Den Grundstein für Taiwans Energiewende legen – TRENAs Weg zur Förderung erneuerbarer Energien in Taiwan

Gastautor Portrait

Ruping Gao

Präsidentin der Taiwan Renewable Energy Alliance TRENA

Ruping Gao arbeitet seit mehr als 20 Jahren für Nichtregierungsorganisationen, insbesondere zu politischen Kampagnen auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien und Kommunikation auf Gemeindeebene. Von 1992 bis 1998 studierte sie Deutsch an der Tübinger Eberhard-Karl-Universität. Danach arbeitete sie u.a. als Stellvertretende Exekutivdirektorin der Organisation Citizens Congress Watch, Generalsekretärin der Nationalen Vereinigung zur Förderung von Gemeinschaftsuniversitäten, Beraterin für erneuerbare Energien der Stadtverwaltungen von Taoyuan und Tainan, Mitarbeiterin für das Common Wealth-Magazin, Vorsitzende der Jury für die Verleihung des 6. Nationalen Umweltpreises und war Vorstandsmitglied im Vorbereitungsausschuss für die Nationale Konferenz zur Justizreform.

weiterlesen
11. Mai 2020

Wieso haben wir TRENA gegründet?

Die Atomkraft ist der König der Energiewirtschaft und erneuerbare Energien sind der Narr zur Unterhaltung der Öffentlichkeit.

Ruping Gao

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir das Jahr 2014 rekapitulieren: Taiwan wurde von der Kuomintang (KMT, Nationale Volkspartei Chinas) regiert und es gab viele gesellschaftliche Debatten. Beginnend mit der sog. ‚Sonnenblumen-Bewegung‘, eine von Studenten angeführte Initiative gegen weitere Handels- und Investitionsabkommen mit China, über den Widerstand gegen Windkraftanlagen hin zum Hungerstreik des Bürgerrechtlers Lin Yi-Hsing gegen die Wiederaufnahme des Baus des vierten Atomkraftwerks gab es viele Brennpunkte in Taiwan.

In dieser Zeit konnte die Energiepolitik so umschrieben werden: „Die Atomkraft ist der König der Energiewirtschaft, und erneuerbare Energien sind der Narr zur Unterhaltung der Öffentlichkeit“. Erneuerbare Energien hatten ca. 1% Anteil am Stromverbrauch Taiwans, die Energie wurde hauptsächlich aus fossilen Energieträgern (85%) und Atomkraft (12%) erzeugt. Die dazu nötigen Energieträger wurden fast ausschließlich importiert, und die Importkosten betrugen knapp 15% des Bruttoinlandsproduktes.

Taiwan hat bis heute ein einziges, sehr traditionelles und konservatives Stromerzeugungsunternehmen (Taiwan Power Company) und die meisten Bürger Taiwans waren bis vor kurzem überzeugt, das Taiwan unbedingt auf Kernenergie angewiesen sei.

Obwohl Bürgern und Bürgerbewegungen immer bewusster wurde, dass Erneuerbare vorteilhaft für die Umwelt sind, protestierten zur gleichen Zeit viele Umweltverbände und Bürger immer aktiver gegen Onshore-Windkraftanlagen. Die Regierung hatte unter öffentlichem Druck den Baustopp und die Versieglung des vierten taiwanischen Atomkraftwerkes beschlossen. Wie sollte sie aber nun die Zweifel der Bevölkerung an einer ‚Stromerzeugungskrise‘ zerstreuen?
Deshalb nahmen wir an einem Symposium „Erneuerbare Energien und Nichtregierungsorganisationen (NRO)“ teil, das gemeinsam vom Deutschen Institut Taipei (die Vertretung des Auswärtigen Amtes in Taiwan) und des Deutschen Wirtschaftsbüro Taipeh (AHK Taiwan) organisiert wurde. Während dieses Symposiums lernten wir, dass Deutschlands Voraussetzungen für erneuerbare Energien (Wind und Sonneneinstrahlung) schlechter als Taiwans waren, jedoch erneuerbare Energien zu diesem Zeitpunkt schon über dem Ziel von 27% an der Energieerzeugung lagen. Folgende drei Gründe waren ausschlaggebend: erstens eine visionäre Energiepolitik, zweitens eine Erhöhung der Energieeffizienz, drittens eine hohe Akzeptanz bzw. Konsens in der Gesellschaft.

