Die Digitalisierung hat die Energieversorgungsunternehmen (EVUs) erfasst und wird als Bedrohung und Chance zugleich empfunden. Sie ist neben der Energiewende das Top-Thema der deutschen Energiewirtschaft. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hat daher knapp 120 deutsche EVUs zu ihrem Grad der Digitalisierung und zu ihren Schwerpunkten befragt und die Ergebnisse in einer Studie mit dem Titel: „Deutschlands Energieversorger werden digital“ zusammengefasst.
Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass die deutsche Energiewirtschaft die Bedeutung des Themas erkannt hat, aber dass in vielen Bereichen noch akuter Handlungsbedarf bestehen würde: 80 Prozent der befragten EVUs erwarten, dass die Digitalisierung bis Ende 2017 das gesamte Unternehmen erfasst haben wird und daher neue Geschäftsmodelle von Nöten sind. Ein Treiber dieser Entwicklung seien digital orientierte Start-ups, aber auch vormals branchenfremde Konzerne wie Google und Tesla, die mit aller Macht in den Energiemarkt drängen. Wegen der neuen Wettbewerber sehen 58 Prozent der befragten Unternehmen die Zukunft konventioneller EVUs bedroht. Dass deshalb die Anzahl der Energieversorger in Deutschland sinken wird, befürchtet ebenfalls mehr als die Hälfte der Befragten. 32 Prozent glauben, dass bis 2025 jeder vierte deutsche Energieversorger vom Markt verschwindet. Einige Befragte erwarten sogar einen noch stärkeren Rückgang.
Die Digitalisierung würde EVUs zwingen, schneller, flexibler und innovativer zu agieren. Dies würde ihnen aber auch die Chance bieten, interne Prozesse zu optimieren und so die Kosten zu senken. Dennoch fehle den meisten Unternehmen eine Strategie, um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Bislang hätten nur 17 Prozent der EVUs eine Digitalisierungsstrategie erarbeitet. Entsprechend müssen drei Viertel der Befragten ihre Aktivitäten erhöhen, so die Verfasser der Studie.
Immerhin 72 Prozent der befragten EVUs wollen in den kommenden zwei Jahren ihr Budget für die Digitalisierung erhöhen. 62 Prozent nennen Investitionen in Business Analytics als oberste Priorität. Fast ebenso viele Unternehmen gehen davon aus, dass Datenauswertungen ein zentraler Bestandteil ihres Geschäftsmodells werden können. So wollen 83 Prozent der EVUs ihren Kunden bald personalisierte Angebote machen. Neue digitale Geschäftsmodelle – eine weitere Chance der Digitalisierung – sind noch kein vorrangiges Thema.
Eines der Ergebnisse der Studie lautet daher, dass deutsche EVUs zwar die ersten Schritte gehen würden – und die Digitalisierung von Geschäftsprozessen und Kundenschnittstellen forcieren. Doch es bleibe noch ein weiter Weg bis zur vollständigen Digitalisierung der EVUs. Die Unternehmen würden größtenteils eher technisch und toolorientiert agieren und dabei wichtige Themen zu wenig beachten.
Die Autoren empfehlen den EVUs in Form einer „Digitalen Agenda“ konkrete Handlungsschritte: So sollten sie Digitalisierungsansätze unternehmensweit identifizieren, priorisieren und die konkrete Umsetzung planen. Zudem sei eine „digitale Unternehmenskultur“ erfolgsentscheidend, in der die Mitarbeiter „Unternehmenssilos“ auflösen, starre Prozessabläufe flexibilisieren und – das Management – digitale Kompetenzen fördert. Die Unternehmen sollten auch Kundendaten umfassender analysieren (Big Data) und ihre Erkenntnisse daraus zur individuellen Kundenansprache nutzen. Außerdem müssen EVUs digitale Produkte und Dienstleistungen entwickeln, Partnerschaften ausbauen, durch digitalisierte Prozesse ihre Kosten senken, ihre Effizienz steigern sowie die veränderten Bedürfnisse der – aus anderen Branchen längst digital verwöhnten – Kunden in den Mittelpunkt stellen.
Die konkreten Wege zum Ziel könnten verschieden sein, wichtig sei aber, dass sich die EVUs auf den Weg machen. Ansonsten könnten sie infolge der Digitalisierung vom Markt verschwinden, wie es die Branche selbst befürchtet – so die Empfehlung der Studie.
Die gesamte Studie können Sie in unserer Energiebibliothek oder hier herunterladen.
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