Ghana zwischen Fossilem und Erneuerbarem: Wie das Land seinen Energiebedarf ausbalanciert und welche Rolle dabei Bioenergie spielt
Ghana ist ein Land in Westafrika, das sich bemüht, seine Energieversorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen, um seine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und den Ausstoß von Treibhausgasemissionen zu minimieren. Derzeit besteht der Energiemix Ghanas aus etwa 68% fossilen Brennstoffen und 32% erneuerbaren Energien.
Die erneuerbaren Energieträger in Ghana sind vor allem Wasserkraft, Solarenergie und im geringeren Anteil, Biomasse. Die Wasserkraft ist derzeit die größte erneuerbare Energiequelle in Ghana, wo es mehrere Staudämme gibt, die zur Stromerzeugung aus Wasserkraft genutzt werden. Der Akosombo-Staudamm ist der größte Staudamm in Ghana und liegt am Volta-Fluss. Er hat eine installierte Leistung von 1.020 MW und produziert etwa 12% des gesamten Stroms in Ghana. Des Weiteren gibt es den Bui-Staudamm. Dieser Staudamm liegt am Schwarzen Volta-Fluss und hat eine installierte Leistung von 400 MW. Er wurde 2013 in Betrieb genommen und produziert etwa 5% des Stroms in Ghana. Allerdings werden diese großen Staudämme aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Umwelt kontrovers diskutiert. Die Schaffung eines Stausees kann zu Überschwemmungen führen und ganze Ökosysteme zerstören, was wiederum negative Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt hat. Im Fall des Bui-Nationalparks gab es durch des Bui-Staudammbaus einen deutlichen Rückgang der Flusspferd-Population. Aufgrund dieser Probleme werden größere Staudämme von einigen Experten nicht als vollständig erneuerbare Energiequellen betrachtet, da sie Auswirkungen auf die Umwelt und die Biodiversität haben. Jedoch sind Wasserkraftwerke im Allgemeinen eine wichtige erneuerbare Energiequelle, die in Ghana stark in Anspruch genommen wird. Ferner ist die Solarenergie ebenfalls ein vielversprechender erneuerbarer Energieträger, der zunehmend insbesondere in ländlichen Gebieten genutzt wird, die nicht an das Stromnetz angeschlossen sind.
Außerdem ist Bioenergie ein weiterer Bestandteil des erneuerbaren Energiemix in Ghana. Bioenergie bezieht sich auf die Energie, die aus Biomasse gewonnen wird. In Ghana wird Biomasse hauptsächlich in Form von Holz, Pflanzenresten, landwirtschaftlichen Abfällen und Tierexkrementen verwendet. Diese Rohstoffe werden in verschiedenen Prozessen wie Pyrolyse, Vergasung, Vergärung und Verbrennung umgewandelt, um Energie zu erzeugen. Die Pyrolyse erhitzt organische Materialien in einer Sauerstoff-freien Umgebung, um flüssige, gasförmige und feste Produkte zu erzeugen. Die Vergasung wandelt Biomasse bei hohen Temperaturen in synthetische Brennstoffe und Chemikalien um. Die Vergärung baut organische Materialien biologisch ab, um Biogas zu erzeugen, das als Brennstoff für Strom oder zum Kochen verwendet werden kann. Die Verbrennung erzeugt Wärme oder Strom durch das Verbrennen von Biomasse.
In Ghana gibt es mehrere Anlagen zur Erzeugung von Bioenergie. Ein Beispiel ist die Biomassevergasungsanlage der Kwame Nkrumah University of Science and Technology (KNUST) in Kumasi. Hier wird aus Biomasse wie Kokosnussschalen oder Holz Syngas erzeugt. Dieses Synthesegas besteht hauptsächlich aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff und kann als erneuerbare Energiequelle für Stromerzeugung oder als Wärmequelle genutzt werden.
Insgesamt zeigt Ghana Fortschritte in der Umstellung auf erneuerbare Energiequellen und in der Verbesserung des Zugangs zur Energie. Die Regierung Ghanas hat sich auch das Ziel gesetzt, den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix bis 2030 weiter zu erhöhen. Die Förderung der Bioenergie soll dabei eine wichtige Rolle spielen.