Im Jahr 2014 fehlte es der taiwanischen Regierung an einer klaren erneuerbaren Energiepolitik. Das Verständnis für erneuerbare Energien in der Gesellschaft war nicht vorhanden, daher fehlte es an ausreichender Unterstützung. Wir kamen zu dem Entschluss, einen Verband in Taiwan zu gründen, der sich die Förderung der erneuerbaren Energien verschreibt, und mit voller Kraft auf eine taiwanische Energiewende hinarbeitet.

Wer sind die TRENA Gründungsmitglieder, und was sind unsere Ziele?

Die Teilnehmer an besagtem Symposium hatten entweder alle einen NRO-Hintergrund und waren schon lange im Umwelt- oder Bürgerrechtsbereich aktiv (so auch die Autorin dieses Blogartikels), aber auch Akademiker, Mitarbeiter aus der erneuerbare Energien-Industrie und Kollegen aus taiwanischen Denkfabriken. Alle Mitglieder mit den verschiedensten Hintergründen verband ein gemeinsames Ziel: die frühzeitige Entfaltung des vorhandenen Potenzials der erneuerbaren Energien in Taiwan. Dies spiegelt sich in der Namensgebung unserer Gruppierung wider, “Taiwan Renewable Energy Alliance”, welche zusätzlich von der “International Renewable Energy Alliance” inspiriert wurde.

Unser Hauptziel ist es, „ein positives und unterstützendes Umfeld für erneuerbare Energien in Taiwan zu schaffen“. Im Detail bedeutet das, eine Plattform zum Wissensaustausch für Bürger zu schaffen, um das Verständnis für Erneuerbare zu verbessern sowie eine engere Zusammenarbeit mit der Regierung zur Verbesserung des regulatorischen Umfelds aufzubauen. Außerdem möchten wir Energiekommunen fördern und das allgemeine Wissen über die erneuerbaren Energien verbessern helfen.

Wie kann ein NRO in der Energiewende eine wichtige Rolle einnehmen?

Erneuerbare Energien helfen, den Einwohnern eine autarke Stromversorgung zu bieten.

Ruping Gao

Als wir die Arbeit mit TRENA aufgenommen haben, hatten wir wenige Vollzeithelfer und unser Budget war sehr knapp bemessen, gleichzeitig gab es aber eine Menge Herausforderungen und Themen, die bearbeitet werden wollten. Unser erster Akt war, Gesetze und Regularien rund um den Bereich Erneuerbare zu prüfen und herauszufinden, welche im Widerspruch zur Förderung der erneuerbaren Energien standen und dann anschließend Lösungen finden und der Regierung oder den Parlamentariern unterbreiten. Weiterhin organisieren wir gemeinsam mit Mitgliedern des Parlaments, die den Erneuerbaren aufgeschlossenen gegenüberstanden, öffentliche Anhörungen im Legislativ-Yuan (dem Parlament in Taiwan). Oder wir finden andere Wege, um unser Anliegen vorzutragen. Denn wenn die Parlamentsmitglieder ihren Bürgern Gehör schenkten und sich für deren Forderungen einsetzten, sollte die Exekutive diese in ihrer Gesetzgebung und Politik respektieren und berücksichtigen. Durch dieses Verfahren war TRENA imstande, erste Erfolge zu erzielen.

