Kommunale Teilhabe an der Wertschöpfung der Windenergie: Kompliziert, aber nicht unlösbar

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Dr. Hartmut Kahl

Gastautor

Dr. Hartmut Kahl, LL.M. (Duke) leitet den Forschungsbereich „Recht der erneuerbaren Energien und Energiewirtschaft“ der Stiftung Umweltenergierecht. Diese beschäftigt sich als unabhängige wissenschaftliche Forschungseinrichtung mit der Frage, wie sich der Rechtsrahmen ändern muss, damit die Energiewende gelingt. Er ist Koautor der in dem Beitrag zitierten Studie und beschäftigt sich neben dem Erneuerbare-Energien-Gesetz u.a. mit staatlich veranlassten Strompreisbestandteilen und ihrer Funktion bei der Transformation der Energiewirtschaft.

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17. September 2018
Mensch steht mit ausgestreckten Armen vor Windkraftanlage

Deutlich wird jedenfalls, dass das Thema Akzeptanz die Politik umtreibt... - auch im Bund.

Dr. Hartmut Kahl

Die Windenergie kommt nicht aus den Schlagzeilen. Aus der Staatskanzlei in Brandenburg, wo nächstes Jahr ein neuer Landtag gewählt wird, kam dieser Tage der Vorschlag, das Außenbereichsprivileg für Windenergieanlagen im Baugesetzbuch abzuschaffen. Dann könnten Windparks nur noch dort entstehen, wo ihnen die Kommunen im Bebauungsplan einen Platz zuweisen. Dies soll die Akzeptanz erhöhen. Ob sich mit einer solchen Verengung der Planungskulisse die Ausbauziele halten lassen, steht freilich auf einem anderen Blatt. Deutlich wird jedenfalls, dass das Thema Akzeptanz die Politik umtreibt, die händeringend nach Instrumenten sucht – auch im Bund. Als Schlüssel dafür wird eine stärkere lokale Beteiligung an der Wertschöpfung gesehen. So hat sich die GroKo im Koalitionsvertrag vorgenommen, „durch eine bundeseinheitliche Regelung beim weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien die Standortgemeinden stärker an der Wertschöpfung von EE-Anlagen [zu] beteiligen“.

Nun gibt es bereits eine Reihe von Maßnahmen, die darauf abzielen, die Akzeptanz für Windenergieanlagen zu erhöhen. Teils sind dies aus der Branche selbst heraus entwickelte Teilhabemodelle wie Bürgersparverträge oder vergünstigte Stromtarife, teils von einzelnen Landesregierungen initiierte Instrumente wie das sperrig klingende Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern oder das Siegel „Faire Windenergie“ in Thüringen (siehe Hoffmann/Wegner, Mechanismen finanzieller Teilhabe am Ausbau der Windenergie, März 2018). Allerdings greifen diese Ansätze nur regional. Das ist insoweit problematisch, als die Ausschreibungen für die Erlangung einer Förderung nach dem EEG bundesweit konzipiert sind und ein level playing field voraussetzen. Unterschiedliche regionale Anforderungen an die Teilhabemöglichkeiten für Anwohner und Kommunen führen hier zu unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen. Das zeigt, dass eine bundeseinheitliche Regelung in der Tat sinnvoll ist.

Gesucht wird ein Ersatzvehikel für die unzulängliche Gewerbesteuer

Für die wirtschaftliche Beteiligung einer Kommune an der Wertschöpfung in ihrem Gemeindegebiet ist eigentlich die Gewerbesteuer da. Allerdings funktioniert diese in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung bei der Windenergie nicht so, wie es wünschenswert wäre. Die Höhe der Gewerbesteuer fällt gerade in den ersten Betriebsjahren eines Windparks regelmäßig besonders niedrig aus, da sich der Ertrag, an dem sie sich bemisst, in dieser Zeit durch Abschreibungen und Verlustvorträge reduziert. Daneben entfällt die Beteiligung der Standortgemeinde am Aufkommen der Gewerbesteuer nach der 16-jährigen Abschreibefrist, da als Maßstab der bilanzielle Sachanlagewert der Anlage herangezogen wird. Die Förderdauer des EEG liegt aber bei 20 Jahren. Nicht zuletzt reduziert sich das Aufkommen durch die Gewerbesteuerumlage und eine zumindest teilweise Anrechnung auf die Höhe der Schlüsselzuweisungen der Länder an die Kommunen. Zwar hat es bisher mehrere Versuche gegeben, die Gewerbesteuer an die Spezifika der Windenergie anzupassen, allerdings hat dies nicht flächendeckend dafür gesorgt, den Standortkommunen einen stetigen Mittelfluss als Teilhabe an der Wertschöpfung zu sichern. Ein Instrument für eine stärkere Beteiligung der Standortkommunen, wie im Koalitionsvertrag benannt, ist daher immer (nur) ein Ersatzvehikel für die Gewerbesteuer, deren Kalibrierung auf die Windenergie dem Gesetzgeber bisher nicht befriedigend gelungen ist. Sei es drum, nun haben wir eben eine Diskussion, die in einem anderen Werkzeugkasten spielt. Die Baustelle bleibt die gleiche: Wie kommen wir dahin, dass der Kämmerer einer Gemeinde für einen Windpark wirbt, weil er aus den Mehreinnahmen den Kindergarten sanieren kann?

