Eben noch ein Start-Up und heute der größte Batteriehersteller der Welt: Contemporary Amperex Technology (CATL) wurde 2011 gegründet und hat im letzten Jahr Panasonic als bisher größten Hersteller von der Weltspitze verdrängt. Fahrzeugbatterien kommen fast ausschließlich von asiatischen Unternehmen. Neben CATL sind Panasonic, BYD, LG Chem, Samsung SDI und Wanxiang zu nennen. Kein europäischer Hersteller wagt es, auch nicht mit Aussicht auf Förderung durch die EU, gegen diese Übermacht alleine anzutreten.
Während der Recherche für diesen Überblick gab BMW bekannt, dass es einen Milliardenauftrag an CATL vergeben hat. CATL wird ein Werk in Thüringen errichten, um BMW zu beliefern. Harald Krüger, Vorstandschef von BMW, betonte nach Aussagen des Manager Magazins, „bis auf die Zellen für die Batterien bleibe die gesamte Wertschöpfung des Elektroantriebs“ in den Händen der bayerischen Autobauer. Doch damit ist BMW zunächst raus aus dem Rennen, in Europa eine eigenständige Linie – von der Forschung über die Entwicklung bis zur Massenproduktion von Zellen und Batterien – aufzubauen.
Die Tendenz ist eine andere. Der französische Spezialist Saft, eine Tochter des Ölkonzerns Total, hat sich Siemens für die Automatisierungstechnik, den Anlagenbauer Manz für die Maschinen und den belgischen Konzern Solvay für die benötigten Chemikalien als Partner gesucht, um ein Werk zur Entwicklung und Fertigung von Batteriezellen aufzubauen.
Siemens beteiligt sich auch beim Aufbau einer Batteriefabrik des schwedischen Batteriespezialisten Northvolt in Europa. Wie der Spiegel berichtete, will Northvolt in Schweden die europaweit größte und modernste Fabrik für Lithium-Ionen-Batterien bauen und damit die Autoindustrie beliefern. Neben Siemens wird der Elektrokonzern ABB als Technologiepartner mitwirken. Zusammen mit Scania, Volvo, Vattenfall und der schwedischen Energieagentur, die bereits bei Northvolt engagiert sind, formiert sich im Norden ein potentes Bündnis auf dem Speichermarkt Europa, um der asiatischen Übermacht paroli bieten zu können.
In Deutschland geht, wie schon berichtet, terraE an den Start. Hinter terraE verbirgt sich ein Konsortium von 17 Unternehmen. Siemens und ThyssenKrupp System Engineering sind ebenso dabei wie das Öko-Institut und mehrere Hochschulen. Die EU-Kommission begrüßt, dass sich in Europa in Konsortien wie terraE die Kräfte bündeln. EU-Kommissar Maroš Šefčovič sagte dem Unternehmen die Unterstützung zu. Die European Battery Alliance werde terraE weiterhin fördern, “[…] einschließlich ihres Ansatzes, mehrere Industrie- und Forschungsakteure in ihr Projekt einzubeziehen.“
Die Notwendigkeit und Bereitschaft zur Kooperation sind derzeit bei keinem anderen Industriesegment so ausgeprägt wie bei der Zell- und Batterieherstellung. Umso überraschender war daher die Nachricht aus dem Hause Bosch. Der Stuttgart Zulieferer zieht sich aus Forschung und Entwicklung der Lithium-Ionen-Batterien zurück. Auch Seeo, eine Tochter-Gesellschaft von Bosch mit Sitz in den USA, die Batterien aus Feststoffzellen entwickelt, soll verkauft werden.
Feststoffbatterien: Bosch geht, VW kommt
Ein Grund, warum Bosch sich bei den gewaltigen Investitionssummen von mehreren Milliarden EU pro Gigafactory zurück hält, ist das noch offene technologische Rennen. Das Maß der Dinge als Energiespeicher im E-Auto ist der Lithium-Ionen-Akku. Es ist aber keineswegs ausgemacht, dass das so bleiben wird. Toyota setzt in der Forschung auf Feststoffzellen-Akkus, die höhere Reichweiten und kürzere Ladezeiten ermöglichen sollen. „Solid-State-Batterien“ könnte die Zukunft gehören, wenn es gelingt, die (derzeit noch zahlreichen) Probleme zu lösen.