Um auf einen Konsens in der Gesellschaft für Erneuerbare hinzuarbeiten und mehr Akzeptanz zu schaffen, haben wir Projekte initiiert, welche den Schwachen unserer Gesellschaft durch den Einsatz von Erneuerbaren Unterstützung bieten. Wir unterstützten Mama Zhuo, die ein Tierheim für Hunde betrieb, dass über keinen Stromanschluss verfügte, da es auf illegalem Baugrund stand und nur geduldet war. Unsere Mitglieder spendeten Solarmodule, durch welche Mama Zhou die Wasserpumpen betreiben konnte, und eine Batterie ermöglichte es ihr, auch nachts zu arbeiten, da sie nun Licht hatte. Dadurch wurde das Heim zum ersten Tierheim auf Taiwan, das zu 100% mit erneuerbaren Energien versorgt wird.

Außerdem unterstützen wir auch einige Gebiete der Ureinwohner, wie zum Beispiel das Dorf Tarumak an der Ostküste Taiwans. Wir haben dort auf der Kirche Solaranlagen installiert und arbeiten dort gemeinsam mit anderen NGOs und den Bewohnern an einem 100%-Erneuerbaren-Dorf. Diese Dörfer befinden sich häufig in schwer zugänglichen Berglagen und sind bei Taifunen, starken Regen oder Erdbeben schnell vom Stromnetz abgeschnitten. Erneuerbare Energien helfen, den Einwohnern eine autarke Stromversorgung zu bieten. Außerdem unterstützen wir mit diesen Aktionen nicht nur gemeinnützige Zwecke, sondern fördern auch das Wissen über Erneuerbare und deren Anwendungsmöglichkeiten in der Gesellschaft.

Unsere Mission und Vision

Als NRO ist es für uns wichtig den Dialog mit allen Betroffenen zu suchen und über die Vorteile der Erneuerbaren aufzuklären.

Ruping Gao

Mit der Wahl der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) im Jahr 2016 begann die Regierung, die taiwanische Energiewende als ihrer eigenen Schwerpunkt zu setzen. Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromnutzung soll 20% im Jahr 2025 betragen. Aus diesem Grund sind wir noch aktiver, um auf eine schnelle Umsetzung zu drängen und Gesetzesvorschläge und andere Anregungen einzubringen, damit wir die erneuerbaren Energien weiter voranbringen können. Aber wir treffen weiterhin auf Herausforderungen bei der Umsetzung unserer Ziele, wie man zum Beispiel die Erneuerbaren Energien in Einklang mit der Agrarwirtschaft, Fischerei, der Umwelt und dem Ozean bringen kann.

Als NRO ist es für uns wichtig, den Dialog mit allen Betroffenen zu suchen und über die Vorteile der Erneuerbaren aufzuklären. Allerdings werden wir dabei auch immer wieder mit Fake News über Erneuerbare angegriffen, aber wir werden dem begegnen, indem wir weiterhin Fakten und Argumente zu den Vorteilen der erneuerbaren Energien in Taiwan veröffentlichen.

Während der aktuellen Corona-Krise werden die öffentlichen Anhörungen vorübergehend ausgesetzt. Die Gesetzesvorlagen betreffend die erneuerbaren Energien werden jedoch von der Legislative weiterhin koordiniert und bearbeitet.

Wir hoffen dazu beizutragen, dass sich Taiwan bald mit eigener Energie aus Sonne, Wind, Biomasse, Geothermie und anderen Erneuerbaren eigenständig versorgen kann. Zusätzlich hoffen wir auf ein steigendes Interesse bei Studierenden und Arbeitnehmern, in Zukunft einen Platz in der Erneuerbaren-Branche einzunehmen, um so gemeinsam Taiwan u.a. zu einem Offshore-Wind-Hub in Asien zu machen und ein nachhaltiges Taiwan zu schaffen.

Diskutieren Sie mit

Ich akzeptiere die Kommentarrichtlinien sowie die Datenschutzbestimmungen* *Pflichtfelder

Artikel bewerten und teilen

Den Grundstein für Taiwans Energiewende legen – TRENAs Weg zur Förderung erneuerbarer Energien in Taiwan
3
1