Quellen:
Ghana Sustainable Development Goals (2023). https://ghana.un.org/en/sdgs
Renewables 2021 Global Status Report (2021). https://www.ren21.net/
International Energy Agency: Ghana Energy Outlook (2019). https://www.iea.org/reports/ghana-energy-outlook-2019
Handbook of Clean Energy Systems: Biomass Energy Conversion Technologies (2020). https://www.erneuerbare-energien.de/themen/bioenergie.html
Philip Briggs: Ghana Travel Guide (2019)
Erneuerbare Energie aus Kokosnussschalen – Eine Führung durch die Biomassevergasungsanlage der KNUST mit Richard Kyereh (Video)
Bioenergie in Ghana
In seinem ersten Video berichtet Energie-Reporter Gonzalo über die Gewinnung von Bioenergie in Ghana. Hierfür interviewt er die Inhaberin eines Lehrstuhls für Bioenergy Technology in Ghana, Dr. Eunice. Unter anderem spricht Gonzalo mit Dr. Eunice über den aktuellen Stand der Bioenergiegewinnung in Ghana und die Aussichten für die Zukunft.Erneuerbare Energie aus Kokosnussschalen in Ghana
In seinem zweiten Video besichtigt Energie-Reporter Gonzalo zusammen mit Richard Kyereh die Biomassevergasungsanlage der KNUST (Kwame Nkrumah University of Science and Technology) in Ghana. Die Besichtigung veranschaulicht, wie durch den Einsatz von Technologie und dem Know-how eines erfahrenen Fachmanns wie Richard Kyereh wertvolle Ressourcen wie Holz, Pflanzenreste und landwirtschaftliche Abfälle auf effiziente Weise in Energie umgewandelt und anschließend genutzt werden können, um eine nachhaltige und umweltfreundliche Energiequelle zu schaffen.Mülltrennung in Ghana
Die Video-Reportage zeigt, wie die Kwame Nkrumah University of Science and Technology (KNUST) in Kumasi, Ghana, die Müllentsorgung und Recycling-Prozesse umsetzt. Der Beitrag führt zu zwei Schauplätzen: Zum einen dem Müllsammelpunkt und der Mülltrennungsanlage der KNUST, zum anderen zur Plastikwiederverwertungsanlage. Nicholas, ein Arbeiter am Müllsammelpunkt, erklärt, dass jeden Tag unzählige Müllmengen aus verschiedenen Bereichen des KNUST-Campus wie Studentenwohnheimen, Vorlesungssälen und Dozentenbungalows ankommen. Der Müll wird gesammelt und von Hand sortiert. Die Biomasse, zu der unter anderem Papiere, Kokosnussschalen und Essensreste gehören, wird getrocknet und im Anschluss zur Entsorgung verbrannt, anstatt sie weiter zu verwenden. Das Plastik wird manuell aussortiert und in einer anderen Anlage transportiert, in der es durch einen Recyclingprozess geht. Dadurch werden Kunststoffchips oder Kunststoffspäne produziert, die anschließend wiederverwendet werden können. Die Plastikwiederverwertungsanlage der KNUST trägt zur Kreislaufwirtschaft bei, indem sie Plastik wiederverwertet. Alex, ein erfahrener Arbeiter der Anlage, gibt bei einer Führung Einblicke in den genauen Ablauf des Recyclingprozesses. Die Anlage besteht aus drei Stationen, die jeweils eine spezifische Funktion haben. In der ersten Station wird das gesammelte Plastik sortiert und in bis zu sieben unterschiedliche Plastikarten aufgeteilt. Dies ist notwendig, um eine optimale Verarbeitung zu gewährleisten. Anschließend wird das sortierte Plastik in die zweite Station transportiert, wo es in einem Crusher bzw. Mahlwerk zerkleinert und gründlich gewaschen wird. In der dritten Station wird das zerkleinerte und gewaschene Plastik in einem Extruder auf die gewünschte Temperatur erhitzt und geschmolzen. Dadurch entstehen Plastikstränge, die mittels eines Wasserkühlsystems ausgehärtet werden. Anschließend werden sie in kleine Kunststoffchips oder Kunststoffspäne geschnitten. Diese können für viele Zwecke verwendet werden, einschließlich als Treibstoff. Die KNUST setzt damit ein Zeichen für Nachhaltigkeit und zeigt, dass es möglich ist, Abfall in Rohstoffe umzuwandeln. Quelle: Abfalltrennung und Wiederverwertung an der KNUST (Video-Reportage)Automatisierte Mülltrennung in Ghana
