Energie-Reporterin Salome Spaag in Spanien

Salome Spaag

Energie-Reporterin

Salome Spaag berichtet für uns aus Spanien zu den Themen Energiewende, Nachhaltigkeit und Klimaschutz.

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08. August 2023

Eine historische Altstadt versinkt in Blech: Sevillas unbändiger Durst nach kühler Luft

Vibrierende Kästen prägen das Stadtbild

Willkommen in einer der heißesten Städte Europas! Dieser Slogan bezieht sich in Sevilla nicht nur auf das lebendige Nachtleben, sondern vor allem auf das mediterrane Klima. Im Sommer herrschen durchschnittliche Tageshöchsttemperaturen von 36°C, wobei regelmäßig die 40°C-Grenze überschritten wird. Bei diesen Temperaturen ist in nicht klimatisierten Räumen an konzentriertes Arbeiten im Büro oder in der Schule kaum zu denken. Da ist es nur allzu verständlich, dass die Sevillanos der Hitze etwas entgegensetzen möchten und mehr und mehr Klimaanlagen verbauen. Schaut man sich den Anteil mit Klimaanlagen ausgestatteter Immobilien im nationalen Vergleich an, war Sevilla 2021 mit rund 73% Spitzenreiter. An zweiter Stelle seht mit 71% Córdoba, eine nahegelegene Stadt, ebenfalls im heißen Andalusien. Zum Vergleich: In Deutschland waren es im gleichen Jahr gerade einmal 3% der Haushalte.

Klimaanlagen: Schlecht für das Stadtbild, schlecht für die Treibhausgasbilanz

Doch der großflächige Einsatz von Klimaanlagen hat negative Folgen. Nicht nur, dass er sich auf das Stadtbild auswirkt und man beim Bummeln durch Sevillas romantische Straßen wachsam sein muss, damit der nächste Tropfen Kondenswasser nicht auf dem eigenen Kopf landet. Die Geräte wollen natürlich mit Energie versorgt werden, und das nicht zu wenig. Der Stromhunger der Spanier ist in den letzten 20 Jahren stark gestiegen, was unter anderem auch auf die zahlreichen neu installierten Klimaanlagen zurückzuführen ist. Doch nicht nur der Stromverbrauch selbst belastet den CO2-Fußabdruck: Auch die verwendeten Kältemittel, die zum Großteil äußerst klimaschädlich sind, trüben die Bilanz. Darüber hinaus verstärken die Klimaanlagen mit ihrer heißen Abluft das lokale Hitzeempfinden.

Klimafreundliche(re) Kühlung

Wie kann man also umweltverträglich Abhilfe gegen die Hitze schaffen? Ein Hebel ist die Umrüstung bestehender Klimaanlagen auf nachhaltige Kältemittel mit niedrigem Treibhausgaspotential. Außerdem bedarf es regelmäßiger Dichtheitsprüfungen, um Leckagen zu minimieren.  Am wirksamsten ist es allerdings, die Geräte nur anzuschalten, wenn es wirklich nötig ist und nicht immer auf maximalem Level. Das dachte sich auch Spaniens Regierung, allerdings vor allem im Hinblick auf die Ukraine-Krise und die (Un-) Abhängigkeit von russischen Energiequellen. Als Teil des Energiesparpaketes, das in Spanien seit August 2022 und bis November 2023 in Kraft ist, darf in Einrichtungen wie Restaurants, Supermärkten, Bars und Büros nicht weiter als bis zu 27 Grad heruntergekühlt werden. Bis zu 7% Reduktion des nationales Energieverbrauchs soll dadurch möglich sein und in den ersten Tagen nach Inkrafttreten soll es tatsächlich zu einer Reduktion von 5,3% gekommen sein. Ob sich allerdings auch jetzt noch alle so strikt daran halten, ist eine andere Frage – wirklich kontrolliert wird das nicht. Aus meiner Erfahrung kann ich lediglich so viel sagen, dass es nicht selten vorkommt, dass mir in öffentlichen Innenräumen ein bisschen kalt ist.

Besser Kühlen als Heizen?