Den Kommunen über ein Bundesgesetz neue Einnahmen zu verschaffen, ist nicht trivial

Windpark im Sonnenuntergang
Neue Regelungen zur gruppennützigen Verwendung von Einnahmen aus Windkraftanlagen sollen bei Kommunen und Bürger die Akzeptanz fördern. Die so geschaffenen Anreize könnten Kommunen in Zukunft dazu bewegen, aktiv als Standort für sich zu werben.

Einen Mangel an Vorschlägen, wo diese Einnahmen herkommen könnten, gibt es nicht. Im Gegenteil, mittlerweile ist es gar nicht mehr so einfach, den Überblick zu behalten. Das Spektrum reicht etwa von einer Sonderabgabe der Betreiber über eine Konzessionsabgabe für Stromeinspeisungen bis hin zu den Ideen, den Wind wie einen Bodenschatz zu konzessionieren oder eine Grundsteuer eigens für Windparkflächen einzuführen. Problematisch für die Ausgestaltung dieser Ansätze sind nicht zuletzt die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine neue Abgabe. So müsste etwa bei einer Sonderabgabe eine Finanzierungsverantwortung der Betreiber begründet werden, die sich spiegelbildlich in einer gruppennützigen Verwendung der Mittel niederschlagen muss. Versucht man diese sicherzustellen, indem man die Kommunen verpflichtet, die Einnahmen akzeptanzfördernd einzusetzen, stößt man allerdings auf eine weitere Hürde: Der Bund darf den Kommunen keine Aufgaben übertragen. Für eine Konzessionierung wiederum ist der Wind denkbar ungeeignet, denn er ist kein knappes Gut, sondern erneuerbar. Auch die Anforderungen des Grundgesetzes an die Gleichbehandlung von vergleichbar gelagerten Sachverhalten oder den Vertrauensschutz sind zu beachten. Warum etwa soll eine Konzessionsabgabe nur auf die Einspeisung von Grünstrom anfallen und bei konventionellen Kraftwerken nicht greifen? Und was ist mit schon bestehenden Windparks? Sollen diese auch eine neue Grundsteuer zahlen und damit gezwungen werden, alle Pachtverträge wieder aufzuschnüren?

Als Stiftung Umweltenergierecht haben wir in einer Studie alle diskutierten Vorschläge untersucht und am Ende ein eigenes Instrument entwickelt, das zwar nicht voraussetzungslos ist, aber die verfassungsrechtlichen Fallstricke anderer Modelle umgeht (siehe Kahl/Wegner, Kommunale Teilhabe an der lokalen Wertschöpfung der Windenergie: Das Instrument einer Außenbereichsabgabe, Juni 2018). Mit der von uns vorgeschlagenen Außenbereichsabgabe für neu errichtete Windparks knüpfen wir an die staatlich bewirtschaftete Flächenzuordnung für die Windenergie an, die für diese einen Sondervorteil darstellt. Dieser Sondervorteil kann durch eine sog. Ressourcennutzungsgebühr abgeschöpft werden und den Kommunen zugutekommen. Diese sind in der Verwendung der Mittel frei. Da die Netzbetreiber für die Erhebung der Abgabe verantwortlich wären, entsteht den Kommunen kein Verwaltungsaufwand. Sie müssten nur noch entscheiden, wie sie die Gelder ausgeben. So kann der Kämmerer etwa den Kindergarten sanieren und die Einwohner der Standortgemeinde haben einen sichtbaren Vorteil aus dem Ertrag des neuen Windparks. Vielleicht wird dies sogar zu einem Anreiz für Kommunen, aktiv als Windstandort für sich zu werben.

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