Die Preise für Solarspeicher sind in den letzten fünf Jahren um 42 Prozent gesunken. Noch dynamischer ist der Preisverfall bei Batterien für die Elektromobilität. Hier lag der Preisrückgang im gleichen Zeitraum bei mehr als 55 Prozent. Ähnlich wie auf dem Markt für Wind- und Sonnenenergie nach Einführung des EEG im Jahr 2000 sorgen der Aufbau neuer Produktionsstätten, Innovationen – auch getrieben durch staatliche Förderprogramme – sowie der globale Wettbewerb dafür, dass sich der Einsatz der neuen Technologie lohnt. Und das gilt für alle potentiellen Anwendungsfälle: Als Heimspeicher in Kombination mit der Solaranlage in der Größenordnung bis 10 kWh, als Akku im Auto für 30 oder mehr kWh und in der großtechnischen Anwendung von mehreren MWh. Dass auch bei den kleineren Akkus für Motorroller, Fahrräder, Rasenmäher, Sägen und alle möglichen Anwendungen der Speichermarkt boomt, sei hier nur am Rande erwähnt.
Raus aus den Kartoffeln, rein in die Kartoffeln: Das Beispiel Daimler
Wie sehr der Speichermarkt in Bewegung ist und wie schwer es der Industrie fällt, auf diese Herausforderung strategisch zu antworten, davon kann das deutsche Vorzeigeunternehmen Daimler Benz ein Lied singen. Früher als die europäische Konkurrenz hatte Daimler auf den Aufbau einer eigenen Zellproduktion für den E-Smart gesetzt und im sächsischen Kamenz das Unternehmen Li-tec übernommen. Ab 2012 lief dann die Produktion der Batterien an. Aber schon 2015 war wieder Schluss. Daimler verkaufte Maschinen und Roboter, um dann ein Jahr später wieder vollkommen anders zu entscheiden. Nun steigt Daimler wieder ein und investiert 500 Mio. Euro in den Aufbau einer neuen Produktion. Die Daimler-Tochter Deutsche Accumotive bündelt aber nur noch Lithium-Ionen-Zellen zu Batteriepaketen.
Weil Speicher Speicher seien, egal ob man sie im stationär im Haus braucht oder in Autos verbaut, bediente Daimler beide Märkte. Warum sollte das nur Tesla können? Als Antwort auf die Herausforderung aus Kalifornien verband sich Daimler mit der EnBW AG, die das von ihr entwickelte Batterie-Management-System EnergyBASE beisteuerte.
Aber auch dieses Engagement war nicht von Dauer. Letzten Monat gab das Unternehmen bekannt, dass es sich aus der Produktion von Heimspeichern zurück ziehen werde. Speicher unterscheiden sich offenbar doch von Speichern.
Doch beendet ist der Ausflug der Daimler AG auf dem Markt für stationäre Speicher damit nicht. Es wird bei Wechsel des Anwendungsfalls alles nur eine Nummer größer. Und die Stückzahlen geringer. Vor ein paar Tagen weihte der Konzern den dritten Großspeicher ein. Er besteht aus 1.920 Smart-Batteriemodulen und verfügt über eine Leistung von 8,96 Megawatt und eine Kapazität von 9,8 Megawattstunden. Man darf auf die nächsten Schritte der Daimler AG gespannt sein. Zumal beim E-Smart das Geschäft besser läuft als gedacht. Anders als bei den großen Karossen, deren Absatz schwächelt, hat das Unternehmen beim elektrischen Kleinwagen Lieferprobleme. Die Echternacher Springprozession in der Strategie des deutschen Premiumherstellers auf dem Speichermarkt zeigt: Die Entwicklung ist kaum berechenbar.
Das große Preisausschreiben der Europäischen Kommission: 10 Millionen Euro und mehr zu gewinnen
Seit der Erfindung des Automobils spielen die europäischen Hersteller in der ersten Liga der globalen Produktion. Mit dem Aufschwung der Elektromobilität könnte dieser Platz an der Sonne erstmals in Gefahr geraten. Weil es in Europa keine nennenswerte Produktion von Batteriezellen mehr gibt, droht zumindest ein beträchtlicher Anteil der automobilen Wertschöpfungskette abzubrechen. Schlimmstenfalls geraten die europäischen Produzenten in eine Abhängigkeit von ihren asiatischen Zulieferern, die 80 Prozent des weltweiten Speichermarkts bei den Batteriezellen in den Händen haben.
Carlos Moedas, EU-Kommissar für Forschung, Wissenschaft und Innovation, hat als eine Antwort auf diese Herausforderung ein hohes Preisgeld für die Entwicklung einer sicheren und nachhaltigen Batterie ausgelobt. 10 Mio. Euro erhält der Erfinder einer Batterie, die Elektroautos eine Reichweite von mindestens 600 km ermöglicht und bei der das Laden maximal fünf Minuten dauern darf. Ferner soll die neue Batterie aus umweltfreundlichen und in Europa leicht zu findenden Rohstoffen hergestellt sein.
Moedas Initiative ist nur eine neben anderen in der europäischen Union. EU-Energiekommissar Maroš Šefčovič bemüht sich nach Kräften, der European Battery Alliance (EBA) und seinem Aktionsplan zur Produktion „grüner Batterien“ Leben einzuhauchen. Unterstützt wird er dabei unter anderem von Bundeswirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier.
Šefčovič hat einen 20-Punkte-Aktionsplan vorgelegt. Neben der Politik sind zahlreiche namhafte Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Rohstoffen über Akku-Zellen und –Paketen bis hin zu den Verwertern beteiligt. Der EU-Kommissar geht davon aus, dass mehr als zehn Gigafactories in der EU nötig sind, um den erwarteten Bedarf an Batteriezellen von 200 Gigawattstunden im Jahr 2025 zu befriedigen. (Den strategischen Plan der EU finden Sie hier.)
Jobs bei den Batteriezellen statt in der Kohle?
Wir brauchen die neuen Arbeitsplätze da, wo die alten aus dem Kohleabbau wegfallen.
Wie die Zeitung Die Welt aus gut unterrichteten Regierungskreisen erfahren haben will, verbindet die Bundesregierung mit der europäischen Batterieallianz große Hoffnungen. Vielleicht sei es ja möglich, die in der Braunkohle wegfallenden Arbeitsplätze durch solche zu kompensieren, die in den neuen Batteriefabriken entstehen. Laut Welt spekulieren die Regierungskreise: „Wir wollen verhindern, dass die damit verbundenen Arbeitsplätze wieder in München oder Stuttgart entstehen. Wir brauchen die neuen Arbeitsplätze da, wo die alten aus dem Kohleabbau wegfallen.“
Wenn dieser Plan gelingt, hätte man mehrere Fliegen mit einer Klappe erschlagen. Man spielt auf dem Markt der Zukunft mit, verringert die CO2 – Emissionen und kann die Zahl der Arbeitsplätze in der Energiewirtschaft mindestens erhalten. Ob der Plan gelingt?
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