Während sich Bosch aus seinem Engagement in den USA zurück zieht, steigt Volkswagen beim Batterie-Entwickler QuantumScape ein und will eine erste kleine Fabrik für Feststoffbatterien bauen. VW wird 86 Mio. Euro in das US-Unternehmen investieren. Mit diesem Geld will sich der Konzern alle Optionen offen halten. Denn parallel baut man in Salzgitter an einer Pilotanlage für die Lithium-Ionen-Fertigung. Außer VW und Toyota sind noch Fisker und Renault-Nissan-Mitsubishi im Rennen um die alltagstaugliche Feststoffbatterie dabei.
Ähnlich dynamisch wie bei den Batterien für die Elektromobilität präsentiert sich der Markt für die Heimspeicher. Und auch in diesem Segment will die Europäische Kommission ihren Einfluss geltend machen. Am Rande der Intersolar Europe traf sich Maroš Šefčovič, EU-Kommissar für die Energieunion, mit den Chefs führender europäischer Photovoltaik-Unternehmen.
Wie das PV-Magazin berichtete, will der EU-Kommissar von den Unternehmern, dass sie sich ins Clean Energy Industrial Forum einbringen, mit dem die EU eine nachhaltige Solarindustrie in Europa entwickeln will. Ziel der Strategie ist es, bis 2030 allein im Solarsektor 300.000 neue Arbeitsplätze schaffen.
Für diese Strategie gut gerüstet ist der Speicherspezialist „sonnen“. Erst vor zwei Jahren startete das Unternehmen aus Bayern mit seiner „sonnenCommunity“ und wagte schon ein Jahr später den Roll-out nach Australien und in die USA. Das schnelle Wachstum verlangt Kapital. Bei der Finanzierungsrunde über 60 Mio. Euro war die alte Energiewelt ganz vorne mit dabei. Leadinvestor der Runde ist Shell Ventures, das sich neben allen bestehenden Investoren an „sonnen“ beteiligt.
Anspruch: Vollsortimenter der dezentralen Energiewende
Auch der Speicherhersteller Deutsche Energieversorgung (DEV), besser bekannt unter ihrer Marke „SENEC“, suchte auf dem schnell wachsenden Markt finanzkräftige Verstärkung. Eingestiegen und das gleich zu 100 Prozent ist die EnBW AG. Neben der Internationalisierung des Geschäfts will die EnBW strategisch den Kunden anbieten, eigenerzeugten Strom über Sektorkopplung mit Wärme und Elektromobilität zu verknüpfen. Kombiniert mit der Cloudlösung von SENEC sollen die EnBW-Kunden dann die Möglichkeit haben, an der Ladesäule den auf dem heimischen Dach erzeugten Strom zu tanken. Oder, wie es der zuständige Produktmanager der EnBW AG, Timo Sillober, ausdrückt: „Wir werden Vollsortimenter der dezentralen Energiewende.“
Mehr Infos zum Akkumarkt
Den ersten Teil unseres Marktüberblicks finden Sie hier.
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Staffan Reveman
vor 6 JahrenWieviel CO2-Ausstoß verursacht die Herstellung und Transport der Batterien? Hier sehe ich gewaltige Unterschiede und darüber wird kaum gesprochen. Eine integrierte Batteriezellenfertigung ist extrem Energieaufwendig. Vielleicht braucht ein Werk dauernd 100 MW. Bei 520 g CO2 pro kWh in Deutschland, haben wir ein Problem. Bei über 700 g in Polen sollten wir uns schämen. Mit Wasserkraft in Nord-Schweden zu fertigen und mit der Eisenbahn nach Wolfsburg un Stuttgart transportieren, gerade ideal. Warum verlangt nicht die Automobilindustrie Komponenten mit möglichst kleinen CO2-Fußabdruck? Ist die Energiewende nur etwas für die Firmenpräsentation oder meinen wir es ernst?