Wasserstoffwirtschaft: Wie H2-ready sind wir?

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Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
06. September 2023

Seit über zehn Jahren wird auf dieser Plattform die Energiewende diskutiert. Und ebenso lange begleitet uns das Thema der Wasserstoffwirtschaft. Ob der Wasserstoff die ideale Ergänzung zu den Erneuerbaren Energien sei, war bereits die Leitfrage unseres Debatten-Abends im November 2012. Wir haben auf die Farben des Wasserstoffs geschaut und mittels Infografiken dargestellt, wie viel Wasserstoff wir künftig importieren müssen. Zwischenzeitlich hat sich so viel getan, dass wir Wasserstoff wieder zum Thema machen. Es wird ernst. Die Transformation läuft an. Die Wasserstoffwirtschaft kommt. Und mit ihr entsteht ein neuer, weltweiter Industriezweig, der das Ende der Fossilwirtschaft manifestiert.

Organisation des Markthochlaufs

Der Markthochlauf für Wasserstoff in Deutschland ist zentraler Bestandteil der Nationalen Wasserstoffstrategie, die im Jahr 2020 von der alten Bundesregierung verabschiedet und im Juli 2023 von der neuen Bundesregierung aktualisiert wurde. Langfristiges Ziel der Strategie ist es, eine zuverlässige Versorgung Deutschlands mit grünem nachhaltigem Wasserstoff zu gewährleisten und einen möglichsten gleitenden Übergang in den betroffenen Sektoren zu organisieren.

Die Strategie setzt staatliche Leitplanken für die Erzeugung, den Transport und die Nutzung von Wasserstoff und seinen Derivaten und bündelt die Maßnahmen der Bundesregierung. Der deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellenverband (DWV) drängt auf Eile und weitere Konkretisierung der Maßnahmen „Die Wasserstoffbranche steht in den Startlöchern und wartet auf die Schaffung der richtigen Rahmenbedingungen durch die Bundesregierung. Erst dann können die notwendigen Investitionsentscheidungen getroffen werden.“ Das EEG habe gezeigt, so der DWV in seiner Stellungnahme, wie man einen Wirtschaftsboom gestalten und auslösen kann. Das gelte es nun beim Wasserstoff zu wiederholen.

Wasserstoffwirtschaft: Größe und Mobilisierung des künftigen Marktes

In ihren Handlungsempfehlungen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit mit Elektrizität rechnet die Bundesregierung im Januar 2023 langfristig mit einem Bedarf an 360TWh pro Jahr über alle Sektoren. Bis 2030 sollen davon etwa 90 bis 130TWh realisiert werden. Zur Einordnung der Größe dieser Aufgabe: Die jährliche Nachfrage von 360TWh entsprechen in etwa 2/3 unseres derzeitigen Stromverbrauchs, mit dem ein Umsatz von 520 Milliarden € erzielt wird.

Für 2024 hat die Bundesregierung 4 Milliarden Euro für die Förderung von Wasserstoffprojekten eingeplant. 35% davon sollen auf die Industrie, 6% auf die Kraftwerke, 7% auf den Transport, 30% auf die Produktion sowie den Import entfallen. Für den Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur sind 17% vorgesehen.

Aufbau eines Wasserstoffnetzes

Der aktuelle Planungsstand für ein überregionales Wasserstoff-Kernnetz in Deutschland wurde von den Fernleitungsnetzbetreibern am 12. Juli 2023 veröffentlicht. Die dargestellten Trassenvarianten (s. Grafik) sollen in den Folgeschritten unter Berücksichtigung eingehender Meldungen im Rahmen der „Gelegenheit zur Stellungnahme“ potenzieller Wasserstoffnetzbetreiber bewertet und optimiert werden. Die dargestellten Leitungen haben eine Länge von rund 11.200 km und sollen 309 Wasserstoffprojekte anbinden. Die Einspeiseleistungen für Wasserstoff verfügen in Summe über eine Kapazität von 101 GW. Als sonstige Einspeisungen sind insbesondere Importe über Schiffterminals zu verstehen, an denen Wasserstoff, der in einer anderen Form, wie z. B. LOHC oder Ammoniak, transportiert und als Gas in das Wasserstoffnetz eingespeist wird.

Wasserstoff Kernnetz
Aktueller Planungsstand (12. Juli 2023) des Wasserstoff-Kernnetzes.

https://fnb-gas.de/pressematerialien/wasserstoffnetz_planungsstand-wasserstoff-kernnetz-vom-12-juli-2023-mit-ein-und-ausspeisung/

Ein Thema von globaler Dimension

195 Vertragspartner haben 2015 das Pariser Klimaabkommen beschlossen. [...] Fast alle Vertragspartner werden zur Erreichung des Ziels auch auf Wasserstoff setzen.

195 Vertragspartner haben 2015 das Pariser Klimaabkommen beschlossen. 195 Vertragspartner sind vertraglich verpflichtet, die durch Menschen verursachten Treibhausemissionen vollständig zu vermeiden und das Klima deutlich unter der Erhöhung von 2° zu stabilisieren. Fast alle Vertragspartner werden zur Erreichung des Ziels auch auf Wasserstoff setzen. Entsprechend vielfältig wird die Konkurrenz sein, diesen Markt und seine Teilmärkte zu erschließen.

Für Deutschland ist die Wasserstoffwirtschaft schon deshalb ein internationales Thema, weil die EU den Rahmen vorgibt, um die neue Industrie zu entwickeln. Zum anderen fehlen Deutschland die Kapazitäten, um den Bedarf an erneuerbarem Strom zu decken, der für die Erzeugung des Wasserstoffs nötig sein wird. Bei tendenziell abnehmendem Bedarfs beim Energieimport braucht es beim Wasserstoff auch eine Importstrategie.

Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft ist vielschichtig. Kaum eine Industrie, kaum eine Region, die von den Veränderungen nicht betroffen sein wird. Im jetzt startenden Themenschwerpunkt wollen wir die Aspekte aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten. Wir freuen uns auf die Beiträge und die Diskussionen dazu.

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  1. Absolvent 2022

    vor 7 Monaten

    Sehr interessantes Thema. Wann wird es den nächsten Debattenabend geben?
    Wie kann man am Besten in dem zukunftweisenden Wirtschaftszweig als Berater oder Projektentwickler tätig werden.

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