Eine Gruppe von Studenten des Masterstudiengangs Renewable Energy Technologies an der Kwame Nkrumah University of Science and Technology (KNUST) hat einen Sortiermechanismus für Biomasse- und Mülltrennung entworfen, um die Verwendung von Bioenergie zu unterstützen. Afefa Mireille Akoumany und Papa Asubonteng Kumah waren mit der Entwicklung dieser Technologie beauftragt und haben ihr Projekt kürzlich in einem Video-Interview vorgestellt. Die besprochenen Themen waren die zugrundeliegende Aufgabe, die vorgeschlagene Lösung und ihre Bedeutung für die zukünftige Implementierung von Bioenergie an der KNUST. Die beiden KNUST-Studenten erläuterten in ihrem Interview die Hintergründe und Ziele ihres Projekts. Auf die Frage nach der zugrundeliegenden Aufgabe erklärten sie, dass die bisherige Mülltrennung am Campus der KNUST manuell durch eine Gruppe von Arbeitern erfolgt, die teilweise den Müll mit ihren eigenen Händen sortieren. Ihr Ziel ist es, einen Sortiermechanismus zur Biomasse- und Mülltrennung zu entwickeln, der auf die Verwendung von Bioenergie ausgerichtet ist. In Bezug auf die Frage, wie ihre vorgeschlagene Lösung das Problem löst, möchte sie mit ihrer Technologie Zeit sparen und die Gesundheitsrisiken minimieren. Der manuelle Sortierprozess erfordert harte und gesundheitsgefährdende handwerkliche Arbeit, die durch den Einsatz ihres Sortiermechanismus vermieden werden soll. Abschließend betonten die Studenten, dass ihre Technologie die Verwendung von Bioenergie fördern soll und dass sie hoffen, dass die KNUST als Beispiel für andere Organisationen in Ghana dienen wird. Die Studenten haben ihre Arbeit in Form einer Publikation mit der Überschrift „Design of a Waste Sorting Mechanism for Biomass at KNUST“ verfasst. In diesem wissenschaftlichen Bericht wird ein vereinfachtes Abfallsortiersystem zur Filterung von Biomasse in Ghana diskutiert. Die Technologie basiert auf einem Sortier-Förderband, das die Abfallsortierung beschleunigen und verbessern soll. Die Publikation diskutiert technische und finanzielle Anforderungen, Umsetzungsmöglichkeiten und potenzielle Hindernisse. Die Identifizierung und Wiederverwendung von Biomasse aus Abfall kann nicht nur Abfall reduzieren, sondern auch erneuerbare Energiequellen bereitstellen. Abschließend stellt der Bericht eine alternative und effizientere Methode zur Sortierung von Abfällen vor, die die Gewinnung von Biomasse zur Erzeugung erneuerbarer Energien fördern soll. Quellen: (1) Neue Möglichkeiten für Bioenergie: KNUST-Studenten entwickeln Sortiermechanismus für Biomasse und Müll (Video) (2) Akoumany, A., Kumah, P. (2023) Design of a Waste Sorting Mechanism for Biomass at KNUST.Ein Fazit zum Potenzial Ghanas zur Verbesserung der Stromversorgung und ländlichen Entwicklung durch Bioenergie nach 5 Monaten vor Ort
Ghana, ein Land mit reichhaltigen landwirtschaftlichen Ressourcen, steht vor der Herausforderung, seine Energieversorgung zu verbessern und gleichzeitig ländliche Gemeinschaften zu entwickeln. Eine vielversprechende Lösung liegt in der Nutzung von Bioenergie. So viel ist mir nach meinem fünfmonatigen Austausch im Rahmen des Masterstudiengang Renewable Energy Technologies an der Kwame Nkrumah University of Science and Technology (KNUST) in Kumasi, Ghana klar geworden. Diese Zeit habe ich genutzt, um mich gemeinsam mit meinen Kommilitonen und Professoren intensiv mit den Themen Erneuerbaren Energien und Energiewirtschaft in Ghana auseinanderzusetzen.
