HySupply: Grüner Wasserstoff vom anderen Ende der Welt?

Gastautor Portrait

Cara Bien

Referentin für Wasserstoff, CCS/U und Gas - Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI e.V)

Cara Bien ist Referentin für Wasserstoff, CCS/U und Gas beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI e.V). Der BDI transportiert die Interessen der deutschen Industrie an die politisch Verantwortlichen. In Zusammenarbeit mit der Industrie arbeitet Frau Bien an Lösungen zur Entwicklung eines effektiven Marktes für Wasserstoff in Deutschland und Europa. Sie sammelte vor Ihrer Zeit im BDI Erfahrung und Expertise bei der GIZ und ist Absolventin der Hertie School of Governance in Berlin.

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09. Oktober 2023

Im Juli dieses Jahres hat die Bundesregierung die Nationale Wasserstoffstrategie überarbeitet. Dies war angesichts veränderter Rahmenbedingungen und aktuellen Entwicklungen auch dringend notwendig. Das vorgezogene Klimaneutralitätsziel in 2045, der wachsende internationale Wettbewerb um die Technologieführerschaft sowie die Folgen des Ukrainekriegs auf den Energiemärkten haben die Dringlichkeit eines raschen Hochlaufs der Wasserstoffwirtschaft noch einmal verstärkt.

Als Teil der Überarbeitung hat die Bundesregierung unter anderem ihre Wasserstoff-Bedarfsprognose für 2030 weiter angehoben, auf bis zu 130 TWh. Zur Einordnung: Deutschland verbraucht schon heute ca. 55 TWh grauen Wasserstoff, der zukünftig klimaneutral gedeckt werden soll. Dazu kommen neue Anwendungsbereiche. Bis 2045 dürfte der Bedarf laut Nationalem Wasserstoffrat sogar auf über 1.000 TWh ansteigen.

Es ist inzwischen klar, dass Deutschland diesen riesigen Durst nach erneuerbarem oder „grünem“ Wasserstoff nicht allein durch inländische Produktion stillen kann. Hierfür reichen schlicht unsere heimischen Ressourcen an erneuerbaren Energien nicht aus. In Ländern mit besseren Bedingungen kann mehr grüner Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen produziert werden. Doch wo genau wird unser Wasserstoff herkommen? In welcher Form und über welche Transportwege?

Das Projekt "HySupply"

Australien und Deutschland sind in vielerlei Hinsicht geeignete Partner für eine langfristige und erfolgreiche Wasserstoffpartnerschaft.

Cara Bien

Mit diesen Fragen hat sich das Projekt „HySupply“ beschäftigt. Gemeinsam mit acatech und einem australischen Konsortium hat der BDI über einen Zeitraum von 2 Jahren untersucht, ob und wie der Import von erneuerbarem Wasserstoff aus Australien gelingen kann. Anfang dieses Jahres wurde das Projekt mit Veröffentlichung eines Abschlussberichts erfolgreich beendet. Die guten Neuigkeiten vorweg: Die Ergebnisse zeigen, dass die deutsch-australische Wasserstoffbrücke noch vor 2030 Realität werden könnte.

Australien und Deutschland sind in vielerlei Hinsicht geeignete Partner für eine langfristige und erfolgreiche Wasserstoffpartnerschaft. Australien hat beste Standortbedingungen für erneuerbare Energien und ist ein erfahrener Energieexporteur. Deutschland hat sich nicht nur den Klimazielen verpflichtet, sondern kann zugleich seine Technologieexpertise einbringen. Allerdings liegen zwischen den beiden Ländern mehrere tausend Kilometer.

Eine wichtige Erkenntnis aus „HySupply“ ist daher, dass der Schiffstransport von Wasserstoff-Derivaten trotz langer Transportwege technisch machbar ist. Vor allem die Derivate Ammoniak und Methanol haben großes Potenzial, da sie vergleichsweise relativ einfach produziert, gespeichert und transportiert werden können. Eine zweite zentrale Erkenntnis: Die Transportkosten stellen trotz langer Schiffsrouten kein Hindernis für den Handel dar. Die besten Standorte in Australien sind bereits heute in der Lage Wasserstoff aus erneuerbaren Energien für 2-6 €/kg zu produzieren. Modellierungen aus „HySupply“ zeigen, dass grüner Ammoniak für 3,5 bis 8,8 €/kg im Hafen von Rotterdam angelandet werden könnte.

Notwendige Voraussetzungen

Trotz dieser vielversprechenden Ergebnisse gibt es jedoch keine Garantie für Erfolg ohne strategische, koordinierte und frühzeitige Maßnahmen – sowohl auf australischer als auch auf deutscher Seite. In Australien geht es jetzt darum, Wasserstoffprojekte für den Export zu skalieren. Deutsche Hersteller und Zulieferer können dabei als Technologieanbieter eine Führungsrolle einnehmen.

Darüber hinaus muss vor allem eine verlässliche Nachfrage in Deutschland geschaffen werden, um das Henne-Ei-Problem zu überwinden und somit Wasserstoffprojekte in Australien zeitnah umzusetzen. Dies kann beispielsweise durch die Schaffung von sogenannten grünen Leitmärkten gelingen, die durch Quoten die Nutzung von erneuerbarem Wasserstoff in bestimmten Sektoren oder Anwendungen vorschreiben. Zudem muss in Deutschland sehr rasch eine Wasserstoff-Infrastruktur auf- und ausgebaut werden, die den Wasserstoff-Import und eine inländische Verteilung ermöglicht.

Ausblick und weitere Schritte

„HySupply“ hat gezeigt, dass Australien einen wesentlichen Beitrag zur Beschaffung von grünem Wasserstoff für Deutschland leisten kann

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Einige der genannten Aspekte werden derzeit angestoßen. So hat die Bundesregierung in der Nationalen Wasserstoffstrategie den Aufbau eines Wasserstoff-Kernnetzes angekündigt. Zudem startete Anfang des Jahres die erste Runde der H2Global-Ausschreibungen i.H.v. 900 Millionen Euro, während weitere Mittel für 2023 angekündigt wurden. Diese Maßnahmen sind erste Schritte in die richtige Richtung und müssen nun zügig realisiert werden, denn wir können beobachten, wie sich andere Weltregionen im globalen Wettstreit um den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Position bringen.

Gleichzeitig sollten die Regierungen in Deutschland und Australien zusätzliche Möglichkeiten suchen, um die Potenziale der deutsch-australischen Wasserstoffpartnerschaft weiter zu heben. Dies könnte zum Beispiel im Rahmen der angekündigte Importstrategie geschehen, die laut eigenen Angaben die Nationale Wasserstoffstrategie noch in diesem Jahr um eine internationale Komponente ergänzen soll. „HySupply“ hat gezeigt, dass Australien einen wesentlichen Beitrag zur Beschaffung von grünem Wasserstoff für Deutschland leisten kann. Klar wurde auch, welche Voraussetzungen dafür noch zu erfüllen sind.

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