Umfrageergebnis: Wer werden die Gewinner der Digitalisierung der Energiewelt sein?

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Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
12. April 2016
Wer werden die Gewinner der Digitalisierung der Energiewelt sein?

Das haben wir bei unserer letzten Umfrage gefragt und bekamen eine recht eindeutige Antwort. Den traditionellen Energieversorgern traut man das Thema Digitalisierung offenbar nicht so recht zu. Die EVUs bilden mit 14 Prozent das Schlusslicht. Dass die Kunden die Gewinner der Digitalisierung der Energiewelt sein werden, meinen 24 Prozent. 61 Prozent und damit die Mehrheit ist der Überzeugung, dass die bei der Digitalisierung gewinnen, deren Kerngeschäft die digitale Welt ist. Machen Google, Apple und Co. das Rennen?

Dass die klassischen Energieversorger bei der Digitalisierung der Energiewelt am Ende die Nase vorne haben werden, glauben die EVUs selbst nicht. Wir haben hier im Blog von der Studie pwcberichtet, die PwC über die Digitalisierung und die EVUs gemacht hatte. Nur 17 Prozent der deutschen Energieversorgungsunternehmen haben so etwas wie eine digitale Strategie. Die anderen operieren wahrscheinlich im Dunkeln – sie tasten sich behutsam vorwärts (try) und wenn es daneben geht (error), dann versucht man es vielleicht auf einem anderen Weg. Diese Art von Strategiefindung hat früher funktioniert. Heute muss sie scheitern, weil die digitale Welt schneller, innovativer und kompromissloser ist. (Hier geht es zur kompletten Studie in unserer Energiebibliothek)
Jetzt zwingt die Digitalisierung die EVUs, schnell und flexibel zu agieren. Auch intern. Sie müssen ihre internen Prozesse optimieren und die Kosten senken, die in Jahrzehnten der Herrschaft über Gebietsmonopole kaum eine Rolle spielten und daher im Wettbewerbsvergleich exorbitant hoch sind. Einfach wird es nicht. Und das Publikum, sagt unsere Umfrage, ist skeptisch.

Die Aachener, auf den Energiemarkt spezialisierte Unternehmensberatung BET hat in einer BeTStudie2Untersuchung die Schwächen offen gelegt und den EVUs die folgende Diagnose ausgestellt:

  • Ein Denken in Risiken ist ausgeprägter als ein Denken in Chancen.
  • Es gibt kein systematisches Innovationsmanagement.
  • In den Unternehmen mangelt es an einer Atmosphäre des Aufbruchs.
  • Die vorhandene Belegschaft sieht sich eher nicht als Teil einer gemeinsamen Mission in die Zukunft.

Die Gefahr ist groß, dass so mancher Energieversorger in der nahen Zukunft auf der Strecke bleiben wird. Diejenigen, die die Energiewende bis heute nur mit Mühen überlebt haben und die zudem den Kunden bis heute noch nicht als König entdeckt haben, droht Ungemach. Was die Energiewende angefangen hat, wird die Digitalisierung vollenden: Die Bereinigung des Marktes von Wettbewerbern, die nicht mithalten können.

Sehr viel spricht auch aus unserer Sicht dafür, dass die Kunden zu den Gewinnern der Digitalisierung gehören werden. Zu diesem Schluss muss kommen, wer die Energiewirtschaft mit der Telekommunikation vergleicht. Bis in die 90ziger Jahre hinein waren beide Branchen oligo- oder monopolistisch strukturiert, extrem staatsnah und überreguliert, fortschritts- und wettbewerbsfeindlich. In der Telekommunikation hat sich das drastisch und schnell mit der Liberalisierung geändert. Die Kosten für die gleiche Leistung fielen zum Teil bis über 90 Prozent, das Angebot erhöhte sich, der Service wurde freundlicher und besser. Nach einer Studie der TU Dresden gewannen die Verbraucher in diesem kombinierten Prozess der Deregulierung und der fortschreitenden Digitalisierung in den ersten zehn Jahren ca. 100 Mrd. Euro.

Dass 61 Prozent der Überzeugung sind, Google, Apple und Co. würden das Rennen bei der DigitalisierungDigitalisierung machen, verwundert nicht wirklich. Von Daten verstehen die US-Unternehmen viel mehr als andere, und Daten fallen in der Energiewirtschaft reichlich an. Allein der Wechsel vom Drehstromzähler zum Smartmeter erhöht das Datenaufkommen beim Kunden um den Faktor 3500. Und in der Erzeugung wird es noch viel schlimmer. Daten in so großer Menge zu sammeln und in Echtzeit auszuwerten, muss man lernen. Derzeit haben die Datenkraken neben ihren angestammten Märkten die Branchen Musik, autonomes Fahren, Gesundheit und Energie fest im Blick. Ob sie bei der Digitalisierung der Energiewelt zu den absoluten Gewinnern gehören, wie es 61 Prozent glauben? Nobody knows.

Beruhigend zu sehen, dass den großen, kapitalkräftigen US-Gesellschaften wie Google, Apple, Facebook, Amazon, Tesla und anderen auf allen Märkten ebenbürtige Konkurrenten entstehen. Manchmal treten die Großen der digitalen Branchen auch selbst gegen einander an. Kommt das erste selbst fahrende E-Auto von Google, Apple oder von Tesla? Oder vielleicht doch aus Ingolstadt oder Stuttgart-Zuffenhausen? Selbst dort, wo die digitalen Platzhirsche zu den Ersten auf dem Markt gehörten, sind sie nicht allein gewachsen. Apple hatte mal beim Streaming der Musik eindeutig die Nase vorn und mit dem ipod auch das ultimative Abspielgerät erfunden. Der Vorteil ist vorbei. Das Geschäft mit dem Streaming wächst, aber Apple ist nur ein Player neben anderen auf diesem Markt.

Und in der Energiewelt wird es ähnlich sein. Lichtblick zum Beispiel ist als Ökostromanbieter ein „Digital Nativ“ und beherrscht das digitale Geschäft von der Erzeugung, über die Verteilung bis hin zum Energie-Prosumer-Haushalt aus dem Effeff. Aber auch andere Unternehmen wie Clean Energy Sourcing haben bereits Erfahrungen in der Direktvermarktung von Strom aus Erneuerbaren Energien gesammelt und wissen, virtuelle Kraftwerke zu organisieren. Warum sollte ein Unternehmen wie die Next Kraftwerke GmbH Angst vor den digitalen Riesen haben? Droht den jungen innovativen Unternehmen nicht viel mehr Gefahr von denen, die noch kleiner, noch schneller und noch bissiger im Markt unterwegs sind – den Energie-Startups?

Wir stellen erneut fest: Es bleibt hoch spannend. Unsere Umfrage lief vom 21. März bis zum 10. April. An ihr nahmen 70 Personen teil. Zu unserer aktuellen Umfrage „Was ist die größte Herausforderung der Digitalisierung der Energiewelt?“ geht es hier entlang.

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