An der KNUST wurde im Jahr 2021 eine Studie durchgeführt, an der auch Bioenergie-Dozentin Dr. Eunice Akyereko Adjei beteiligt war. Die Studie wurde in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung mit dem Titel Potential of Bioenergy in Rural Ghana dargelegt und hat aufgezeigt, dass landwirtschaftliche Ernterückstände ein erhebliches Bioenergiepotenzial in Ghana bieten und verschiedene Biomasseumwandlungstechnologien existieren, um dieses Potenzial zu nutzen. Besonderes Augenmerk lag auf den Kakaoschoten-Hülsen, die sich für thermochemische Umwandlungen wie Verbrennung, Vergasung und Pyrolyse besonders gut eignen. Diese Prozesse ermöglichen eine deutlich sauberere Verbrennung und eine umweltfreundlichere Energieerzeugung.
Ernterückstände aus der Landwirtschaft könnten somit die installierte Stromerzeugungskapazität Ghanas erheblich steigern und die bestehende Lücke in der Stromversorgung zwischen bedürftigen, isolierten ländlichen Gemeinden und städtischen Gebieten schließen. Dies würde nicht nur den Zugang zur Elektrizität für diese Gemeinschaften verbessern, sondern auch neue Geschäftsmöglichkeiten schaffen und die Armut bekämpfen.
Jedoch gibt es auch Herausforderungen, die überwunden werden müssen. Vor allem stellen die hohen Kapital- und Wartungskosten für Biomasseumwandlungsanlagen eine Hürde dar. Zudem zeigt sich aktuell, dass sowohl ein Großteil der Bevölkerung als auch Politiker noch fossile Brennstoffe bevorzugen. Dies basiert auf der vermeintlichen Kostengünstigkeit und der Vertrautheit mit diesen Energiequellen auf kurze Sicht. Des Weiteren besteht häufig ein Mangel an Know-how und Bewusstsein für das Potenzial der Bioenergie. Ein weiteres Hindernis liegt in einem möglichen Konflikt zwischen der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Nahrungsmittelproduktion und der Produktion von Biomasse. Dieser sogenannte „Food Conflict“ könnte die Nahrungsmittelknappheit in bereits betroffenen Regionen weiter verschärfen.
Die Umsetzung von Bioenergie in Ghana erfordert insgesamt Investitionen in Technologie, Infrastruktur und Fachkenntnisse, die nicht immer leicht zu gewährleisten sind. Allerdings besteht meiner Meinung nach ein Mangel an Aufklärung darüber, dass die Entscheidung für Bioenergie nicht nur aus Umweltschutzgründen getroffen werden sollte. In Ghana herrscht oft die Vorstellung vor, dass Bioenergie nur aus Liebe zur Natur genutzt wird. Es ist jedoch wichtig zu erkennen, dass Bioenergie auf lange Sicht von großer Bedeutung sein wird. Die fossilen Ressourcen werden knapper, und die Klimakrise wird immer ernster mit potenziellen Auswirkungen wie Dürren, extremen Wetterereignissen und dem Anstieg des Meeresspiegels. Wenn die finanziellen Ressourcen ausreichend vorhanden sind und angemessen zugewiesen werden, können die notwendigen Investitionen in Technologie, Infrastruktur und Fachkenntnisse getätigt werden. Dadurch können sich Möglichkeiten zur Verbesserung der Stromversorgung, zur Schaffung wirtschaftlicher Chancen und zur Förderung der ländlichen Entwicklung in Ghana eröffnen.
Quellen:
(1) Adjei, E. et al. (2021). Potential of Bioenergy in Rural Ghana. https://doi.org/10.3390/su13010381
(2) Bioenergie in Ghana: Potenziale und Herausforderungen – Interview mit Dr. Eunice Akyereko Adjei, Bioenergie Dozentin der KNUST (Video).
(3) Ghana’s National Energy Transition Framework (2022). https://www.energymin.gov.gh/sites/default/files/2022-11/National%20Energy%20Transition%20Framework%20Abridged%20Version.pdf
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