Wenn auch die steigende Nachfrage nach Klimaanlagen mehr Stromverbrauch in den spanischen Sommermonaten zur Folge hat, ist dennoch zu erwähnen, dass Kühlen mit der Klimaanlage weniger Strom verbraucht als Heizen. Gas- oder Ölheizungen sind hier nicht sehr verbreitet und Andalusier frieren in den wenigen kalten Wintertagen beziehungsweise setzen sporadisch ihre Klimaanlagen als Heizung ein. In diesem Modus verbrauchen die Geräte durchschnittlich mehr Strom als wenn sie kühlen. Tatsächlich ist der pro Kopf Energieverbrauch in Spanien auch deutlich geringer als bei uns, auch wenn in diese Statistik natürlich noch mehr als nur der Aspekt des Kühlens und Heizens zählt. Ein Grund, weshalb hier weniger Strom verbraucht wird, ist übrigens sicher auch der, dass viele sich die teuren Preise schlicht nicht leisten können und sparsamer leben. Ich merke das hier am eigenen Leib. Mein WG-Zimmer verfügt zwar über eine Klimaanlage, ich darf diese aber wegen zu hoher kosten nicht nutzen und werde so den Sommer mit einem kleinen, sparsamen Tischventilator überstehen müssen.

Quellen

https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/fluorierte-treibhausgase-fckw/anwendungsbereiche-emissionsminderung/gebaeudeklimatisierung

https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/klimafreundliche_gebaeudeklimatisierung.pdf

https://www.elcomercio.es/economia/ahorro-aire-acondicionado-27-grados-factura-electricidad-energia-20220812130153-nt.html

https://www.20minutos.es/noticia/4326224/0/ciudades-espanolas-mas-menos-viviendas-aire-acondicionado/

https://www.laenderdaten.info/laendervergleich.php?country1=ESP&country2=DEU

https://www.climamarket.eu/blog/cuanto-consume-un-aire-acondicionado/

Das Abfallsystem in Sevilla

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In ihrem neuen Video erzählt Energie-Reporterin Salome Spaag vom Abfallsystem in Sevilla. Die Stadt setzt sich ambitionierte Recycling Raten und strebt nach einer effektiveren Verwertung des Mülls. Wo liegen die Unterschiede zwischen Deutschland und Spanien? In welchen Punkten Spanien uns einen Schritt voraus ist und was Salome negativ aufgefallen ist, seht ihr in diesem Video!

Spanien – der Saustall Europas

Das Leben als Vegetarier/in in Spanien ist nicht ganz einfach, das ist mir hier schnell klar geworden. Im Supermarkt gibt es riesige Fleisch- und Wurstregale, Metzger und Fischfrischetheken. Vegetarische Tapas sucht man in traditionellen Restaurants oft vergeblich und in jedem zweiten Lokal hängen Schweinebeine, alias Iberischer Schinken von der Decke. Auf den lassen die Spanier auch nichts kommen, sie vergöttern ihren Jamón. Vegetarische Spanier sind mit gerade einmal 1,4% der Bevölkerung eine Rarität. Zum Vergleich: In Deutschland ernährt sich rund 10% der Menschen vegetarisch.

Es hat mich daher nicht allzu sehr verwundert, als ich hörte, dass Spanien tatsächlich das europäische Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Fleischverzehr und weltweit größte Exporteur von Schweinefleisch ist. 900 Millionen Tiere werden hier jährlich geschlachtet, zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche für die Tierfutterproduktion genutzt. Eine solche Anzahl an Tieren kommt natürlich nicht durch nachhaltige Kleinbetriebe zusammen – in Spanien gibt es eine riesige Anzahl an Massentierhaltungen mit tausenden von Tieren. Allein was die Schweinezucht angeht, gibt es hier über 3500 „Macrogranjas“, zu Deutsch „Megafarmen“, mit über 2000 Tieren pro Betrieb, wobei die Tendenz in den letzten Jahren steigend ist.

Und nicht nur für die Tiere, die meist unter miserablen Zuständen leben, hat das fatale Konsequenzen. Auch Natur und Umwelt leiden unter der extensiven Viehzucht, die Unmengen an Nitrat, Ammoniak und Methan freisetzt.

23% des spanischen Grundwassers liegen, was die Nitratbelastung angeht, über der nach WHO zulässigen Höchstgrenze von 50mg/ml, wozu die Tiermast, aber auch der Einsatz von Düngemitteln im Gemüseanbau, einen wesentlichen Teil beigetragen haben. Nicht nur für den menschlichen Konsum sind diese Werte äußerst bedenklich, die Verseuchung des Wassers hatte bereits mehrmals Fischsterben im großen Stil zur Folge. Und das bleibt nicht ungesehen: Ende 2021 hat die EU-Kommission beschlossen, das Land wegen der Missachtung der Nitratrichtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Fairerweise muss man allerdings erwähnen, dass Spanien da nicht allein ist. In vielen Europäischen Ländern und auch weltweit stellt die Nitratbelastung durch extensive Landwirtschaft ein enormes Problem dar.

