War watt? Die Energiewende im Netz

Gastautor Portrait

Hubertus Grass

Kolumnist

Nach Studium, politischem Engagement und Berufseinstieg in Aachen zog es Hubertus Grass nach Sachsen. Beruflich war er tätig als Landesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Prokurist der Unternehmensberatung Bridges und Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden. 2011 hat er sich als Unternehmensberater in Dresden selbständig gemacht.

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24. Juli 2014

Die EEG-Reform ist durch. Nach Bundestag und Bundesrat hat jetzt auch die EU-Kommission grünes Licht gegeben. Damit kann die Teil-Reform der deutschen Energiewende wie geplant am 1. August in Kraft treten.

Ob die Reform den Ausbau der Erneuerbaren abgewürgt hat oder mehr Licht als Schatten enthält, wird sich zeigen.

Man kann es nicht oft genug in Erinnerung rufen: Es geht nicht um die Strommast (Bild Nr. 8177)Sonnensteuer, um atmende Dackel, Teckel oder Deckel, sondern um die Begrenzung des von Menschen gemachten Klimawandels. Wissenschaftlich fast unstrittig ist die These, dass wir die Erwärmung des Klimas auf zwei Grad gegenüber den vorindustriellen Werten begrenzen müssen, weil ansonsten das Klima außer Kontrolle zu greaten droht. Doch das Leitmotiv der Debatte spielt in den gegenwärtigen Diskussionen praktische keine Rolle mehr. Darauf hat Prof. Dr. Markus Rhomberg, Inhaber des Lehrstuhls für Politische Kommunikation an der Zeppelin Universität Friedrichshafen, jetzt hingewiesen.

Auch das für die Energiepolitik zuständige Ministerium macht das keine Ausnahme: „Wachstum und Wohlstand in Deutschland brauchen auch künftig eine sichere, bezahlbare und umweltfreundliche Energieversorgung“, heißt es da einführend zur Energiepolitik. Das hätte man auch anno 1970 so schreiben können.

Das Netz rauf und runter wird gejubelt, dass der Anteil der Erneuerbaren im ersten Halbjahr die 30% Marke beim Strom geknackt hat, doch die Reflektion im Kreise der Verantwortungsträger darüber, dass wir beim Klimaschutz kaum voran kommen, fehlt. Gemessen am globalen Primärenergieverbrauch treten die erneuerbaren Energien seit 40 Jahren mit einem Anteil unter 14 Prozent auf der Stelle.

Im letzten Jahrzehnt waren die deutschen Braunkohlekraftwerke mit einem Anteil von über 30% Stromerzeuger Nummer 1. Diesen Spitzenplatz haben sie auch in einer anderen Kategorie: Die deutschen Kohlekraftwerke sind die klimaschädlichsten in Europa. Vier der fünf dreckigsten Kohlekraftwerke Europas stehen in Deutschland.

Unter dem Titel Deutschland verkohlt Europa analysiert der WWF: „Schuld an der steigenden Kohleverstromung ist neben einer wachsenden Schere von Kohle- und gestiegenen Erdgaspreisen der weiterhin unwirksame CO2-Zertifikatepreis. Damit drückt der Markt Braunkohlekraftwerke in Richtung Vollauslastung und verdrängt weniger emissionsintensive Erdgaskraftwerke.“

Bei diesem CO2-Rekord ist es kein Wunder, dass die Bundesregierung diese Woche einräumen musste, Schwierigkeiten mit der Erreichung der Klimaziele zu haben. Bis Heizkraftwerk (Bild Nr. 9378)2020, so der Plan, will Deutschland seinen Ausstoß an Treibhausgasen um 40 Prozent gegenüber 1990 verringern. Stand heute sind – vor allem Dank der Abwicklung der DDR-Industrie – 24 Prozent geschafft. Seit 2011 steigt der CO2 -Ausstoß wieder an. Dass sich viele Bundesländer eigenständige Klimaziele gesetzt haben, ändert nichts an dem Dilemma: Um das deutsche Klimaziel noch zu erreichen, müssten wir die Emissionen ab sofort jedes Jahr um mehr als 3 Prozent senken. Mal ernsthaft: Glauben Sie daran? Wer sollte das durchsetzen? Klimaschutz ist als poltisches Thema nur in der Opposition interessant. 

Auch auf einer anderen Baustelle der Bundesregierung ist eher Stillstand als Entwicklung angesagt: Beim Ausbau des Stromnetzes. 1900 Kilometer sollen gebaut werden, 416 Kilometer konnten, wie die Klimaretter jetzt berichten, in fünf Jahren fertig gestellt werden. In diesem Jahr werden gerade einmal 94 Kilometer neu gebaut.

Übertreiben wir Deutschen es mit der Energiewende und dem Klimaschutz?
Oder sind wir zu langsam – gemessen an
* der Menge der Treibhausgase, die wir seit Beginn der Industrialisierung in die Luft geblasen haben?
* den Pro-Kopf-Emissionen, die noch immer weit über dem globalen Durchschnitt liegen?
* den technischen und finanziellen Möglichkeiten eines der reichsten und wirtschaftlich stärksten Länder dieser Welt?

Oder anders gefragt: Kann man es beim Klimaschutz überhaupt übertreiben? Die Klimadaten der National Oceanic and Atmospheric Administration weisen den Juni 2014 als neuen Rekordmonat auf. Es ist, wie scinexx berichtet, der 38. Juni in Folge, der über dem langjährigen Mittel liegt. Offenbar wartet der Planet nicht mit der Erwärmung, bis wir einen Klimaschutzplan haben, dem alle zustimmen können.

 „Der Deutsche Gründerpreis ist die bedeutendste Auszeichnung für herausragende Unternehmer in Deutschland. Er wird für vorbildhafte Leistungen bei der Entwicklung von innovativen und tragfähigen Geschäftsideen und beim Aufbau neuer Unternehmen verliehen.“ In diesem Jahr wurde mit der Next Kraftwerke GmbH ein junges Energieunternehmen in der Kategorie Aufsteiger für den Deutschen Gründerpreis nominiert. Die Preisverleihung findet am 16. September statt. Wir drücken die Daumen.

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