Debatten-Abend – Verantwortung endet nicht am Firmentor

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Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
19. Juli 2021
NadinD/www.shutterstock.com

Verantwortung endet nicht am Firmentor – die Wege davor und danach sind ebenso wichtig. Beim dritten Debatten-Abend des Jahres 2021 der Stiftung Energie & Klimaschutz diskutierten Myrna Sandhövel, Beraterin der Prognos AG, Professorin Anke Weidenkaff, Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategien IWKS sowie Olaf Komitsch, Leiter des Bereiches Einkauf bei der EnBW darüber, wie nachhaltige Lieferbeziehungen gestaltet werden können und wie weit deutsche Unternehmen im Bereich Kreislaufwirtschaft sind. Moderiert wurde der Abend von Alexandra von Lingen.

Das neue Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen, Transparenz zu schaffen

Es gibt natürlich Unternehmen, die sehr transparent sind, die sehr klar sind in ihrer Lieferbeziehung. Ich würde sagen das sind eher die wenigsten.

Myrna Sandhövel

Spätestens seit dem der Bundestag das Lieferkettengesetz beschlossen hat ist das Thema in der öffentlichen Wahrnehmung präsent. Für Unternehmen wird es ab 2023 noch wichtiger, die ganze Wertschöpfungskette ihrer Produkte zu kennen – von der Entstehung bis zur Entsorgung. Das Lieferkettengesetz nimmt auch die in die Pflicht, die bisher keinen besonderen Schwerpunkt auf die Offenlegung ihrer Bezugsquellen gelegt haben – ein Schritt, der laut Myrna Sandhövel notwendig ist: „Es gibt natürlich Unternehmen, die sehr transparent sind, die sehr klar sind in ihrer Lieferbeziehung. Ich würde sagen das sind eher die wenigsten.“ Es gelte, die Datenlage zu verbessern, damit die Wertschöpfungsketten auf ihren Aufbau hin überprüft werden können und bestehende Risiken für Mensch und Umwelt identifiziert und verringert werden können, fordert Sandhövel. „Unternehmen müssen mit den Lieferanten gemeinsam an Konzepten zur Verbesserung der Datenlage arbeiten”, ergänzt Olaf Komitsch. Er kenne die Herausforderungen aus der Praxis, jeden einzelnen Lieferschritt in Gänze nachzuvollziehen und zuverlässige Daten von Lieferanten zu erhalten. “Hier gibt es in den nächsten Jahren noch viel zu tun”, so Komitsch.

Informationsfluss von Entstehung bis Entsorgung nicht immer gegeben

Für große Unternehmen mit einer Vielzahl an Lieferanten stehen hierbei vor besonders großen Herausforderungen, konstatiert Anke Weidenkaff. “Je nach Produkt ist es extrem schwer nachzuvollziehen, welche Rohstoffe darin überhaupt enthalten sind”, führt sie aus. Eine hundertprozentige Transparenz in allen Lieferketten zu erhalten sei in der Praxis häufig nur schwer möglich. “Ein erster Schritt ist hierbei die vertragliche Zusicherung”, reagiert Komitsch. Aus seiner Sicht ist es notwendig, dass Unternehmen von ihren Zulieferern von Beginn an Informationen einfordern und bei Regelverstößen den Dialog suchen. Ergänzt werden diese Maßnahmen durch Besuche vor Ort und Audits – kein unaufwändiger Prozess, aber einer, der notwendig sei, um langfristig Vertrauen zu schaffen.

Deutschland auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft?

Neben der Entstehung eines Produkts ist auch dessen weitere Nutzung und Entsorgung entscheidend. „Wir befinden uns schon nicht mehr in einer linearen Wirtschaft, sondern in einer Recyclingwirtschaft. Eine Kreislaufwirtschaft würde bedeuten, dass wir Produkte herstellen aus Recyclaten oder Sekundärrohstoffen“ so Professorin Weidenkaff. Sinnvolle Kreislaufwirtschaft beinhalte Rohstoffe, die lokal, energieeffizient und zeitnah zurück in den Kreislauf zurückzugeben werden können. Um diesen Idealzustand zu erreichen bedarf es wissenschaftlich fundierte Leitlinien zur Regulierung, die unter anderem auch die Sustainable Development Goals berücksichtigen – davon sei Deutschland aktuell noch weit entfernt, so Weidenkaff.

Kreislaufwirtschaft als Chance für Unternehmen?

Wir befinden uns schon nicht mehr in einer linearen Wirtschaft, sondern in einer Recyclingwirtschaft. Eine Kreislaufwirtschaft würde bedeuten, dass wir Produkte herstellen aus Recyclaten oder Sekundärrohstoffen.

Professorin Anke Weidenkaff

Inwiefern Unternehmen auf Recycling bei ihren Produkten achten, hängt stark mit der Wirtschaftlichkeit der Prozesse zusammen. Für Unternehmen kann es ökonomisch attraktiv sein, auf Kreislaufwirtschaft zu setzen, so Sandhövel. Durch eine verbesserte Energieeffizienz bei der Produktion könnten Kosten gespart werden, ebenso durch den Kauf von Sekundärrohstoffen. Problematisch sei hierbei allerdings, dass für Sekundärrohstoffe nicht immer Qualitätskriterien eingehalten werden können bzw. Standards fehlen. Professorin Weidenkaff führte aus, wieso Unternehmen teilweise nur zurückhaltend Sekundärrohstoffe nachfragen. Dies hänge vor allem damit zusammen, dass die Unternehmen etablierte Lieferketten haben und sie ihre verlässlichen Handelspartnerschaften nur ungern aufgeben möchten. Der Umstieg auf Sekundärrohstoffe sei somit mit gewissen Hürden verbunden.

Im weiteren Verlauf der Diskussion wurden noch viele weitere Aspekte von nachhaltigen Lieferketten und Kreislaufwirtschaft durchleuchtet. Beispielsweise inwiefern die Digitalisierung dabei eine wichtige Rolle spielt und was getan werden muss, um die Produkte langlebiger zu gestalten, welche Initiativen es seitens der Politik braucht und was der/die einzelne Verbraucher*in tun kann.

Die vielen spannenden Redebeiträge unserer Gäste können Sie auch im Nachgang noch in voller Länge sehen. Sie bieten einen tiefen Einblick und eine ganze Reihe an Denkanstößen. Wenn Sie sich für nachhaltige Lieferketten interessieren, laden wir Sie herzlich dazu ein sich die Zeit zu nehmen und sich den Debatten-Abend in voller Länger anzuschauen.

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In eigener Sache

Unseren Gästen des Debatten-Abends haben wir es bereits mitgeteilt, gerne weisen wir auch hier auf eine personelle Änderung im Vorstand der Stiftung hin: Holger Schäfer hat eine neue Aufgabe als Leiter Geschäftsfeldentwicklung & Steuerung Systemkritische Infrastruktur bei der Stifterin EnBW übernommen. In diesem Zuge hat er sich entschieden die Sprecherrolle niederzulegen. Seine Nachfolge tritt Katharina Klein an. Auf Bitte des Stiftungsrates bleibt Holger Schäfer Mitglied des Vorstands.

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