Und wie steht es um Treibhausgase, die Treiber des Klimawandels? Wie man sich vorstellen kann, nicht besonders gut. 70 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, werden, zum Großteil in Form von Methan, von den Betrieben freigesetzt. Dies entspricht rund 10% der Gesamttreibhausgase Spaniens.

Trotz all dieser negativen Aspekte, Besserung ist in Sicht. Januar dieses Jahres wurde von der spanischen Linksregierung unter Pedro Sánchez ein Gesetz beschlossen, das den Bau neuer Riesenfarmen verbietet. Auch wenn das Maximum von 850 Tieren pro Betrieb nicht gerade einen kleinen ökologischen Familienbetrieb darstellt und bereits bestehende Megafarmen davon nicht wirklich betroffen sind, ist das doch ein kleiner Lichtblick für Tiere und Umwelt.

Quellen:

https://es.greenpeace.org/es/en-profundidad/de-la-mierda-de-las-macrogranjas-no-se-dice-ni-mu/efectos-nocivos-de-la-ganaderia-intensiva-en-el-medioambiente/#:~:text=Las%20macrogranjas%20y%20por%20ende,del%209%25%20de%20las%20emisiones.

https://www.ava1.de/blog/tierschutz-neues-gesetz-aus-fuer-massentierhaltung-in-spanien-n3642

https://www.costanachrichten.com/spanien/politik-wirtschaft/spanien-massentierhaltung-fleischindustrie-tierquaelerei-schweinezucht-fleisch-tiere-greenpeace-91510327.html

https://de.euronews.com/2021/11/05/schweineland-spanien#:~:text=60%20%25%20der%20Emissionen%20in%20der,Zuchtbetriebe%20nur%20schwer%20zu%20schaffen.&text=86.000%20intensive%20Schweinezuchtbetriebe%20gibt%20es,kommen%20noch%20Rinder%20und%20Geflügelbetriebe.

https://www.datadista.com/medioambiente/el-mapa-de-los-municipios-con-mas-macrogranjas-en-espana/#:~:text=En%20España%20hay%20en%20la,el%20territorio%20no%20es%20homogénea.

https://www.eldiario.es/sociedad/macrogranjas-cerdos-siguen-extendiendose-espana-aumentan-6-ano_1_9854101.html#:~:text=Si%20en%20octubre%20de%202021,2022%2C%20hab%C3%ADan%20alcanzado%20las%202.331.

https://igualdadanimal.org/blog/las-macrogranjas-en-espana-contaminacion-y-sufrimiento/

https://www.deutschlandfunk.de/nitrat-problem-in-spanien-102.html

https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_6265

https://es.greenpeace.org/es/sala-de-prensa/comunicados/el-sector-ganadero-esta-emitiendo-en-espana-unos-70-millones-de-toneladas-de-co2-eq-al-ano/#:~:text=Campaña%20Ni%20Mu-,El%20sector%20ganadero%20está%20emitiendo%20en%20España%20unos%2070%20millones,al%20año

https://proveg.com/es/blog/mas-5-millones-personas-veggies-espana/#:~:text=Un%20total%20de%204%2C2,4%25%20de%20la%20población%20adulta.

https://proveg.com/de/ernaehrung/anzahl-vegan-vegetarischer-menschen/

 

Mobilität in Sevilla (Energie-Reporterin Salome Spaag)

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Energie-Reporterin Salome Spaag berichtet in ihrem ersten Video über die Mobilität in Sevilla. Von Bussen und der Metro hinzu öffentlichen Fahrrädern, bietet die Stadt sehr viel. Mehr Infos dazu seht ihr in dem Video.

Nachhaltige Energieversorgung durch Orangen in Spanien

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In ihrem zweiten Video berichtet Energie-Reporterin Salome Spaag über die nachhaltige Energieversorgung durch Orangen in Sevilla. 2020 startete ein Pilotprojekt, wodurch jährlich die rund 3 bis 6 Millionen Tonnen Orangen in Strom umgewandelt werden können. Mehr darüber erfahrt ihr in diesem Video!

Solarenergie in Andalusien

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Energie-Reporterin Salome Spaag berichtet vor dem Solar-Megapark „Cabrera“ in Spanien. Dieser kostete mehr als 40 Millionen Euro und versorgt rund 120.000 Menschen mit Strom. Salome spricht über weitere Solarprojekte in Spanien und beleuchtet deren Nachteile. Welche Vorschläge sie hat, um die negativen Folgen des Baus von Solarparks einzudämmen, seht ihr in diesem Video!

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