Die Energiekrise – akut ausgelöst durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine – stellt unsere Gesellschaft vor enorme soziale Herausforderungen. Energieverbraucher*innen sehen sich mit gravierenden Preissteigerungen vor allem beim Erdgas und mit hohen Inflationsraten konfrontiert. Die sinkende Kaufkraft bringt einkommensschwächere Haushalte in existenzielle Nöte. Wo finanzielle Überforderung droht, ist staatliche Unterstützung zwingend. Hier muss die Bundesebene schnell und bedarfsorientiert die notwendigen Maßnahmen auf den Weg bringen.
Gleichzeitig erlaubt der dramatisch fortschreitende Klimawandel in Sachen Energiewende keinen Aufschub. Was kann die kommunale Ebene beitragen, um überhastete Fehlentwicklungen zu vermeiden und gezielt auch diejenigen beim Energiesparen zu unterstützen, denen Preissteigerungen besonders große Probleme bereiten?
Kommunale Energieagenturen in einer Schlüsselrolle
Zunächst ist es wichtig, dass Kommunen mit gutem Beispiel vorangehen und Energiesparmaßnahmen im eigenen Verantwortungsbereich konsequent umsetzen, also im Rathaus, in öffentlichen Einrichtungen u.a. Wo es um den Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern geht, sind die Energieagenturen der Stadt- und Landkreise in einer Schlüsselrolle. Sie haben alle Bevölkerungsgruppen im Blick – angefangen bei Mieter*innen über Wohnungseigentümergemeinschaften bis hin zu gut situierten Eigenheimbesitzenden. Beispielhaft werden hier einige Angebote der Karlsruher Energie- und Klimaschutzagentur (KEK) aufgeführt, die der breiten Bevölkerung zugutekommen.
Seit Sommer 2021 hat die KEK das Beratungszentrum ‚Klima Energie Mobilität‘ eingerichtet. Mit weitgehend kostenloser energetischer Erstberatung, Informationsvermittlung und Veranstaltungen richtet sich das Zentrum an Interessierte. Rund 2.000 Beratungen jährlich waren geplant, doch ist die Nachfrage in letzter Zeit stark gestiegen. Deshalb werden aktuell Beratungskapazitäten ausgebaut, Online- und Seminarangebote erweitert und Schulungen für Multiplikator*innen vorbereitet.
Stromsparchecks für einkommensschwache Haushalte
Bereits seit 2010 sind die Stromspar-Helfer*innen der KEK im Einsatz. Sie unterstützen gezielt Haushalte mit geringem Einkommen, um ihren Energieverbrauch und die Energiekosten zu senken. Das Projekt läuft in Kooperation mit der Caritas, die einen Teil der Kosten trägt. Die kosten-losen Stromspar-Checks werden direkt vor Ort durchgeführt. Haushalte erhalten wertvolle Tipps, wie sie ihren Strom- und Wasserverbrauch senken können. Je nach Bedarf werden auch Hilfsmittel wie LEDs oder ausschaltbare Steckdosenleisten gratis zur Verfügung gestellt.
Zusätzlich hat der Karlsruher Gemeinderat ein Budget für den Tausch veralteter Kühlgeräte zur Verfügung gestellt. Diese Geräte sind oft große Stromverbraucher, während gleichzeitig den Haushalten finanzielle Mittel fehlen, um ihr altes Gerät auszutauschen. Bei einem Eigenanteil von 50 Euro sind inzwischen in 1.300 Haushalten effiziente Geräte im Einsatz. Die Einsparungen durch den Tausch der Leuchtmittel, Steckerleisten etc. lagen bisher bei über 100 Euro pro Jahr, für die Kühlgeräte bei rund 130 Euro. Angesichts steigender Energiepreise steigt die finanzielle Bedeutung von Einsparmaßnahmen entsprechend. In einem Pilotprojekt wird aktuell das städtische Angebot um Balkon-Solaranlagen erweitert.
Kooperation mit der Verbraucherzentrale
Zumeist kostenlos oder nur mit einem geringen Eigenanteil verbunden sind auch die in Kooperation mit der Verbraucherzentrale durchgeführten Energiechecks. Energieberater*innen der KEK bieten in Mietwohnung oder Eigenheim allgemeine oder spezielle Checks an, wie zuhause Energie gespart werden kann.
In aktuell sechs Karlsruher Energiequartieren wird zudem die Energiesituation im Stadtteil näher beleuchtet. Gemeinsam mit Anwohnenden erarbeitet die KEK einen Pfad zur Klimaneutralität im Quartier. Häufig werden Energiequartiere mit Stadtteilentwicklungsprojekten und Sanierungsgebieten kombiniert, um Synergien zu nutzen und Fördermöglichkeiten optimal auszuschöpfen. Ergänzend wird in den „Grünen Energiequartieren“ zu Themen wie Ernährung, Konsum und Mobilität informiert und dabei aufgezeigt, dass klimafreundlicher Konsum auch den Geldbeutel schonen kann.
Energiesparen - ein Thema auch für die Jüngsten
Die Bewältigung von Klima- und Energiekrise wird nur gelingen, wenn soziale Härten vermieden und erforderliche Maßnahmen sozialverträglich ausgestaltet werden.
Mit dem Projekt „fifty-fifty“ wendet sich die KEK auch an die Jüngsten. Bildungseinrichtungen werden motiviert, Energie einzusparen und bekommen die Hälfte der eingesparten Energiekosten ausbezahlt. Aktuell begleitet die KEK zwei Kindertagesstätten und zwei Schülerhorte, informiert und berät vor Ort, organisiert Projekttage, besucht Elternabende und unterstützt durch Beiträge in der Kita-Zeitung.
Neben Beratung, Begleitung und Information sind Bürgerenergiegenossenschaften (BEGs) ein weiterer Baustein der sozialen Energiewende. Sie ermöglichen auch denjenigen eine rentable Investition in erneuerbare Energien, die keine eigene Immobilie besitzen. Die KEK berät und begleitet aktuell die Gründung einer BEG in Karlsruhe, um die in der Anfangsphase zahlreichen organisatorischen und juristischen Fragen zu klären.
Mit all diesen Maßnahmen werden die sozialen Konsequenzen der Energiepreisentwicklungen nicht aufgefangen. Aber sie tragen zur Akzeptanz der Energiewende in der Stadtgesellschaft bei und sie stärken das Verständnis, dass alle Bevölkerungsgruppen von Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien profitieren können. Die Bewältigung von Klima- und Energiekrise wird nur gelingen, wenn soziale Härten vermieden und erforderliche Maßnahmen sozialverträglich ausgestaltet werden.
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