestromanlagen getestet. Die Gemeinde pflegt mit Netze BW eine seit vielen Jahren offene und vertrauensvolle Partnerschaft. Die Gemeinde ist auch “EnBW-Vernetzt-Kommune”.

Zur Person

Hannelore Reinbold-Mench

Bürgermeisterin von Freiamt

Hannelore Reinbold-Mench ist Bürgermeisterin in Freiamt in der dritten Amtszeit in Folge. In 2022 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Ausschlaggebend war ihr Engagement für Klimaschutz und naturnahen Tourismus.

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