Es ist Februar. Seit mehr als vier Monaten ist die Bundesregierung nur noch geschäftsführend im Amt. In der noch Geschichte der Bundesrepublik ein Rekord. In dem Themenkomplex, der für uns hier von Interesse ist, stapeln sich die Aufgaben: Gestern war die Umweltministerin in Brüssel, um einer drohenden Bestrafung Deutschlands wegen Untätigkeit bei den Feinstaub- und Stickoxid-Werten zuvor zu kommen. Deutschland wird nicht nur das selbst gesetzte Klima-Ziel nicht erreichen, sondern auch die Vorgaben der EU-Kommission verfehlen und zahlen müssen. Energie- und Klimapolitik scheinen bei den Verhandlungen der GroKo ohnehin keine Rolle zu spielen. Dementsprechend gering sind die Erwartungen.

Um Rahmen unseres energiepolitischen Ausblicks auf 2018 haben wir auch Patrick Jüttemann interviewt. Er ist Experte für Kleinwindkraftanlagen, die für die dezentrale Objektversorgung wie einzelne Häuser oder Gebäude zum Einsatz kommen. Als Diplom-Geograph und Diplom-Kaufmann hat er ein breites Themenspektrum im Blick, da die erfolgreiche Umsetzung kleiner Windanlagen für den Hausgebrauch von vielen Faktoren abhängt: Technik, Wirtschaftlichkeit, Genehmigungsrecht und gute Kenntnisse des Marktes.
Der ehemalige Mitarbeiter der EnergieAgentur.NRW legt Wert auf praxisorientierte Fachinformationen und den Verbraucherschutz. Den Newsletter seines Fachportals Klein-Windkraftanlagen beziehen über 7.000 Abonnenten.
Von Frankreich unter Macron erwarte ich mehr als von Deutschland
DEZ-Blog: Was erwartest Du energiepolitisch von 2018?
Patrick Jüttemann: Wie auch immer die Regierungsmannschaft aussehen wird, von Deutschland erwarte ich wenig, vor allem für das Jahr 2018. Offensichtlich sind die Themen Energie, Umwelt- und Klimaschutz bei der GroKo in den Hintergrund gerückt.
Insofern muss ich bei dieser Frage über unsere Landesgrenze schauen: Von Frankreich unter Macron erwarte ich mehr als von Deutschland. Wenn mir jemand vor zwei Jahren gesagt hätte, dass Frankreich zum politischen Vorreiter im Bereich der Energie- und Klimapolitik wird, hätte ich den Kopf geschüttelt.
Bürgern und Unternehmen die Eigenversorgung mit Energie vor Ort so einfach wie möglich machen
Was sollte eine neue Bundesregierung als erstes anpacken?
Sie sollte als klares Ziel formulieren: Bürgern und Unternehmen wird die Eigenversorgung mit Energie vor Ort so einfach wie möglich gemacht.
Als Taten müssen folgen: Bürokratische und steuerliche Hemmnisse müssen entsprechend abgeschafft werden. Dazu zähle ich beispielsweise die anteilige EEG-Umlage auf den selbst produzierten und verbrauchten Strom aus Erneuerbaren Energien.
Welche Innovationen aus Forschung und Technik werden in 2018 eine Rolle spielen?
Integrierte Hybridsysteme für die Stromversorgung, bestehend aus mehreren Generatoren (PV, Kleinwindkraftanlagen) und Batterien. Wärmepumpe und E-Auto sind dann die Schnittstellen für Wärmeversorgung und Mobilität.
Selbst mit Strom und Wärme versorgen, wie mache ich das am besten?
Von den Besuchern des Kleinwindkraft-Portals höre ich in der letzten Zeit vor allem eine Frage häufig: Ich will mich selbst mit Strom und Wärme versorgen, wie mache ich das am besten?
Viele Menschen haben diese Selbstversorger-Mentalität. Die möchten den Solar- oder Kleinwindstrom auch fürs Heizen oder das E-Auto verwenden. Diese Nachfrage werden die Anbieter am besten bedienen, die erprobte und modulare Systeme anbieten können. Hierzu wird es spannende Innovationen geben.
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